Ein durchdachtes und funktionelles Gesundheitsmanagement steht in den meisten Fachbetrieben der Branche leider nicht an erster Stelle. Durch die vielen unterschiedlichen Aufgaben und den hohen Termindruck kommt man einfach nicht dazu, sich über dieses Thema Gedanken zu machen. Ein klassisches Beispiel sind falsch ausgeführte Bewegungsabläufe bei der Arbeit. Sie führen allmählich zu Rückenschmerzen. Ist der Schmerz erst mal da, dauert die Heilung oft lang. Das ist vermeidbar, wenn der Arbeitgeber seinem Team konkrete Anleitungen gibt, wie man ergonomisch mit Lasten umgeht.
Lasten heben und tragen
Das Wort Ergonomie kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Wissenschaft von der Optimierung der Arbeitsbedingungen“. Es leitet sich von den griechischen Wörtern „ergon“ (Arbeit, Leistung) und „nomos“ (Gesetz, Wissenschaft) ab. Wer Lasten hebt, muss so dicht wie möglich an den Gegenstand herantreten. Dann geht man mit gestreckter Wirbelsäule in die Hocke hinunter. Man nimmt den Gegenstand und zieht ihn an den Körper heran. So geht man dann samt Last mit gestreckter Wirbelsäule zurück in den Stand. Dabei muss der Rücken gerade gehalten werden. Die Belastung wird dadurch auf Knie- und Hüftgelenke verteilt und betrifft nicht nur den Rücken. Beim Hochkommen vom Boden hält man die Last möglichst nahe am Körper. Keinesfalls darf man sich während des Hochhebens drehen. Erst am Ende des Hebens wird die Drehbewegung ausgeführt, nicht währenddessen. Bei zwei Personen erfolgt das Anheben von Lasten gleichzeitig, auf die Sekunde genau. Runde Gegenstände werden an einer Seite leicht gekippt oder etwas gerollt, damit die andere Hand darunter kommt, und dann gehoben.
Oft führt der Ehrgeiz eines Mitarbeiters dazu, dass er sich überschätzt und schwere Lasten alleine hebt statt mit einem Kollegen. Die Transportkapazität bei Männern liegt bei etwa 45 kg, sofern eine Last nicht die Treppe hochgetragen werden muss. Wer also einen Kollegen um Mithilfe beim Transport bittet, ist kein „Weichei“, sondern handelt verantwortungsvoll. Niemand sollte eine Hauruck-Nummer abziehen, um sich zu beweisen, dass er alleine klarkommt. So weit, so theoretisch, denn in der Hektik des Alltags möchte niemand wegen „jeder Kleinigkeit“ einen Kollegen um Hilfe beim Tragen bitten.
Arbeitstypen „Vermeidender“ und „Durchhalter“
Der Mitarbeiter „Vermeidender“ fürchtet den Schmerz beim Lastenheben und nimmt die sogenannte Schonhaltung ein. Dadurch belastet er andere Muskeln zusätzlich und hat an anderer Stelle Schmerzen. Der „Durchhalter“ beherrscht seine Schmerzen, negiert dann die Warnfunktion des Schmerzes und bahnt einer weiteren Schädigung den Weg.
Tipps für Mitarbeiter
Die Belastung der Lendenwirbelsäule ist umso geringer, je weniger der Rumpf vorgeneigt wird und je näher die Last am Oberkörper gehoben und gehalten wird. Auch beim Bücken, Heben und Tragen ist die Wirbelsäule in ihrer physiologischen Stellung zu stabilisieren, damit die Belastung gleichmäßig auf die Bandscheiben verteilt wird. Sperrige oder unhandliche Gegenstände sollte man, unabhängig vom Gewicht, zu zweit anheben und tragen. Beim Tragen ist der Körper bewusst aufrecht zu halten, eine übertriebene Hohlkreuzstellung ist zu vermeiden. Schwere Lasten trägt man besser auf dem Rücken anstatt vor dem Körper. Es sollte niemandem peinlich sein, bei längerer Strecke die Last zwischendurch abzustellen.
Umsichtige und vorausschauende Vorbeugung
Unfälle entstehen durch Stolperfallen, die während des Transports rückwärts übersehen werden. Auch beim Vorwärtsbewegen hat man durch die Last vor dem Körper oft keine Sicht und riskiert einen Unfall. Zur Arbeitssicherheit gehören auch Arbeitsschuhe, damit es nicht zu Verletzungen kommt, wenn man eine Last fallen lässt. Durch die Spezialsohle schonen Arbeitsschuhe auch die Kniegelenke des Mitarbeiters. Da Arbeitsschuhe dem Verschleiß stark ausgesetzt sind, ist ihre Lebensdauer begrenzt. Die richtigen Schuhe geben nicht nur Sicherheit, sondern beugen der Ermüdung der Füße vor. Auch das Ausrutschen ist eine versteckte Gefahr und wird immer wieder unterschätzt oder verdrängt.
Progressive Muskelentspannung
Zwischen zwei Arbeitsschritten oder in einer Sekundenpause kann jeder am Arbeitsplatz einzelne Muskeln bewegen. Die Methode besteht in einer systematischen festen Anspannung einer Muskelpartie und anschließender Entspannung, dem Loslassen. Bei der Anspannung wird das Blut aus den Blutgefäßen gepresst. Nach dem Loslassen und der Entspannung kann sich die Muskulatur wieder mit Blut vollsaugen, ähnlich wie ein Schwamm. Damit wird eine bessere Sauerstoffversorgung bzw. eine Entspannungswirkung erreicht. Der Entspannungsvorgang (ca. 15 Sekunden) dauert etwa doppelt so lange wie der Anspannungsvorgang (ca. 7 Sekunden). Dieser Vorgang wird zwei- bis dreimal wiederholt, die Anspannung erfolgt nur bis zur Schmerzgrenze. Auch im Stehen lässt sich die Kurzentspannung durchführen.
Hinweise für Arbeitgeber
Im Gespräch mit den Mitarbeitern sollten Probleme und Lösungen diskutiert werden. Dabei geht es um Verbesserungen von Arbeitsbedingungen, um Muskel- und Skeletterkrankungen zu vermeiden. Zur
Vorbeugung müssen die Risikofaktoren ermittelt werden. Schließlich gibt es europäische Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten und entsprechende Leitfäden zur Verbesserung der Situation. Folgende Richtlinien der Arbeitsstättenverordnung sind zur Vorbeugung von Skeletterkrankungen wichtig:
BAUMETALL fragt nach
Wie ist das bei Ihnen? Wie Informieren Sie Ihre Mitarbeiter? Und wie
werden Themen rund um die Vorbeugung von Hexenschuss und Co. in Ihrem Team besprochen? Welchen Stellenwert haben darüber hinaus Arbeitsschutzmaßnahmen wie Gehörschutz, Kopfschutz (Helm) oder Handschuhe usw.? Schreiben Sie uns. Wir freuen uns auf Ihre Fotos,
Anregungen, Hinweise und Beiträge.
* Ein Beitrag von Diplom-Betriebswirt Rolf Leicher, Heidelberg