Die Parkland Klinik in Dallas wurde 1894 als eines der modernsten Krankenhäuser der Region in Betrieb genommen. In den 1950er Jahren zog sie in neue Gebäude um, die seither mehrfach renoviert, ausgebaut und erweitert wurden. Nach dem Verkauf an die Crow Holding 2006 avancierte Old Parkland zu einer der Sehenswürdigkeiten der Stadt und zum Inbegriff von luxuriösen Büroräumen. Noch bevor das letzte Erweiterungsprojekt startete, waren alle Räume bereits vermietet – so weit eilte ihnen der exklusive Ruf voraus. Heute beherbergt der Campus über 135 Firmen im Finanz-, Immobilien- und Investmentsektor, darunter sogar einen ehemaligen US-Präsidenten!
Diese jüngste Erweiterung trägt den Namen Freedom Place und bildet den Abschluss eines umfassenden Restaurationsschubs, der in den letzten zwölf Jahren den historischen Charakter nicht nur wieder zum Leben erweckte, sondern noch stärker akzentuierte. Old Parkland ist bekannt als Beispiel für den Gründerzeitstil und für Reminiszenzen an die US-amerikanische Geschichte. Jeder Trakt des Komplexes spricht seine ureigene Sprache, so auch Freedom Place: Eine Statue von Harriet Tubman*, die einen Jungen an die Schwelle der Freiheit heranführt, verkörpert Freiheitsliebe und Geschichtsbewusstsein.
Mammutaufgabe für Ornamentenspezialisten
Mit Freedom Place wurde das ohnehin schon hohe Prestige von Old Parkland noch weiter aufgewertet. Beteiligt waren unter anderem auch der Fachbetrieb Ornametals Manufacturing und VM Building Solutions. Mit ins Boot geholt wurde Ornametals Manufacturing vom Dach- und Fassadenspezialisten Flynn BEC aus Dallas, der von früheren Arbeiten der Ornamenten-Profis im Rahmen von Old Parkland gehört hatte. 2016 gingen Ornametals, sein Schwesterbetrieb CopperWorks Corp. und Flynn Canada gemeinsam als Sieger aus dem Wettbewerb “North American Copper in Architecture” hervor. Prämiert wurden sie seinerzeit für den Parkland Hall Copper Dome, eine aufwendig gefertigte Kuppel aus 3000 Kupferrauten.
Das neue Gebäude, auch bekannt als Old Parkland North Campus (OPNC), besteht aus sechs Stockwerken über einer Parkgarage. Die Architekten von Craig Hamilton Architects und Beck Architecture entwarfen das Gebäude im neoklassischen Stil in Anlehnung an die griechische Architektur und Mythologie. Die Aufgabe von Ornametals bestand in der Fertigung der Zinkeinfassungen und Brüstungspaneele für insgesamt 89 Fenster, deren Größe zwischen ca. 10 m in der Höhe und von ca. 3,3 bis 4 m in der Breite variiert. Jede einzelne Einfassung wiegt über 90 kg. Höchste Präzision war unabdingbar, denn der absolute Toleranzbereich betrug lediglich 0,2 mm.
Inspirationen aus der Antike
Als reizvoller Kontrast zur klassizistischen Steinfassade sind zwischen manchen Fenstern Paneele angebracht, die mit Reliefs in Form von Ochsenschädeln – Bukranien – verziert sind. Das Wort „Bukranion“ bezeichnete Opfertiere im antiken Griechenland und Rom. Sie wurden mit Girlanden aus Blumen und Früchten oder mit Seilen mit Quasten geschmückt. Nach der Opferzeremonie wurden die Köpfe im Tempel ausgestellt. In Erinnerung an diese Praxis gestalteten spätere Bildhauer Tempelfriese mit Ochsenschädeln. Das bekannteste heute noch erhaltene Beispiel für ein solches Bukranienfries ist am Vespasian- und Titustempel in Rom zu finden.
Als zweites Motiv an den Fensterbrüstungen fallen Engel ins Auge. Ursprünglich wurden zwei verschiedene Tonmodelle zur Auswahl für die Paneele geschaffen: eins in modernem französischen Design und eins in klassischem griechischen Stil. Letzteres machte schließlich das Rennen, sodass die klassischen Engel nun als Himmelsboten zwischen den Fenstern schweben. In den Händen halten sie große runde Spiegel, in deren Zentrum mal ein Pelikan, mal ein Stern zu sehen ist. Auch diese Motive haben einen tiefen historischen Symbolgehalt. Für über ein Jahrtausend stand der Pelikan für Selbstlosigkeit und Aufopferung. Um seine beiden Jungen zu füttern, die zu den Seiten hungrig warten, pickt er sich mit dem Schnabel in die eigene Brust. Der Stern symbolisiert Gerechtigkeit, Unschuld, Reinheit und Präzision.
Das klassische Design wird ergänzt durch Paneele mit Spitz- und Rundgiebeln, die auf dorischen Säulen zwischen zwei Wagenrädern ruhen. Die Wagenräder sind Sinnbild für Transport, sichere, erfolgreiche Reisen, Beständigkeit sowie für den altgriechischen Götterboten Hermes.
Mehr als hundert Entwürfe und Zeichnungen wurden eingereicht und überarbeitet, bis schließlich das gewünschte Design feststand. Die Entwurfs- und Planungsphase zog sich über neun Monate, denn die in CAD erstellten 3D-Zeichnungen mussten so exakt sein, dass sich die Fenster sicher an Ort und Stelle platzieren ließen, ohne den winzigen Toleranzbereich zu überschreiten. Im Mai 2018 begann schließlich die Produktion.
Anhand der Zeichnungen entstanden die Tonmodelle bzw. Vorlagen für die Punzen, jedes einzelne Motiv auf den Fensterpaneelen erforderte eine eigene Form. Für jeden Engel wurden sechs Teile geprägt und zur kompletten Figur zusammengesetzt. Diese wurde anschließend auf das Zinkpaneel gelötet. Im letzten Arbeitsschritt wurden die fertigen Paneele lackiert, um ihnen einen Bronze-Look zu verleihen. Die Suche nach dem passenden Bronze-Ton erwies sich jedoch als eine weitere Herausforderung. Zunächst waren grundlegende Entscheidungen zu treffen: Sollten die Fensterbrüstungen glänzend oder eher matt erscheinen? Außerdem sollte der Bronze-Ton nicht zu hell ausfallen und die Reliefs sollten auch im Sonnenlicht noch zu erkennen sein. Ein zu glattes, gleichförmiges Erscheinungsbild war nicht erwünscht, die Paneele sollten nicht neu wirken, sondern vielmehr die perfekte Unvollkommenheit eines traditionellen Baustils ausstrahlen.
Mehr als 20 verschiedene Farbtöne wurden ausprobiert, bis schließlich die Auswahl feststand. Die größte Herausforderung war, eine metallisch wirkende Kolorierung zu erzeugen, die im Gegensatz zu herkömmlichen Farbbeschichtungen möglichst natürlich wirkt. Die Zinktafeln erhielten eine Grundierung und drei darüberliegende, teildurchlässige Lackschichten in unterschiedlichen Farbnuancen. Durch diese Technik konnte letztendlich die gewünschte Optik von natürlich gealterter Bronze perfekt imitiert werden. Mit der Lackierung wurde die Firma De Mulder NV aus Kruisem in Belgien betraut.
Über ein halbes Jahr Montage
Im Januar 2019 startete die Montage, die im August 2019 abgeschlossen war. Dabei wurden über 31 t Zink in 1,2 mm Dicke und mehr als 5000 Einzelteile verbaut. Das Projekt gleicht einer langen Reise, auf die man gleichsam mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurückblickt, so Günther Huber von Ornametals Manufacturing. Weinend, weil die Prozesse, in die mehrere Parteien und Entscheidungsträger eingebunden waren, so langwierig und mühsam waren und jede endlich getroffene Entscheidung eine noch schwierigere nach sich zu ziehen schien. Aber umso mehr lachend, da das Ergebnis alle Mühen rechtfertigt.
Ein Blick auf das fertige Gebäude – Freedom Place – lässt den beschwerlichen Weg dorthin vergessen. Für Günther Huber ist genau das der Inbegriff von Freiheit. Und dafür bedankt er sich ausdrücklich beim Bauherren Crow Holding, den Architekten, den Projektpartnern Flynn BEC und Beck Construction und nicht zuletzt bei Sammy Baron von VM Building Solutions, der in unzähligen Arbeitsstunden die Exaktheit eines jeden Detail sicherstellte.
Tipp
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Über den Parkland Hall Copper Dome berichteten wir in der BAUMETALL-Ausgabe 2/2018 in der Reportage “Schwäbische Traufe in Texas”.
Wie Schmuckmotive in Metall getrieben werden, kann man bei Manfred Schulze im Workshop „Ziselieren und treiben“ am 14. und 15. Oktober 2020 im Klempnermuseum in Karlstadt lernen.