Die Bundesfachgruppentagung des ZVSHK ist längst so etwas wie ein kleiner Klempnertag. Sie findet einmal im Jahr im Europäischen Klempner- und Kupferschmiedemuseum statt – zuletzt im November 2012. Sinn und Zweck der Veranstaltung ist es, Fachinformationen an die Vertreter der verschiedenen Landesfachgruppen weiterzugeben, die aus diesem Grund aus dem gesamten Bundesgebiet nach Karlstadt reisen. Seit etwa zwei Jahren findet der qualitativ hochwertige Informationsaustausch nicht nur zwischen den Kollegen der Landesfachverbände, sondern zunehmend auch über die Landesgrenzen hinweg statt. Die Repräsentanten der so genannten DACHS-Gruppe sind gern gesehene Gäste. Und auch dieses Mal trugen die aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol stammenden Branchenvertreter mit ihren Informationen zum Gelingen der Bundesfachgruppentagung bei.
Schnittstellenkoordination
Den Anfang markierten die DACHS-Mitglieder, Spenglermeister Johannes Binder aus Ingolstadt und der österreichische Bundesinnungsmeister Othmar Berner aus Aigen-Voglhub. Beide thematisierten welche Schäden durch mangelnde Schnittstellenkoordination entstehen können. So wies Fachbetriebsinhaber Johannes Binder darauf hin, wie wichtig es als Klempner ist, die Leistungen von Gerüstbauern, Rohbau-Unternehmen, Zimmerern, Metall- und Stahlbauern, Dachdeckern oder Blitzschutz-Spezialisten aufeinander abzustimmen. Allein der Bereich Gerüstbau erfordert mit den erforderlichen Angaben zur Beschaffenheit des Abstandes, der Standhöhe, der Fangwände, der Verankerungen oder eines Wetterdachs weitreichende Kenntnisse. Und neben dem erforderlichem Hintergrundwissen, etwa zum zulässigen Feuchtigkeitsgehalt von Bauholz oder den maximal möglichen Rohbau-Toleranzen, stellt das Wissen um die Lage und Ausführung von Blitzschutzanlagen einen weiteren wichtigen Punkt dar. Sind Auffangleitung auf Dachflächen überhaupt erforderlich und falls ja, wie sollte Material und Ausführung der Klemmen beschaffen sein? Weitere wichtige Punkte sind mit der Koordination der Gewerke von Solarteuren sowie Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs- oder Elektroinstallateuren im Baustellenalltag verbunden. Besonders hervorzuheben ist dabei die fachgerechte Durchführung von Leitungen und Kabelsträngen. Dies ist nicht nur beim Anschluss von Solaranlagen, Windwächtern oder Reklameschildern von Bedeutung – vielmehr ist sie der „natürliche Feind“ sensibler Dampfsperren und muss daher entsprechend gewissenhaft erfolgen. Hilfreich sind beispielsweise folgende Punkte:
- Checkliste erstellen
- Details vorgeben und freigeben lassen
- Baubesprechung/Jour fixe
- Einweisung der Mitarbeiter
- Baustellen/Montageablauf koordinieren
- Regelmäßige Prüfung und Kontrolle
- Abnahmetermine
Was tun bei Mängelanzeigen?
Direkt im Anschluss gab Matthias Bergmann (Rechtsreferent beim FVSHK Baden-Württemberg) wertvolle Hinweise zum korrekten Verhalten im Schadensfall. Laut Bergmann sind längst nicht alle Mängelrügen gerechtfertigt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass bei ungerechtfertigt ausgestellten Mängelrügen eventuell entstandene Kosten einzig vom Kunde beziehungsweise dem Auftraggeber zu tragen sind.
Darüber hinaus wies Rechtsreferent Bergmann auf die Prüfung der möglichen Verjährung gerügter Mängel hin und er gab den Tipp, diese unbedingt zurückzuweisen. Dazu ist es jedoch zwingend erforderlich, entsprechende Bau- und Werkverträge aufmerksam zu prüfen, beziehungsweise prüfen zu lassen. In der Regel ist eine fünfjährige Gewährleistung bei Bauaufträgen üblich – bei Wartungs- oder Reparaturarbeiten sind es je nach Vertrag lediglich zwei Jahre.
Bleischwere Tipps
Zahlreiche Tipps zur professionellen Bearbeitung von Walzblei gaben Bundesfachgruppenleiter Ulrich Leib aus Moorenweis und das Mitglied der ZVSHK-Projektgruppe Hermann Bade* aus Bad Bevensen. Beide schilderten nicht nur, wo der vielseitige Werkstoff eingesetzt werden kann, sondern auch welche Maschinen und Werkzeuge sich zur Be- und Verarbeitung besonders eignen. Hermann Bade verdeutlichte anhand dokumentierter Schadensfälle, wie unkontrollierter Eintritt von Feuchtigkeit verhindert werden kann oder worauf es bei der Befestigung besonders ankommt. Bei der Montage von Bleieindeckungen in exponierten Lagen ist vor allem auf eine windsichere Befestigung zu achten. Ulrich Leib zeigte anhand zahlreicher Fotos wie Jürgen Seifert, Schulungsleiter der Gütegemeinschaft Saturnblei e.V., den Umgang mit dem Werkstoff Walzblei vermittelt. Im zweiten Teil seines Vortrags veranschaulichte der Bundesfachgruppenleiter anhand unterschiedlicher Beispiele, wie Walzblei eingesetzt werden kann. Die beeindruckende Bandbreite reichte dabei von der Gesimsbekleidung über die Anwendung im Denkmalschutz bis hin zur Bekleidung moderner Fassaden.
Klempner der Zukunft
Über Innovationen im Handwerk und damit zusammenhängende Zukunftschancen zu referieren ist keine leichte Aufgabe. BAUMETALL-Chefredakteur Andreas Buck aus Wildberg wagte dennoch den Blick in die Glaskugel. Dabei sprach er über tanzende Fassaden oder Gebäudehüllen, die mit ihrer direkten Umwelt interagieren. Zum Teil stellte er provokante Fragen ohne die Antworten darauf zu kennen: Wo steht der Klempner 2022? Nur noch in dann historischen Fachbüchern oder im Museum? Was bringt die neue Studienrichtung für die Gebäudehülle und was ist eine Innovation? Der Erkenntnis folgend, dass Innovationen zwangsläufig kreativ sein müssen, präsentierte Andreas Buck überaus ungewöhnliche Fassadenlösungen und mit seiner Aussage „Die Fassade wartet darauf von uns neu entdeckt zu werden“, erzeugte er eine gewisse Neugier bei den Zuhörern. Er sprach von belebten Fassaden und stellte in diesem Zusammenhang zahlreiche bereits im Fachhandel erhältliche 3D-Fassadenpaneele vor.
Den Höhepunkt seines Vortrages markierten verschiedene Kurzfilme, die windaktive Fassaden sowie pneumatisch gesteuerte Fassadenelemente zeigten. Eines dieser Beispiele ist die Fassade des Technoramas – einem Wissenschaftscenter in der Schweiz. Die Technorama-Gebäudehülle besteht aus Tausenden von Aluminiumplatten, die sich in den Luftströmungen bewegen. Dabei entstehen komplexe Muster, die wiederum durch Turbulenzen und Wind verursacht und gebildet werden. Interessant ist, dass die innovative Fassade des Technoramas bereits im Jahr 2002 vom US-amerikanischen Künstler Ned Kahn gemeinsam mit Technorama-Mitarbeitern sowie den Architekten Durig und Rami entwickelt und gebaut wurde.
Fazit
Die Fachtagung der ZVSHK-Bundesfachgruppe war abermals informationsgeladen und überaus professionell organisiert. Neben den bereits genannten Fachvorträgen sorgten weitere Redner für beste Fachinformationen. Über das Thema Brandschutz und Entrauchung an Dach und Fassade sprachen:
- Rüdiger Niewind, Rheinzink, Datteln
- Dirk Vogt, Foamglas, Erkrath
- Stephan Appel, Brandschutzsachverständiger, Rottendorf
Außerdem referierte der Sachverständige Florian Geyer aus München über das Verhalten von Sachverständigen im Bezug auf Unterschiede der Regelwerke des ZVDH und des ZVSHK und Uwe Koy von der Linde AG in Stuttgart berichtete über modernes WIG-Schweißen in der Klempnertechnik. Weitere Informationen bietet der ZVSHK im Internet unter https://www.zvshk.de/.
INFO
Wir brauchen Ingenieure – Studienrichtung Gebäudehülle
Ergänzend zu seinem Vortrag „Schäden durch mangelnde Schnittstellenkoordination“ informierte Johannes Binder über den aktuellen Stand der Studienrichtung Gebäudehülle. Ab sofort können sich Interessierte für das Herbstsemester 2013 anmelden.
Hochschule Rosenheim
Hochschulstraße 1
83024 Rosenheim
oder Hotline Studienamt
Tel.: (0 80 31) 8 05-21 55/21 56
INFO
Klempner der Zukunft – bewegte Fassaden
Ein windaktiviertes Kunstwerk aus Aluminium als Gebäudehülle der Zukunft? Wie es geht, zeigen die BAUMETALL-Direktlinks zu den entsprechenden Kurzfilmen unter: