In wenigen Wochen beginnt Frederik sein Architekturstudium, denn er möchte aktiv dazu beitragen, dass die Welt ein kleines bisschen besser und das Leben in den Städten lebenswerter wird. Nein, Frederik ist keiner dieser Weltverbesserer, die sich mit Sekundenkleber an Zebrastreifen kleben. Um den Zustand des Klimas und somit direkte Auswirkungen auf seinen Lebensraum macht er sich dennoch Gedanken. Zum Beispiel wenn er nachts in seinem überhitzten Zimmer unter dem Dach wieder einmal keinen Schlaf findet. Oft klappt er dann seinen Laptop auf und sucht in einschlägigen Expertenforen nach Antworten auf Fragen wie:
Gute Antworten, die in sich schlüssig sind, findet er selten. Stattdessen liest er, dass Dachgeschosswohnungen durch ihre Lage besonders anfällig für erhöhte Raumtemperaturen sind, weil direkte Sonneneinstrahlung auf das Dach darunterliegende Zimmer massiv erhitzt. Das leuchtet ein – ist aber für leidgeplagte Dachraumbewohner wie Frederik nicht neu.
Fake News
Es ist 23 Uhr und die Hitze unterm Dach ist wieder einmal unerträglich. Frederik wischt sich den Schweiß von der Stirn, schaltet seinen Computer an und sucht weiter. Auch dieses Mal findet er zahlreiche Informationen und noch mehr Tipps, wie er seinen Wohnbereich auf erträgliche Temperaturen bringen könnte. Zum Beispiel wird empfohlen, Dachgeschosse richtig zu lüften bzw. fachmännisch auf Durchzug zu schalten. Ein weiterer Hinweis bezieht sich auf den richtigen Umgang mit elektronischen Geräten. Gerade im Dachgeschoss sollte auf den Einsatz von Ladegeräten, Fernsehgeräten und anderen Elektrogeräten verzichtet werden, damit deren Abwärme ohnehin hohe Temperaturen nicht zusätzlich aufheizt. Falls auch das nicht hilft, soll das Aufhängen nasser Handtücher für Abkühlung sorgen. Der nächste Tipp erzeugt bei Frederik gerade in Zeiten immer weiter sinkender Grundwasserpegel massives Unverständnis. In einem Selbsthilfeforum steht, dass es durchaus hilfreich sei, Dachflächen mit dem Schlauch abzuspritzen, um die Verdunstungskälte zu nutzen. Das dazu verwendete Wasser könne bestenfalls in einer Regentonne gesammelt oder per Pumpe in einem Kreislauf für die ständige Spülung des Daches gehalten werden. Frederik merkt schnell, dass derartige Hausmittel wenig bis keinen Erfolg versprechen bzw. unverantwortlich sind. Also versucht er, sich dem Problem über den Faktor Baustoffe anzunähern. „Gibt es spezielle Dachziegel gegen Hitze?“, möchte er wissen und lernt: Ja, die gibt es.
Coole Pigmente für das Dach
Die Farbgebung des Bedachungsmaterials hat erhebliche Auswirkungen darauf, inwieweit sich Dachflächen und somit auch Dachziegel im Sommer aufheizen können. An windstillen Tagen mit hoher Sonnenintensität können auf dem Dach gut und gerne Temperaturen von mehr als 80 °C erreicht werden. Klar, dass sich direkt darunter liegende Wohnräume entsprechend aufheizen. Abhilfe schaffen Bedachungsmaterialien in hellen Farbtönen, da sie die Hitzeeinstrahlung reflektieren. Der Haken dabei ist, dass je nach Landesbauordnung oder Bebauungsplan der Einsatz weißer oder hellgrauer Ziegel untersagt ist. Alternativ kann der Einsatz des Dachsteintyps Frankfurter Pfanne für Erleichterung sorgen, erfährt Frederik auf der Internetseite der BMI Group. Dort liest er: „Seit mehr als einem halben Jahrhundert prägt das klassische Profil der Frankfurter Pfanne die deutsche Dachlandschaft. Die zukunftsweisende Protegon-Technologie zeichnet sich durch eine deutlich glattere Schnittkante aus. Die in die Oberfläche eingearbeiteten Infrarotlicht-reflektierenden Pigmente leisten bis zu 300 % mehr Wärmereflexion. Somit kann die Temperatur auf der Unterseite des Dachsteins um bis zu 10 °C reduziert werden.“ In Frederiks Zimmer wäre das ein Temperatursturz von 42 auf 32 °C – zum Schlafen ist das immer noch viel zu heiß.
Warum sich Dachflächen so stark erhitzen
Mittlerweile ist es kurz vor drei. Auf der Website des ORF* findet Frederik die erste wirklich gute Information. Demnach spiele beim Dachgeschoss und beim Dachausbau die Physik eine besondere Rolle. Zitiert wird z. B. Christian Pöhn vom „Kompetenzzentrum Bauforschung, Regulative Bau, Ingenieurservices, Normen“ in der Stadtbaudirektion der Stadt Wien. Pöhn nennt zunächst die „fehlende Verschattung“ durch andere Gebäude als Ursache und verweist darauf, dass bei geneigten Dachflächen die Strahlungseinwirkung viel stärker als bei senkrecht stehenden Fenstern oder Fassaden sei. Ferner betont der Fachmann, dass die Klimaveränderung den Lebens- und Arbeitsraum Dachgeschoss spürbar beeinflusst. Bezugnehmend auf die wachsende Unzufriedenheit zahlreicher Dachgeschossbewohner erwähnt Pöhn u. a. große Fenster, Glasfassaden und Glasflächen, die im Sommer für Wärmeeintrag sorgen und im Winter, beim Heizen das Energiesparen erschweren.
Auf der Suche nach noch mehr Fakten klickt Frederik weiter und erfährt, dass es in Wien bereits seit den 1980er-Jahren Vorschriften zur Vermeidung des sogenannten Barackenklimas gibt. Entsprechende Wohnungen wurden und werden dadurch vor sommerlicher Überwärmung geschützt. Dachgeschosswohnungen, die vor Inkrafttreten dieser Regelung gebaut wurden, verfügen laut ORF-Story „… oftmals nur über dünne Bitumen- oder Blechdächer ohne Wärmedämmung“. Folglich würden sich an heißen Sommertagen die Temperaturen der Dächer rasch an die der Außentemperatur angleichen und so zur Entstehung des berüchtigten Barackenklimas beitragen. Außerdem müssten Bewohner älterer Dachausbauten oftmals ohne schattenspendende Außenrollos bzw. Rollläden auskommen: Die Einrichtung dieser Abschattungseinrichtungen sei früher oft daran gescheitert, dass man das Thema Windanfälligkeit von Jalousien in den Vordergrund gerückt habe. „Kommen all diese Faktoren zusammen, hilft auch richtiges Lüften nur eingeschränkt“, erfährt der hitzegeplagte Frederik.
Beschattung und Hitzeschutz
Jetzt ist der zukünftige Architekt in seinem Element – sucht gezielt nach Maßnahmen, die sinnvoll geplant und ausgeführt zur Reduzierung der Wohnraumaufheizung beitragen. Zunächst findet er heraus, dass an der Ostseite von Gebäuden angeordnete Schlafräume über gutes Wohnraumklima verfügen, weil der Sonnen-Einstrahlwinkel entsprechend flach ist. Eine weitere Maßnahme ist die Planung großzügiger Dachüberstände, die in den Sommermonaten die Fassaden beschatten und in der kalten Jahreszeit aus beheizten Räumen entweichende Abwärme wirkungsvoll zurückhalten. Ähnliche Effekte erzielen übrigens auch vorspringende Balkonplatten oder Vordächer sowie Markisen, Sonnenschirme oder Sonnensegel. Problematischer sind großflächige Glasflächen ohne Beschattungssystem, doch Achtung: Außen angebrachte Lamellen, Rollos und Schiebeläden sind wesentlich wirkungsvoller als innen liegende Beschattungsstoffe oder Raffstores.
Vorsicht bei der Fensterwahl
Und auch bei der Wahl des entsprechenden Fensterglases ist Fachwissen gefragt. So darf der Blick auf den sogenannten g-Wert nicht unterschätzt werden, weil damit der Gesamtenergiedurchlassgrad des Glases angegeben wird. Anders ausgedrückt bedeutet das: Der g-Wert gibt an, wie viele Sonnen- bzw. Infrarotstrahlen durch die Scheibe gelassen werden. Ein Fenster mit niedrigem g-Wert ist im Sommer praktisch, da es der Innenraumerwärmung spürbar entgegenwirkt. Allerdings lässt dasselbe Fenster im Winter weniger Energie in den Raum, was zu höheren Heiz- und Stromkosten führen kann. Frederik kombiniert, dass die Kombination von Außenbeschattung und einem Fenster mit niedrigem U-Wert und möglichst hohem g-Wert dank des hohen solaren Eintrags die beste Alternative sei. Bei Gelegenheit wird sich Frederik ausführlich mit dem Gebäudeenergiegesetz GEG (ehemals EnEV) beschäftigen. Das Gesetz gibt zum Beispiel für Neubauten verbindliche g-Werte vor.
Masse: Positiver Effekt dicker Schichten
Ein Faktor, den Frederik bislang total unterschätzt hat, ist die Beschaffenheit der Dämmschichten. Dach- und Fassadenaufbauten mit dicken Wärmedämmschichten sind nicht nur im Winter vorteilhaft, oder vereinfacht gesagt: Was gut gegen Kälte ist, hilft eben auch gegen Wärme. Auf Konstruktionen der Gebäudehülle übertragen lernt Frederik, dass hochwertige Wärmedämmung die Räume im Winter vor Auskühlung und im Sommer gegen Hitze schützt. Einen guten sommerlichen Wärmeschutz bieten vor allem Dämmstoffe mit mehr Masse wie beispielsweise Holzweichfaserplatten. Der aus Fasern von Nadelhölzern hergestellte Naturbaustoff verfügt neben einer guten Wärmedämmeigenschaft über hohe Wärmespeicherkapazitäten. Ein weiterer Vorteil ist die verminderte Wärmeleitfähigkeit von Holzwerkstoffplatten. Sie können entsprechend große Mengen an Wärmeenergie speichern bzw. zurückhalten.
Von Katzen und heißen Blechdächern
Frederik macht eine kleine Pause, geht ans Dachfenster und steckt den Kopf durch die enge Luke. Anders als sonst nimmt er wahr, dass der Abstand zwischen Innendecke und Dacheindeckung maximal 15 cm beträgt. „Das ist eindeutig zu wenig“, stellt Frederik fest und legt die Hand auf das immer noch sehr warme Blechdach. Zurück am Laptop stellt er eine weitere Frage: „Was hat es mit der Katze und dem heißen Blechdach auf sich?“ Natürlich findet Frederik zuerst den Hinweis auf das gleichnamige Theaterstück von Tennessee Williams bzw. den Kinofilm aus den 1950er-Jahren. Darauf, dass Blechdächer im Sommer heißer als andere Dächer werden, findet Frederik so gut wie keinen Hinweis. Im Gegenteil: Obwohl die Begriffe Blechdach, Katze und Hitze im Volksmund fest mit Hitze unter Dächern verknüpft zu sein scheinen, argumentieren zahlreiche Experten, wie vorteilhaft Metallbedachungen sind. Helle Metalle strahlen Hitze sehr gut ab. Außerdem sind Metallbedachungen
und sie bieten bei walzblanken Oberflächen (bedingt durch Metallionenausschwemmung) Schutz vor Moos- und Flechtenbewuchs.
Ein weiterer Vorteil ist mit der durchdringungsfreien Befestigung von Photovoltaikmodulen verbunden, die – und jetzt kommt’s – im Sommer kostengünstigen Strom zum Betrieb von Klimaanlagen liefern und zugleich darunterliegende Dachflächen beschatten.
Alternative: grüne Dächer
Eine Sonderstellung unter den klassischen Dachdeckungsmaterialien kommt allen begrünten Dächern zu. Dachbegrünungen tragen wesentlich dazu bei, das Klima innerhalb des Gebäudes positiv zu beeinflussen. Sie spenden gefilterten Sauerstoff und bieten Lebensraum für die Tier- und Pflanzenwelt. Darüber hinaus kühlen Dachbegrünungen das Innenstadtklima nachweislich – und zwar unabhängig davon, ob sie als Flachdach, flach geneigtes Dach oder Schrägdach konstruiert werden. Als Unterkonstruktion bzw. wasserführende Schicht können nahezu alle Flachdachsysteme sowie zahlreiche Metallbedachungen eingesetzt werden. Wichtig ist für Frederik auch der Hinweis, dass viele Kommunen den Bau bzw. das Nachrüsten von Dachbegrünungen mit attraktiven Zuschüssen fördern.
Faktenlage
Als Frederiks Wecker klingelt, ist die Temperatur in seinem Zimmer endlich erträglich. „Eigentlich wäre es jetzt so weit, sich aufs Ohr zu legen, doch eine kühle Dusche ist auch was Schönes“, denkt Frederik. Dann macht er sich fertig für den Tag, der laut Wetter-App einen weiteren Hitzerekord knacken soll.
Auf dem Weg zur Kaffeemaschine kommt er auf die Idee, als Nächstes die Internetseiten der Fachpresse genauer anzuschauen. Seine Suchmaschine verspricht zum Beispiel auf www.baumetall.de verbindliche Antworten und entsprechende Fakten rund um den Themenblock Metallbedachungen und Metallfassaden. Das kommt Frederik gerade recht, denn schließlich hat er inzwischen gelernt, welche Vorteile Baumetalle haben. 
Info
Hitzefrei: Wunschwort.FM passt zum Thema
In der dritten Staffel von Wunschwort.FM haben sich Christian Bredlow und Christian Budde das Wunschwort „Hitzefrei“ vorgenommen. Die Produktion der Sendung fand bei nahezu tropischen Außentemperaturen statt. Zum Glück saßen Moderatorenteam und Gäste im Remote-Studio. Gemeinsam mit Vollblutjournalist und Bücherexperte Martin Brüning sowie Chef-Baumetaller, Handwerksnetzwerker und Kinderbuchautor Andreas Buck unternahmen sie eine Reise in die Vergangenheit. Dazu passend stammte der älteste Track der Sendung aus dem Jahr 1985.
#wwfm23
Martin Brüning (https://www.linkedin.com/in/mgbruening)
Andreas Buck (https://www.lookatbuck.de/)
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