Die Freiburger Metallkünstlerin Manuela Geugelin schaut herausfordernd in die Runde der sie umringenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die alle ihre Stücke vor sich hingelegt haben. Keine(r) hatte sich beim Start am Vormittag des gleichen Tages vorstellen können, derart lange und ausführlich ein- und dasselbe Flachmaterial bearbeiten zu können. Dementsprechend ungläubig waren teilweise die Blicke, die Geugelin nach ihren einführenden Worten anschauten. Als sie die einfach erscheinende Frage „WAS ist KUNST?“ stellte, vertrat ein Teilnehmer nachdrücklich die Auffassung, dass er selber Kunsthandwerk betreibe. Er würde fern von Dachrinnen und Fassadenblechen viele Vasen und Treibarbeiten herstellen und bezeichne sich daher auch als Künstler. Dem setzte Manuela die These entgegen, dass hier Handwerk angewendet werde und sich am Gegenständlichen orientiere, also etwas einem Vorbild entsprechend nachbilde. Das sei allenfalls „künstlerisch“ anzusehen.
Kunst bildet Unsichtbares ab
Manuela Geugelin kam über die Musik und Bildende Kunst sowie der Bildhauerei zur Metallgestaltung und hat sich durch geradezu rastloses Auseinandersetzen mit Metallen und Blechen aus Zink, Aluminium und Kupfer eine Technik entwickelt, die es weltweit zuvor noch nicht gegeben hatte. Die Fachwelt ehrte sie dafür beim Deutschen Materialpreis mit einer Auszeichnung. Sie habe sich auf eine neue Art und Weise einem lang bekannten Material genähert und sei mit diesem in einen besonderen Dialog getreten. Sie hat denn auch eine klare Vorstellung darüber, was „Kunst“ ist: Kunst wolle sehr wohl etwas abbilden. Aber nicht zwangsläufig das, was man sehen könne. Kunst sei eine Möglichkeit, Gefühle, Empfindungen und Eindrücke wiederzugeben, also das Unsichtbare abzubilden. Jeder Künstler habe dazu seine eigene Ausdruckssprache. „Wenn man etwas präzise macht, denkt man nie darüber nach, Gefühle darzustellen“, so ihre zentrale These. Damit ging sie in direkten Widerspruch zu den Fachkollegen, die allein das „freie Arbeiten“, beispielsweise in Form von Vasen, als „Kunst“ ansehen.
Dieser Diskurs war allerdings nicht auf die Schnelle aufzulösen und so fing Manuela Geugelin an, den Teilnehmern ihre erste Aufgabe zu stellen: Ein 15 x 15 cm großer Kupferabschnitt sollte so bearbeitet werden, dass jeder Teil der Oberfläche mit Hammerschlägen versehen wird. In einem weiteren Durchgang sollte dann die Oberfläche so bearbeitet werden, dass wiederum kein einzelner Hammerschlag mehr zu sehen ist. Jetzt kamen auch die langgedienten Blechbearbeiter vom Reden ins Tun. Da der eine oder andere – entgegen der Vorgabe – nicht nur „sinnlos“ aufs Blech hämmern wollte, erweiterte Geugelin die Aufgabenstellung dahingegend, dass „eine Schale“ entstehen solle.
Taktvolle Klänge in historischer Kulisse
Nachdem sich alle ein Blech geschnappt hatten, erfüllte Hämmern das historische Gemäuer. Denn der BAUMETALL-Workshop fand bei unseren österreichischen Freunden im großen Gemeinschaftshaus der Wiener Spengler unter hervorragender Betreuung des Landesinnungsmeisters der Dachdecker, Glaser und Spengler in Wien, Alexander Eppler, statt. Dieser ließ sich vorbehaltlos auf das Experiment ein und setzte Schlag neben Schlag. Nach einiger Zeit ließ die Seminarleiterin die Arbeiten einstellen und die Ergebnisse wurden untereinander verglichen: Keine Schale glich der anderen.
Die Anwesenden hatten schon von Beginn an die großen bereitgelegten Bleche gesehen und insgeheim einen Favoriten ins Visier genommen. Fachreferent Herbert Mock hatte diese als Dreingabe des Materialsponsors Aurubis mitgebracht und erläuterte später in einem reich bebilderten Vortrag die vielfältigen architektonischen Anwendungsmöglichkeiten von Kupfer anhand realisierter Projekte.
Geschäftiges Treiben
Die Teilnehmer waren teils überrascht, wie viele Schläge sowohl das Material als auch die Oberflächenbeschichtung wegsteckten. Mit Feuereifer und bisweilen ganzem Körpereinsatz entwickelte sich ein wahrlich geschäftiges Treiben und der anfangs abenteuerlich klingende Rat Manuelas „mit dem Werkstoff in einen Dialog zu treten“, entwickelte sich bei einigen Teilnehmern zum Zwiegespräch. Einen ganzen Arbeitstag auf einer 50 x 50 cm großen Kupfertafel den Hammer zu schwingen, auszuglühen und selbst dann noch nicht damit „fertig“ zu sein, im Sinne von „Feierabend“ zu machen, war greifbar geworden.
Zum Abschluss stellten alle ihr Werk vor und erläuterten die Gedanken, die zum Ergebnis geführt hatten. Einzige Bedingung Manuelas war: „Spuren“ sollte keines der Werke betitelt werden, weil diese Bezeichnung ansonsten in jedem Seminar mehrfach auftauchen würde. 
Workshop
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