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Alte Handwerkskunst

Echte Handarbeit

Gewisse Orte und Werkstätten üben auf den Besucher auch beim hundertsten Besuch die gleiche Faszination aus wie beim ersten Mal. Einen solchen besonderen Ort gibt es im thüringischen Ronneburg. Dort liegt die Schmuck- und Korpusgürtlerei von Gürtlermeister Manfred Schulze und seinem Sohn, dem Spenglermeister Steffen Schulze. Dem Charme der kleinen, gut gefüllten Werkstatt kann man sich nur schwer entziehen. Überall gibt es etwas zu entdecken. Viele Arbeitsbereiche lassen es in den Handwerkerhänden nur so kribbeln! Es wundert also nicht, dass die Kursteilnehmer des zweitägigen Workshops es kaum erwarten konnten, ihre Arbeitsplätze zu beziehen und loszulegen. Das Ziel war vorgegeben: Am Ende des zweiten Tages sollte ein fertiges Zinngefäß mit jedem Teilnehmer den Weg nach Hause finden. Dafür bedurfte es zunächst nur weniger Werkzeuge: Neben einem Zirkel und Handscheren wurden ein Sperrhaken und ein Schweifhammer benötigt. Eines stellte sich schon am Vormittag des ersten Tages heraus: Für die Tätigkeit des Aufziehens werden zusätzlich drei weitere Dinge benötigt: ein gleichmäßiger Hammerschlag, ein gutes Materialgefühl und viel Geduld.

Das Aufziehen – eine alte Handwerkstechnik

Bevor die eigentliche Arbeit begann, gab es einen kleinen Fachexkurs. Steffen Schulze erklärt: „Das Aufziehen ist eine perfekte Methode, Material zu formen, ohne seine ursprüngliche Materialstärke zu verringern. Diese Technik kann zum Beispiel für Vasen oder auch Kugeln und Freiformen verwendet werden. Das Material wird im Gegensatz zum Auftiefen nicht gestreckt und ausgedünnt, sondern eher gestaucht und verstärkt. Beim Bearbeiten des Bleches mit dem Hammer legen sich entstehende Formungsfalten übereinander und erhöhen die Materialstärke somit. Die Tätigkeit kann von innen oder außen erfolgen.“ Der Spenglermeister weiß, wovon er spricht. Als Meisterstück fertigte er seinerzeit mit ebenjenen Arbeitstechniken eine Zinnvase an, die mit dem Bayrischen Staatspreis und dem BAUMETALL-Titel „Meisterstück des Jahres“ ausgezeichnet wurde.

Wer will fleißige Handwerker sehen?

Nun beginnt man in einer Werkstatt wie jener in Ronneburg natürlich nicht mit bequem gefertigten Ronden. Nein! Aus Zinnrohlingen wurden zunächst Platten gegossen. Mithilfe einer Walze wurden diese zu einer langen Platte geformt. Im Anschluss durfte sich jeder Teilnehmer sein Stück ab- und die Grundronde zuschneiden. Nach dem Anzeichnen des Becherbodens ist es wichtig, dass die ersten Hammerschläge am Sperrhaken neben der Auflagefläche auf das Material treffen. Danach wird langsam und spiralförmig von innen nach außen gearbeitet. Steffen Schulze ergänzt: „Die Verwendung eines Schweifhammers ist bei diesem Arbeitsgang ein wesentlicher Bestandteil, da er das Material nicht nur staucht, sondern auch vorwärtstreibt. Es wird Körperhöhe gewonnen und Wandungsstärke im Randbereich aufgebaut. Hier gilt, dass die Falten gleichmäßig angelegt werden müssen, um Überlappungen und Rissbildungen vorzubeugen.“

Eigentlich ganz einfach, oder? Bei dieser Frage fangen die Teilnehmer am Ende des ersten Tages an zu schmunzeln. Der Vorgang mag zwar repetitiv sein, doch wer zu lange an einer Stelle verweilt, gerät in Gefahr, das Material zu verletzen. Die fröhliche Stimmung trübt dies natürlich nicht. Hier werden schließlich in echter Handarbeit Unikate hergestellt. Gekrönt wurde der erste Arbeitstag mit einem gemütlichen Abend in der hauseigenen Erlebnisgastronomie. Dabei legte Familie Schulze besonderen Wert auf echte Thüringer Produkte. Neben heimischem Bier konnten die Teilnehmer auch einen echten Mutzbraten probieren und gemeinsam den Fachaustausch pflegen. Das besondere Highlight: Ein Teilnehmer konnte sich schon am ersten Tag sein kühles Bier aus seinem eigenen Zinnbecher schmecken lassen. Geschmack? Einmalig! Empfehlung an die Kollegen: Unbedingt ausprobieren! Nur gut, dass am Ende des zweiten Tages jeder mit einem eigenen Gefäß nach Hause fahren konnte. Bei einem waren sich zudem alle einig: Ein Workshop in der Werkstatt in Ronneburg? Jederzeit wieder!

Sie möchten mehr über die Schmuck- und Korpusgürtlerei Schulze erfahren? Im BAUMETALL-Online-Extra zu diesem Artikel finden Sie weitere Bilder und jede Menge Fachinformation.

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