Die Villa Patumbah ist ein ebenso eigenwilliges wie aufwendiges Gebäude aus dem 19. Jahrhundert. Ihr Reichtum an Stilen, Dekorationen und Ornamenten macht sie zu einem Schutzobjekt von eidgenössischer Bedeutung – ihre Sanierung zum Traum der Restauratoren und Handwerker. Vorausgesetzt, sie kennen sich aus und beherrschen ihr Metier. Vor 15 Jahren erfolgte die erste Teilrestauration der Villa. Der damalige Fachbetrieb Jakob Scherrer Söhne (heute Scherrer Metec AG) hatte von der Denkmalpflege-Behörde den Auftrag zu einer umfassenden Analyse der Ornamente und Blecharbeiten erhalten. Das Ergebnis war überraschend: Die über hundertjährigen Zinkbleche und gegossenen Ornamente der Fassadenplatten waren zu mehr als 90 % in einem brauchbaren Zustand, sie benötigten lediglich eine gründliche Reinigung und Auffrischung der Farben. Der Analyse folgte der Auftrag zur Restauration des mittleren Pavillons, der seitdem in alter Pracht sein reichhaltiges Schmuckwerk präsentiert.
Der Grund für den guten Zustand liegt vor allem in der Bauweise. Die Architekten mussten damals keine Rücksicht auf die Kosten nehmen, sie konnten die besten Materialien und aufwendigsten Verfahren einsetzen. So wurden die Bleche – wie es seit Jahrhunderten in Frankreich praktiziert wurde – mit Abstand auf den Unterbau montiert. Die dadurch gewährleistete Luftzirkulation transportiert Feuchtigkeit ab, der Unterbau bleibt trocken. Wesentlich komplexer gestaltete sich die kürzlich abgeschlossene Restauration des Hauptgebäudes. Zur Klärung der Eigentumsverhältnisse sowie der baurechtlichen Bedingungen wurden weitere 20 Jahre benötigt. Als Eigentümerin fungiert nun die Stiftung Patumbah, deren Zweck der Erhalt der Villa ist. Mit dem Ziel, den kulturellen Schatz der Villa einem interessierten Publikum näher zu bringen, wurde ein langjähriger Miet- und Nutzungsvertrag abgeschlossen. Das aus einem Architektenwettbewerb hervorgegangene Konzept der Zürcher Architekten Pfister, Schiess, Tropeano & Partner beinhaltet ein Forum für Präsentationen und Schulungen sowie Büros und Archive des Heimatschutzvereins. Die zur Restauration von Villa und Park erforderlichen Mittel stellten Stadt, Kanton und private Sponsoren bereit.
Ein alter Traum – neu freigelegt
Mehr als die Metallelemente hatten Mauerwerke, Putz, Verschalungen und vor allem die dekorativen Bemalungen gelitten. Fast sieben Jahrzehnte Betrieb als Altersheim und der langjährige Leerstand hatten Spuren hinterlassen. Um den Unterhalt zu erleichtern und das Haus zweckmäßiger zu machen, wurde vieles vereinfacht, übermalt oder demontiert. Seit jeher war es schwer, historische Bauten in ihrer Eigenständigkeit zu erhalten. Noch 1977 spottete die NZZ über das „kuriose Stilsammelsurium“ der Villa Patumbah. Erst später besann man sich auf den historischen Wert des Bauwerks. Der Sanierung der Villa Patumbah ging eine sorgfältige, alle Details erfassende Planung voraus. Raum für Raum wurde einer gründlichen Inspektion unterzogen. Die Verwendung exotischer Materialien und Mineralfarben erforderte die Mitarbeit externer Spezialisten sowie Versuche über Vorgehen und Technik bei den Restaurationsmethoden. Die Arbeiten begannen 2010 und brachten immer neue, bisher unbekannte Details ans Licht.
So einmalig wie das Objekt gestaltete sich auch das Teamwork. Es war außerordentlich intensiv und abwechslungsreich. Vieles musste bemustert und vor Ort in Augenschein genommen und beurteilt werden. Daraus ergaben sich Diskussionen über die jeweils authentischste, praktischste bzw. finanziell oder ästhetisch beste Lösung. Das alles fand in einer sehr kollegialen und sachlichen Atmosphäre statt, die man sich zuweilen auch bei anderen Projekten wünscht.
Ein neues Dach
Anders als für den Bau der Villa standen für ihre Sanierung keine unbeschränkten finanziellen Mittel zur Verfügung. Bei vielen Objekten musste über den Grad der Aufarbeitung entschieden werden, zum Beispiel, ob man ein Wandgemälde nur freilegt oder auch auffrischt oder gar rekonstruiert. Beim Dach ergab sich zunächst keine Priorität. Zwar hatte man bei einer früheren Sanierung den ursprünglichen Naturschiefer durch Kunstschiefer ersetzt und das Geländer sowie die Schmuckornamente entfernt, aber das Dach schien weitgehend intakt zu sein. Erst bei näherer Untersuchung wurde erkannt, dass Feuchtigkeit durch das Dach ins Gebäude dringt und die Substanz zerstört. Hinzu kam, dass mit der neuen Nutzung das oberste Geschoss als Archiv dienen soll, weshalb es trocken und belüftbar sein muss. Um dies sicherzustellen, war eine nach heutigen Normen ausgeführte Erneuerung des Daches unumgänglich.
Diese Erfordernisse boten die einmalige Gelegenheit, das neue Dach nach altem Vorbild zu rekonstruieren. Weil dies nicht in der ursprünglichen Planung kalkuliert war, wurde unter großen Schwierigkeiten ein Extrabudget finanziert. Auch die Montage der neuen Dachdeckung begann mit entsprechenden Turbulenzen. Einem sofortigen Baustart folgte wenige Tage später ein totaler Baustopp, danach wieder grünes Licht, aber nun bitte sofort. Im Verbund mit den Zulieferern war also ein erhöhtes Maß an Flexibilität gefragt.
Metalldach und Steildach wurden mitsamt ihren mangelhaften Unterdächern abgerissen. Die bestehende Holzschalung des Steildachs erhielt ein neues Unterdach mit Konterlattung und Holzschalung für die neue Doppeldeckung aus Naturschiefer. Von alten Fotos wurde das rautenförmige Muster abgeleitet, das aus je dreimal drei grünen und schwarzen Schindeln besteht. Eine besondere Herausforderung war die optische Symmetrie von der Mitte zu den Kanten. Dachfenster, First- und Kehlbleche, Leiterhaken und Schneefanggitter komplettierten die Arbeiten. Die Fallrohre wurden ersetzt und teilweise wie ursprünglich in neu ausgekleidete Wandnischen verlegt.
Verzinntes Kupfer sorgt für Sicherheit
Das bestehende Metalldach wies ein zu geringes Gefälle auf. Die neue Dachkonstruktion wurde mit einem stärkeren Gefälle von mindestens 5 % neu aufgebaut. Darauf liegt ein Doppelfalzdach aus 0,6-mm-Kupfer mit verzinnter Oberfläche. Diese rund 80m2 große Dachterrasse ist nicht begehbar. Zahlreiche Einfassungen von Kaminen, Lüftungen, Dachausstieg, Oberlicht und Dachfenstern waren zu sanieren und entsprechend anzupassen. Wie effektvoll die Architekten damals mit dem Tageslicht umgehen konnten, belegt das zentrale Oberlicht. Es dient als Lichtquelle für eine mit exotischen Motiven ausgelegte Glaskuppel. Diese wölbt sich kunstvoll über einen drei Stockwerke hohen und reich geschmückten Innenhof. In dessen Parkettboden ist eine runde, ebene Glasplatte eingelassen, die das eingefangene Licht aus der Glaskuppel über eine Linse in den darunter liegenden Empfangsraum leitet. Dieses sogenannte Drachenauge lenkt nicht nur Licht in darunter liegende Bereiche, sondern verstärkt die Wirkung der Farben und Schnitzereien.
Krönender Titanzink-Kranz
Die Rekonstruktion des metallenen Dachkranzes sollte eigentlich zu einem späteren, finanziell günstigeren Moment erfolgen. Zur nachträglichen Montage und ohne dabei weitere Manipulationen am fertigen Dach vorzunehmen, wurden Stahlanker im Dachstuhl fixiert und durch das Metalldach geführt. Überraschenderweise konnte dank privater Sponsoren mit der Rekonstruktion sofort begonnen werden. Als größte Hürde erwies sich, dass keine Dokumente zu Rekonstruktion des Kranzaufsatzes vorhanden waren. In der Originalbeschreibung heißt es: „Das durchbrochene, fein gearbeitete Geländer nimmt die filigranen Motive der Fassadenornamentik auf, stellt sie frei und überblendet so die Silhouette des Baus mit der Helligkeit des Himmels.“ Folgerichtig waren die wenigen erhaltenen Fotos von der Helligkeit des Himmels überbelichtet. Auch die zeitgenössischen Illustrationen lieferten keine genauen Informationen. Zumindest waren die Proportionen erkennbar, auf deren Basis die Architekten ein Maßraster zeichneten. Im Archiv der Scherrer Metec, deren Firmengeschichte bis 1896 zurückreicht, fanden sich in historischen Katalogen geeignete Ornamente, die neu gezeichnet und produziert wurden. So entstanden 385 Blätterornamente in drei Größen, sogenannte Palmetten, aus Titanzink.
Der gesamte Metallaufbau mit Trägern, Schmuckelementen und Geländern ist direkt an den Stahlankern fixiert, er schwebt praktisch über dem Dach. Durch den allseitigen, 5cm hohen Entwässerungsschlitz zwischen Dach und Aufbau kann das Regenwasser vom Metalldach ablaufen. Die waagerechten Stahlträger sind mit titanzinkbekleideten Schichtplatten versehen. Sie bilden einen überkragenden Kastenaufbau, an dessen Außenkante ein konvex/konkav ausgebildeter Kranzwulst mit profiliertem Wulststab sowie an dessen Oberkante die Palmetten montiert sind.
Auch die Blitzschutzanlage wurde komplett neu aufgebaut. Ihre markantesten Teile sind die an acht Ecken wie Antennen aufragenden Blitzfangstangen. Jede Stange ist in einen Sockel mit vasenförmigem Aufbau gefasst. Sämtliche metallischen Teile von Dach, Dachkranz, Fenstern und Fassade sind in den Blitzschutz integriert und über Ableitungen an der Fassade mit der Erdungsringleitung verbunden.
Das komplette Dach aus einer Hand
Zusätzlich waren neben den beschriebenen Arbeiten am Dach und am Kranzaufbau zahlreiche weitere Spengler- und Restaurationsarbeiten erforderlich: schmiedeeiserne Balustradengeländer, Fenstergitter, Wasserspeier der Balkone, die Neuverlegung der Fallrohre in teilweise verblechten Wandnischen, die Abdeckung der Simse und Balkone. Für solche Rekonstruktionsarbeiten ist neben Fachkompetenz auch ein hohes Maß an Handwerkskunst gefragt. Die Scherrer Metec AG hat beides an zahlreichen Bauten unter Beweis gestellt und gilt bei anspruchsvollen Projekten als kompetenter Partner. Natürlich gehört die erforderliche Abstimmung zwischen Architekten, Denkmalpflegern und verschiedenen Handwerkern ebenfalls zum Leistungsspektrum der Zürcher Dach- und Fassadenspezialisten. Kurz: Die Organisation der Schnittstellen sowie der koordinierte Einsatz spezialisierter Zimmerleute, Metallbauer, Dachdecker und Spengler vereinfacht den Bauablauf erheblich.
BAUTAFEL
Projekt: Dachsanierung und -rekonstruktion im Rahmen der Restauration der Villa Patumbah
Bauherr: Stiftung Patumbah, Zürich
Kantonale Denkmalpflege: Giovanni Menghini und Peter Baumgartner
Architekten: Pfister Schiess Tropeano & Partner AG, Zürich, und Cristina Tropeano
Bauleitung: Heinz Aebi, Zürich, und René Lechleiter
Fachbetrieb: Scherrer Metec AG, Zürich
Arbeitsumfang: Zimmermannsarbeiten; Unterdach; Dacheindeckung mit Naturschiefer; Rekonstruktion des Metallaufbaus mit Wulstkranz, Blechornamenten, Ziergitter, Eckvasen; Blitzschutz; Spenglereiarbeiten; Balkonabdichtungen
Fotos: © zuegerpix.ch
Wechselvolle Geschichte mit Happy End
Ab sofort steht die historische Betrachtung der Züricher Villa Patumbah zum Download bereit.
Autor
Beat Conrad
ist Mitinhaber und Mitglied der Geschäftsleitung der Zürcher Bauspenglerei Scherrer Metec AG.