Wissen Sie, was für ein Tag heute ist? Der Welt-Metallfassaden-Tag!“ Mit diesen Worten eröffnete BAUMETALL-Chefredakteur Andreas Buck die Zukunftswerkstatt Metallfassade. Die unmittelbar im Anschluss an die Bundesfachgruppentagung stattfindende Veranstaltung thematisierte fünf plus eins Zukunftsthemen rund um das attraktive Geschäftsfeld Metallfassade. Typisch BAUMETALL zeichneten sich die eingeladenen Redner durch Vortragsthemen aus, die in dieser Form bislang noch nicht erlebbar waren. Neue Gesichter und alte Hasen sorgten mit einem umfassenden Informationsmix dafür, dass alle Teilnehmer auf ihre Kosten kamen. Im Klempner- und Kupferschmiede-Museum Karlstadt sprachen fünf Redner über nachhaltige metallische Gebäudehüllen einschließlich dazugehöriger Innovationen. Außerdem wurden technische Aspekte zur Unterkonstruktion und Neuheiten in der Metallverarbeitung sowie der Kreislaufwirtschaft vorgestellt.
Den Anfang machte Andreas Buck mit einer Zeitreise durch 75 zurückliegende Metallfassadenjahre. Er spannte einen Bogen von vorsichtigen Anfängen mit geprägten Weißblechplatten bis hin zu innovativen und an die jeweils vorherrschenden Witterungsbedingungen anpassbaren Fassadenkonstruktionen. Abschließend stellte Buck auch Fassadenentwürfe vor, die er mithilfe von KI-Programmen erstellt hat. Darunter eine kombinierte PV-Metall-Gebäudehülle oder eine Fassade, deren Form an klassische Weihnachtsbackförmchen erinnert. Dem Chef-Baumetaller kam es dabei nicht auf die technische Vollkommenheit seiner Entwürfe an. Vielmehr zeigte er auf, wie viel Potenzial Metallfassaden auch in Zukunft bieten und dass mit der Entwicklung, Produktion und Montage entsprechender Systeme großes Wertschöpfungspotenzial verbunden ist.
Fünf Top-Redner
Vortrag 1: Zukunftsfassaden planen mit Felix Brunold
Der Geschäftsführer der VektorNode Design AG ist ein visionärer Industriedesigner, der die Welt der Metallfassaden neu definiert. Mit vielseitigem Fachwissen und einer großen Leidenschaft für Metall hat er sich als Experte auf diesem Gebiet etabliert. „Wenn es um die Umsetzung komplexer Ideen geht, kommen herkömmliche CAD-Programme schnell an ihre Grenzen“, ist Brunold überzeugt. Der 27-jährige Fassadenprofi schätzt daher Computational Design (CD) als effektive Möglichkeit, extrem komplexe oder zeitintensive Ideen zur Produktion zu bringen. Sein Vortrag zeigte, wie sich die Planung und Umsetzung komplexer Metallfassaden durch Automatisierung und Präzision erheblich vereinfachen lässt. Entsprechende Konstruktionsprozesse werden von Brunold optimiert und gleichzeitig nachhaltiger gestaltet. Sein Geheimrezept sind spezielle digitale Planungstools, die er mithilfe von Algorithmen entwickelt. Laut Brunold entstehen durch die Verbindung von digitalem Design und realer Produktion innovative Prozesse. Er betont: „Gerade kleinere Betriebe profitieren von diesen Tools besonders, wenn sie diese in ihre Arbeitsabläufe integrieren bzw. entsprechend anpassen.“ Der Planungsexperte ist überzeugt, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Fachbetrieben durch CD-Systeme deutlich verbessert werden kann.
Vortrag 2:
Zukunftsfassaden begrünen mit Ingo Gramm
Ingo Gramm ist Geschäftsführer der Gramm Profiltechnik GmbH in Friedrichshafen am Bodensee. Über das bauaufsichtlich zugelassene Fassadensystem Pro+ berichtete er bereits im Rahmen der Bundesfachgruppensitzung (siehe S. 32 in vorliegender BAUMETALL-Ausgabe). Als flexibel kombinierbares Gesamtsystem verknüpft Pro+ klassische Fassadensidings aus Metall mit Photovoltaik- und Begrünungsmodulen. Alle Pro+-Module werden über ein zweiteiliges Click-System schnell, sicher und nicht sichtbar befestigt und sind darüber hinaus flächenbündig miteinander kombinierbar. Und noch etwas ist neu: Verglichen mit anderen Fassadensystemen kommt das Pro+-Click-System mit bis zu 80 % weniger Haltekonsolen aus, wodurch sich nicht nur der Montageaufwand, sondern auch die Anzahl eventueller Wärmebrücken erheblich verringert.
Auch in Sachen Nachhaltigkeit punktet Pro+ mit überzeugenden Werten. Alle Komponenten werden in der hauseigenen Fertigungsstraße am Firmensitz in Friedrichshafen hergestellt. Dadurch entfallen einerseits lange Transportwege. Andererseits werden Materialeinsatz und Falz- bzw. Steckfugenverluste durch die Möglichkeit, flexible Baulängen und Baubreiten zu produzieren, minimiert.
Als Nächstes präsentierte Gramm eine teilweise mit Pro+-Green-Elementen begrünte Metallfassade. Das innovative System hebt die Fassadenbegrünung auf ein neues Level. Gramm veranschaulichte, dass relevante Anforderungen an eine moderne Gebäudehülle ganz ohne Systemwechsel gelingen können: Das flächenbündige Modulsystem verfügt über eine integrierte Bewässerung. Es vereint Gebäudeschutz und Nachhaltigkeit, denn begrünte Fassaden sind natürliche Klimaanlagen. Sie verbessern nachweislich das Mikroklima vor entsprechend ausgestatteten Gebäuden. Gleichzeitig dient das Modulsystem als Lärm- und Hitzeschutz sowie zur Wärmedämmung. Insgesamt trägt das System Pro+ nachweislich zur Einsparung von CO2-Emissionen bei.
Vortrag 3:
Wohlfühlfassaden aus Metall mit Matthias Niet
Der nächste Redner informierte über aktuelle Änderungen der neuen Fachregel „VHF aus Metall“. Matthias Niet ist technischer Berater und Vertriebsprofi der Domico Dach-, Wand- und Fassadensysteme KG. Außerdem ist Niet als Obmann des IFBS-Arbeitskreises „Vorgehängte hinterlüftete Fassade“ engagiert. Der Fassadenprofi verwies zunächst auf das aktuelle Regelwerk und auf darin enthaltene Hinweise rund um die vorgehängte, hinterlüftete Fassade (VHF) . Laut Niet verbinde es Theorie und Praxis und vervollständige die Fachregelwerke „Toleranzen im Metallbau“ sowie „Beurteilung von Abweichungen“.
Dann präsentierte Niet zahlreiche Projektfotos und veranschaulichte, dass sich nicht sichtbare und zugleich durchdringungsfreie Befestigungssysteme in der Praxis bewährt haben. Überhaupt sei die VHF aus Metall architektonisch vielfältig und anspruchsvoll. Ein weiterer Systemvorteil sei die sortenreine Rückbaufähigkeit entsprechender Elemente und die damit einhergehende Recyclingfähigkeit wertvoller Baustoffe, denn: Alle VHF-Komponenten sind aus Metall und somit sehr langlebig und nachhaltig. Weitere Systemvorteile sind:
Vortrag 4:
Anforderungen an konstruktiven Brandschutz mit Lorenz Schulz
Der Key Account Manager der Deutsche Rockwool GmbH & Co. KG ist für die Bereiche VHF, Holzbau und Serielles Bauen zuständig. Lorenz Schulz´ mit technischen Informationen gespicktes Referat informierte über Mineralwolldämmung in vorgehängten, hinterlüfteten Fassaden (VHF). Das dort bevorzugt eingesetzte Material ist diffusionsoffen und nicht brennbar. Zusätzlich bietet es hervorragenden Wärme- und Schallschutz. Einen besonderen Schwerpunkt setzte Schulz auf die Brandschutzanforderungen für VHF. Diese Anforderungen werden primär in der MBO/LBO, der DIN 18516-1, der MVV TB (Anhang 6) und der DIN 4102/DIN EN 13501 definiert. Schulz informierte anschließend über Brandriegel aus mineralischen Dämmstoffen. Diese verhindern die Ausbreitung von Feuer und sorgen dennoch für eine effiziente Dämmung. Außerdem sind solche Brandriegel leicht und wärmebrückenfrei. Kurz: Sie garantieren Sicherheit bei guter Energieeffizienz. Bezugnehmend auf eine Teilnehmerfrage schilderte Schulz das Funktionsprinzip der Vlieskaschierung von Rockwool. Diese erfülle eine zunächst rein optische Anforderung, während die wasserabweisende Fassadendämmung bis zu drei Monate frei bewitterbar ist.
Abschließend stellte Schulz das Rockwool-Recyclingsystem Rockcycle vor. Es trägt aktiv zur Nachhaltigkeit bei, indem Steinwolldämmung effizient recycelt und wieder in den Materialkreislauf zurückgeführt wird.
Vortrag 5:
Anforderungen und Prüfgrundsätze der VHF mit Thomas Weiß
Der in der Prefa-Anwendungstechnik Süd im Bereich Schulungswesen Academy Neu-Ulm beschäftigte Zimmermeister Thomas Weiß überzeugte mit einem praxisorientierten Vortrag. Zunächst hob er den Feuchteschutz des VHF-Konstruktionsprinzips hervor. Er erklärte zum Beispiel, wie der Dampfdiffusionswiderstand von innen nach außen abnimmt und dass VHF folglich ein bauphysikalisch absolut sicheres System darstellen. Baufeuchte könne durch den systembedingten Wandaufbau nach außen ausdiffundieren und Tauwasser, Schlagregen sowie Kondensat an der Rückseite der Metallbekleidung im Hinterlüftungsbereich komplett abtransportiert werden. Das System vermeide somit Schimmelbildung in Wohnräumen und sorge für ein gesundes und angenehmes Raumklima.
Und auch in Sachen Wärmeschutz punktet das System mit perfekten Werten. So können entsprechende Konstruktionen dem geforderten U-Wert angepasst werden durch:
Ein weiterer Systemvorteil ist der Schutz von Außenwänden vor Aufheizung durch Sonneneinstrahlung. Dabei wird die warme Luft im Hinterlüftungsspalt abtransportiert. Dennoch speichert die Fassadendämmung tagsüber entstehende Wärme und gibt diese Energie nachts wieder ab. Dabei gilt: Je mehr Masse, desto mehr Speicherkapazität.
Weiß stellte darüber hinaus VHF-Vorteile wie Schlagregenschutz, Schallschutz, Brandschutz, Blitzschutz oder den Schutz vor mechanischer Beanspruchung vor. Eine weitere Betrachtungsweise fokussierte Anforderungen und Prüfgrundsätze nach DIN 18516-1. Demnach liege die konstruktive Anforderung an die Hinterlüftung bei ≥ 20 mm Abstand zwischen Bekleidung und Außenwand/Dämmung. Örtlich dürfe diese auch auf 5 mm reduziert werden – etwa bei Brandriegeln oder anderen konstruktiv bedingten Details. Weiß empfiehlt für Be- und Entlüftungsöffnungen zumindest am Gebäudefußpunkt und am Dachrand ≥ 50 cm²/m Wandlänge. Im Sockelbereich sei darüber hinaus die Montage eines Lüftungsgitters als Kleintierschutz notwendig.
Abschließende Diskussion und iib-Netzwerkbier
Die in Zusammenarbeit mit der Prefa, dem ZVSHK, dem iib sowie der Stiftung des Klempner- und Kupferschmiede-Museums und der freien Spenglermeister Vereinigung Bayern e. V. initiierte Veranstaltung traf den Nerv der Zeit. Mehr noch: Das neue BAUMETALL-Veranstaltungsformat verdeutlichte das enorme Wachstumspotenzial vorgehängter, hinterlüfteter Metallfassaden. Es zeigte auf, dass Fachbetriebe von hohen Wertschöpfungsraten profitieren können und mit dem Bau attraktiver Metallfassaden zudem auf das Imagekonto der Berufsgruppe einzahlen.
Marktchance und Service rund um Fassaden
Metallfassaden sind anders als Metallbedachungen weithin sichtbar. Ihre technischen und optischen Eigenschaften überzeugen mit Bestwerten in puncto Nachhaltigkeit und CO2-Bilanz. Sie wirken sich entsprechend positiv auf die Wahrnehmung der Berufsgruppe in der Öffentlichkeit aus! In der sich anschließenden Abschlussdiskussion thematisierten einige Teilnehmer die dringende Notwendigkeit, Metallfassaden regelmäßig zu warten. Dazu gehörten nicht nur technische Überprüfungen, sondern auch der Reinigungsservice. „Eine allzeit gut aussehende Metallfassade ist schließlich die perfekte Visitenkarte“, bringt es ein Diskutant auf den Punkt. Dazu gehöre auch die regelmäßige Entfernung von Verunreinigungen. Nur dann werde es gelingen, Metallfassaden in Zukunft als Alternative für Fassadensysteme wie beispielsweise die weit verbreiteten WDVS-Fassaden wahrzunehmen.
Videos und Zusatzinfos
Auf www.baumetall.de aber auch in der BAUMETALL Mediathek beim Onlinedienst YouTube sind zahlreiche Fassadeninformationen abrufbar. Empfehlenswert sind auch die BAUMETALL Online-Extras sowie die Online-Rubrik zur Fassadenbegrünung. Auf genannten Kanälen sind frei zugängliche Fachartikel abrufbar. Der Besuch lohnt sich auf jeden Fall!