Das Howard Johnson Hotel in Shanghai sieht aus als ob es von oben bis unten in Marmor gekleidet wäre. Kaum jemand bemerkt, dass die Fassade des 80 m hohen Gebäudes nur im unteren Bereich auch tatsächlich mit Marmor bekleidet ist. Ab der fünften und bis zur 25. Etage besteht die Fassade aus bandbeschichtetem Aluminium. Die Kosten waren der entscheidende Grund für diese Kombination. Einerseits wollten Architekt und Bauherr ein Gebäude erstellen, das sich von den umliegenden Metallfassaden abhebt, andererseits aber die Kosten für eine komplette Steinfassade vermeiden. Marmor hat bekanntlich einen hohen Preis, aber diese schweren Platten dann auch noch in großer Höhe zu montieren, ist nicht nur wegen des Gewichtes der Platten eine große Herausforderung. Hinterschnittbefestigungen und ein enormer Aufwand bei der Unterkonstruktion treiben die Kosten zudem in die Höhe.
Vergegenwärtigt man sich einmal, dass selbst die interessanteste Materialoberfläche, aus einer gewissen Entfernung betrachtet, nur noch einen Gesamtfarb-eindruck ergibt, überrascht umso mehr, wie schnell dieses Problem durch eine Kombination von Marmor mit einer Aluminiumfassade gelöst wurde. Die Entwicklung speziell abgestimmter Farben erzeugt bei entsprechendem Betrachtungsabstand durchaus den gleichen Farbeindruck und schafft zudem kostengünstige Alternativen.
Einem Bauherrn in Kuwait war das aber noch nicht ausreichend genug. Hier sollte die Fassade bis in eine Höhe von 150 m dem Original, das an den unteren fünf Etagen montiert wurde, entsprechen. Das ist zwar etwas aufwendiger, geht aber auch. Novelis hat hierzu eine neue Oberfläche entwickelt, die nicht nur die Farbe des französischen Jura-Marmors nachstellt, sondern auch noch eine Struktur aufweist, die der Rauigkeit des Originals nahekommt. Zwar sieht auch diese Entwicklung aus der Entfernung „nur“ nach einer Uni-Farbe aus, der Hotelgast sieht aber die Struktur, sobald er auf den Balkon tritt. Wichtig ist bei derartigen Entwicklungen, dass der Druck keine auffallenden Wiederholungen zeigt.
Kostenfaktor und intelligente Funktionen
Kosten sind immer wieder ein Grund, das Original nicht zu verwenden, sondern auf bandbeschichtetes Farbaluminium zurückzugreifen. Das gilt besonders bei der Weiterentwicklung von Oberflächenimitationen, die den Originalen aus Kupfer, Zink oder Edelstahl inzwischen erstaunlich nahekommen. Da einige dieser Metalle in den vergangenen Jahren extreme Preissteigerungen erfuhren, rechtfertigte sich die Weiterentwicklung nachgestellter Metalloberflächen durchaus. Speziell bei der Entwicklung einer Oberfläche, die immer häufiger in der Architektur auftaucht, spielte nicht nur die Kostenminimierung eine Rolle, sondern auch unliebsame Nebenwirkungen des Originals. Die Rede ist von wetterfestem Baustahl, der umgangssprachlich als Cortenstahl bezeichnet wird. Als Stahl mit einer natürlich rostenden Oberfläche, fasziniert dieses Baumaterial Architekten immer wieder. Die natürliche, rostrote und raue Oberfläche hat sicherlich ihren Reiz, aber auch Nachteile, wie sich an einigen Gebäuden bereits zeigte. Läuft der Eisen-Abtrag beispielsweise über Glasflächen, werden diese derart angeäzt, dass auf einstmals durchsichtigen Scheiben unschöne Milchglaseffekte und Schlieren entstehen. Des Weiteren sind rostige Ablaufspuren auf Fußbodenbelägen bei den wenigsten Architekten und Bauherren beliebt. Aber auch dafür gibt es letztendlich dank lackiertem Aluminium eine Alternative, wobei die Farbgebung der Corten-Stahl-Imitate sogar den Wünschen des Architekten angepasst werden kann.
Stahl gibt es zum Glück nicht nur in rostender, sondern auch in seiner edleren Form: Edelstahl. Auch dieses wunderbare Metall litt in der Vergangenheit unter einer extremen Preisentwicklung. Dazu kommt die nicht immer einfache Verarbeitung dieses Materiales. Konsequenterweise wurde auch hier nach Alternativen gesucht. Was liegt also näher, als entsprechende Optionen aus lackiertem Aluminium zu schaffen? Die erste Anforderung kam wieder einmal aus China, wo der Umgang mit lackierten Oberflächen-Nachstellungen wesentlich unproblematischer betrachtet wird als in Europa.
Farbige Alternativen
Bandbeschichtetes Aluminium ist aber nicht nur darauf beschränkt, andere Oberflächen und Metalle zu imitieren. Durch innovative Lackentwicklung können interessante Farb-Oberflächen entstehen. So zum Beispiel die sogenannten Shinefarben (teilweise auch als Regenbogenfarben bezeichnet, was aber irreführend ist). Bei diesen Farben – besser sollte man über Farbsysteme reden, denn es handelt sich um Kombinationen verschiedener Lackschichten – zerlegt die oberste Lackschicht (ein Klarlack) das reflektierte Licht in seine Bestandteile.
Heute werden für diese Effekte in der Regel Farbtöne angeboten, die auf einem silbrigen Metallicfarbton basieren und zwischen Silber und einer zusätzlichen Uni-Farbe wechseln. Das ist eigentlich nichts Neues, sieht aber auch interessant aus, selbst wenn ohne Sonne nichts zu erkennen ist. Zu Recht trägt eine weitere Novelis-Neuentwicklung den Namen „Regenbogen“. Bei dieser Oberfläche wird nicht nur eine Farbe in ihre Bestandteile zerlegt oder ein einfacher Wechsel zwischen zwei Farben vorgenommen, nein, bei dieser Oberfläche spiegeln sich tatsächlich die Spektralfarben des Regenbogens wieder. Um diesen Effekt zu erzielen, ist aber Sonnenschein unerlässlich, denn nur durch die Reflexion und damit die Zerlegung des Sonnenlichtes kann das gleiche Ergebnis wie bei einem natürlichen Regenbogen entstehen. Diese Oberfläche kommt besonders gut in Regionen mit viel Sonnenschein zur Geltung.
Funktionsbeschichtungen
Beschichtungen werden nicht immer nur unter ästhetischen Gesichtspunkten entwickelt, vielmehr gibt es durchaus praktische Gründe für Neuentwicklungen. In langjährigen Versuchen wurden verschiedene sogenannte selbstreinigende Oberflächen getestet. Nun sind die normaler- und sinnvollerweise für Fassaden und Dächer eingesetzten PVdF-Oberflächen bereits so beschaffen, dass Schmutz zumindest an vertikalen Flächen kaum anhaftet. Bei Polyesterbeschichtungen sieht das durchaus anders aus. Die Lacke können porös werden, brechen auf und Schmutz haftet an. Hier kann eine zusätzliche Beschichtung Abhilfe schaffen. Wie auf dem Foto zu sehen, ist die behandelte linke Oberfläche nach 12 Monaten Außenbewitterung weit weniger verschmutzt als die unbehandelte. Allerdings hilft die Beschichtung gegen Luftverschmutzung aber nicht gegen Attacken hartnäckiger Vögel (siehe oben).
Bei der Verlegung von Profiltafeln spielt aber auch die Entstehung von Kondensat eine wichtige Rolle. So kann Tauwasserbildung unterhalb der Konstruktion durchaus zu Verunstaltungen oder Beeinträchtigungen führen. Als Alternative zu herkömmlichen Vliesmaterialien, die Kondensat aufnehmen und langsam wieder an die Umwelt abgeben, gibt es jetzt einen Rückseitenlack, der die gleiche Funktion erfüllt. Beim Einsatz auf Aluminium kann sich dieser Lack bis zur Sättigung vollsaugen, da Aluminium gegen Kondensat resistent ist.
Als für die Olympischen Spiele in Peking mehrere U-Bahn-Strecken neu gebaut wurden, sollten die unterirdischen Bahnhöfe mit emailliertem Aluminium ausgekleidet werden. Einerseits um Probleme mit eindringender Feuchtigkeit zu vermeiden und andererseits um mit einer schlagfesten Oberfläche aufzuwarten. Beide Anforderungen konnten mit bandlackiertem Aluminium erfüllt werden. Dazu wurde ein spezieller Lack entwickelt, der auch heftige Stöße und Schläge unbeschadet übersteht. Dennoch lassen sich Aluminiumtafeln mit dieser Oberfläche problemlos biegen und kanten, ohne dass der Lack abplatzt. Ein Drittel der U-Bahn-Stationen wurde schließlich mit dieser Oberfläche bekleidet.
Befindet man sich während der Montage in einem U-Bahn-Schacht, wird einem unweigerlich klar, wie dunkel es werden kann, wenn das Licht ausfällt. Dann ist es richtig dunkel und wenn die Bahn in Betrieb ist, bricht bei einem Stromausfall leicht Panik aus. Die Notbeleuchtungen zeigen zwar, wo die Notausgänge sind, aber wie komme ich hin? Kein Problem, denn genau dafür gibt es die spezielle nachleuchtende Oberfläche „Novelis Luminal“. Diese speichert bei eingeschalteter Beleuchtung quasi Licht und gibt es bei Dunkelheit langsam wieder ab. So entsteht keine Panik und die Menschen können geordnet evakuiert werden. Wer Zeit hat, kann dabei sogar noch seine Zeitung lesen, was aber in der Realität wohl unwahrscheinlich sein dürfte. Die Helligkeit des nachleuchtenden Lackes ließe es aber, zumindest theoretisch, zu.
Eine weitere interessante Entwicklung bei PVdF-Systemen sind sogenannte Cool-Colours (kalte Farben). Die Farben selbst sind eigentlich gar nicht kalt – der Name kommt vielmehr daher, dass diese Lacke auftreffende Sonnenenergie stärker reflektieren als herkömmliche Lacke. Dadurch heizt sich der Lack und somit auch das Aluminiumträgermaterial unter Sonneneinstrahlung weniger auf. Und das kann je nach Farbton eine bis zu 17°C niedrigere Temperatur ergeben. Cool-Colours verbessern somit im Sommer das Raumklima und senken die Betriebskosten für energieaufwendige Klimaanlagen erheblich.
Fazit
Mit Lacken und Farben zu experimentieren ist also durchaus spannend. Ob aus optischen, finanziellen oder technischen Gründen – der Einsatz unterschiedlichster PVdF-Beschichtungen bietet interessante Alternativen und schon heute wird gespannt erwartet, welche Neuigkeiten zukünftig in der Beschichtungsküche zubereitet werden.
* Wulf Binder ist Produktgruppenleiter der Novelis Deutschland GmbH, dem weltweit größten Unternehmen für Aluminium-Walzprodukte