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Reise durch die Dimensionen

Zink-Spiel-Raum

Spengler lieben es, aus zweidimensionalen Blechen Dreidimensionales zu schaffen. Der Werkstoff Zink ist aufgrund seiner guten Lötbarkeit besonders gut dazu geeignet. In renommierten Fachwerkstätten, zum Beispiel bei der Münchner Lorenz Sporer GmbH oder den Profis von Kaufmann Ulm Spenglereibedarf, entstehen regelmäßig kunstvoll gestaltete Zinkornamente. Weltweit zieren sie Dachaufbauten, Turmspitzen und bisweilen sogar riesige Ochsenaugenfenster. Für zahlreiche BAUMETALL-Leser gehören derlei Arbeiten zur hohen Kunst der Spenglertechnik.

Anders als im Handwerk definieren Kreative den Begriff Kunst differenzierter. Zum Beispiel verknüpfte Pablo Picasso Kunst eng mit dem Beginnen. Der Künstler verfolgte demnach immer das Ziel, seine Idee in ein unauslöschliches Zeichen zu transformieren. Die Motivation, die eigene Vision ins Sein zu bringen, sei die Triebfeder, die Künstler antreibe, Gefühle bewege und Besonderes hervorbringe. Freilich trifft diese Überlegung auch auf Ornamentenspengler zu. Umso spannender ist der Blick auf die skulpturalen Arbeiten von Simon Oud.

Reise durch die Dimensionen

Simon Oud ist fast täglich in seinem Amsterdamer Atelier anzutreffen. Im Atelierkomplex der Kunstinitiative Retort arbeitet er mit Zink, Messing und anderen Baumetallen. Die Herstellung verschiedener Wand- und ­Bodenskulpturen hat es dem 68-Jährigen besonders angetan. „Simon Ouds Arbeit entzieht sich üblichen hier vertretenen bildenden Disziplinen“, bringt es der Szenekenner Alex de Vries auf den Punkt: „Seine Skulpturen sind Gemälde, die Volumen angenommen haben. Es sind Objekte, die Räumlichkeit schaffen.“ Tatsächlich können Betrachter um Simon Ouds Zinkskulpturen herumdenken, sich frei im Raum bewegen und die Vorstellung einer Dimension gewinnen, die sonst nur schwer erlebbar ist.

Die meisten Objekte fertigt Simon Oud aus Zink, manchmal kombiniert mit Messing. Seine Skulpturen erinnern an meteorologische Flächen, bilden verschiedene Wetter- oder Witterungsbedingungen ab und leben folglich von der Vielfältigkeit ihrer Oberflächen. Und noch etwas unterscheidet den Künstler von Malern oder Bildhauern: Simon Oud meißelt nicht! Anstatt ein Vollmaterial zu minimieren, baut er seine Arbeit aus einzelnen Metallplatten auf, bis letztendlich eine bedeutungsvolle Form entsteht. Kurz: Simon Oud konstruiert!

Das Bild im Kopf des Künstlers ist zunächst eine Vorahnung. Erst im Entstehungsprozess wird daraus eine definitive Form entwickelt. Und noch etwas ist beachtenswert: Nur selten benutzt Simon Oud Vorstufen in Form von Zeichnungen, Papier- oder Kartonschablonen. Vielmehr schätzt er es, seine Ideen in einem Prozess des freischaffenden Dahin­fließens in die dritte Dimension zu transferieren.

Kunst. Hand. Werk

Ganz ähnlich wie die anfangs erwähnten Ornamentenspengler schneidet, biegt, walzt, feilt, lötet, schleift und poliert Simon Oud seine Arbeiten, um sie schließlich im Raum zu platzieren. Dabei arbeitet er meist in Serien und schafft regelrechte Objektkompositionen. „Es ist mir wichtig, dass meine Objekte als Solitär ebenso funktionieren wie im Zusammenhang einer Gruppe“, erklärt der Künstler. Und noch etwas ist erwähnenswert: Simon Ouds Objekte haben zwar eine geometrische Gestalt, sind aber dennoch keine eindeutigen geometrischen Formen. Vielmehr stellt der Kunstschaffende die Gesetzmäßigkeiten der Geometrie immer wieder auf die Probe. Auffallend ist, dass bestimmte Objektbereiche im Verhältnis zu anderen Elementen mehr oder weniger abweichen. Die Flächen der dreidimensionalen Bilder stehen schief, neigen sich nach innen und erinnern an geschliffene Schlittschuhkufen, die unter einem bestimmten Winkel die größte Beschleunigung erreichen. Oud gelingt es, eine imaginäre Oberflächenspannung zu erzeugen, die sich vom Gesamtbild löst und eine um das Objekt pulsierende Aura sichtbar werden lässt.

Landschaftskünstler Simon Oud

Die Natur ist für Simon Oud wie ein Aktionsplan. Er beobachtet sie genau und überträgt das Gesehene direkt in seine Kunstwerke. Dabei ist er so präzise, als würde er eine gerade Linie zeichnen. Simon Oud nennt das scherzhaft „eine Zinklinie ziehen“, obwohl es ihm eigentlich mehr um die Form und das Raumgefühl seiner Werke geht. Das ist wichtig, weil die Zinkobjekte fast nie frei im Raum platziert werden. Der Betrachter kann also nicht um sie herumgehen.

An der Wand fixiert, erzeugen die Reliefs und geografischen Phänomene der Arbeiten daher besondere Ausstrahlung. In diesem Zusammenhang ist die Frage nach Simon Ouds Inspirationsquelle interessant, denn überraschenderweise ist es die flache holländische Polderlandschaft: „Das ­Paradoxon der Dutch Mountains bestimmt die Wahrhaftigkeit meiner Bilder. Die Leere der Landschaft übersetze ich in bleibende Formen aus Zink.“

Simon Oud geht es bei seinen Arbeiten nicht um optische Erscheinungen, nicht um Fluchtpunkte oder Illusionen. Vielmehr ist er bemüht, alles greifbar und kontrollierbar zu machen. Der Betrachter kann dadurch Informationen entdecken, die Simon Oud bewusst in den Hintergrund rückt. Vielleicht sind seine Zinkbilder genau aus diesem Antrieb heraus immer wieder so überraschend.

Die Reise geht weiter

Aktuell arbeitet der Künstler an Werken, die flache und skulpturale Elemente miteinander verbinden. Um die besondere Wirkung dieser Kombinationen zu unterstreichen, präsentiert er sie oft an ungewöhnlichen Orten. Ein solcher Ort befindet sich in der Privatgalerie des Kunstschaffenden – genauer gesagt in dessen Wohnräumen – und noch exakter formuliert in einem umfunktionierten Puppenhaus. Da die Werke hier nur aus der Ferne betrachtet werden können, sind Kunstliebhaber aufgefordert, ihre Fantasie zu nutzen und die Zinkarbeiten gedanklich zu erkunden. Genau das öffnet neue Räume – zeigt neue Reiseziele auf, die es zu entdecken gilt.

Simon Oud

Bild: Simon Oud

Simon Oud
Blick ins Atelier

Bild: Simon Oud

Blick ins Atelier
ERF 2018 / CBK / Zink

Bild: Simon Oud

ERF 2018 / CBK / Zink
Kavel18 2010 / 68 x 56 x 18,5 cm / Zink

Bild: Simon Oud

Kavel18 2010 / 68 x 56 x 18,5 cm / Zink
Shelter 2016 / 20 x 27 x 8 cm / Zink & Messing

Bild: Simon Oud

Shelter 2016 / 20 x 27 x 8 cm / Zink & Messing
Ohne Titel 2005 / 25 x 25 x 19,5 cm / Messing

Bild: Simon Oud

Ohne Titel 2005 / 25 x 25 x 19,5 cm / Messing
ERF 2003 / 63 x 32 x 12 cm / Zink

Bild: Simon Oud

ERF 2003 / 63 x 32 x 12 cm / Zink
Echo van IJburg 2002 / Two 60 x 22 x 21,5 cm / Zink

Bild: Simon Oud

Echo van IJburg 2002 / Two 60 x 22 x 21,5 cm / Zink

Bild: Simon Oud

Info

Elegantes Lichtspiel in mattem Zinkgrau: Minimalistische (Wand-)Skulpturen

Der niederländische Bildhauer Simon Oud (* 1956 in Hoorn, Niederlande) ist für minimalistische, ästhetische, dreidimensionale Wand- und Bodenskulpturen bekannt. Tiefe Naturverbundenheit ist seine wichtigste Inspirationsquelle. Seine Arbeiten treten mit ihrem Volumen sowie ihren Oberflächen und Linien in einen Dialog mit dem Raum.

Simon Oud arbeitet vorzugsweise mit dem Material Zink. Er schätzt es aufgrund seiner guten Formbarkeit und der besonderen matten, silbergrauen Oberfläche, die er zudem mit einer dünnen Schicht Patina behandelt, um feine Schattierungen auszuarbeiten. Dadurch fängt er das Licht des Raumes in den Wölbungen und Flächen ­seiner Werke ein und erzeugt wiederum durch leicht gekrümmte Flächen eine raumgreifende Spannung.

In Deutschland wird Simon Oud in der Düsseldorfer Galerie Kellermann vertreten. Dort sind auch einige seiner Arbeiten erhältlich.

Holländische Sprachbarrieren überbrücken

  • Spengler = Plaatwerker / Zinkmeester
  • Ornamentenspengler = Ornamentenplaatwerker
  • Spenglertechnik = Plaatwerktechniek
  • In Holland ist ein Zinkmeester ein Fachmann, der sich auf die Arbeit mit Zink spezialisiert hat. Im niederländischen Sprachraum sind Zinkmeister angesehene Fachleute aus der Bau- und Dachdeckerbranche. Sie beschäftigen sich mit der Anfertigung und Montage von Zinkblechen an Dächern, Fassaden und anderen Bauelementen.

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