Ergänzend zum Red Hot Lesercheck beschäftigt sich dieses Extra mit der Herstellung von Scheren, unterschiedlichen Scherprinzipien und der geschichtlichen Entwicklung. Dabei sind höchst interessante Zusammenhänge und Entwicklungen erkennbar.
Herstellung
Gelenkscheren werden durch Schmieden oder Stanzen hergestellt. Aus Flachstahl zugeschittene lange, spitz zulaufende Dreiecke werden zur Weißglut gebracht und in Gesenkschmieden werden die Rohlinge der beiden Scherenteile geformt. Das sogenannte Ober- und Unterbesteck entsteht. Nach dem Entgraten werden die Halme, der Gewerbeansatz und der Blatteinsatz gefräst, das Loch für die Verbindungsschraube gebohrt. Anschließend wird das Blatt gehärtet; nicht jedoch die Halme, die für die spätere Justage noch biegbar bleiben müssen. Zum Härten werden die betroffenen Teile im Salzbad erhitzt und im Ölbad abgeschreckt. Rostfreie Scheren werden eisgehärtet. Die dabei entstehenden Spannungen im Stahl werden durch Anlassen entfernt. Im nun folgenden Hartrichten werden die Scherenblätter gegeneinander gebogen und verdreht, so dass bei der fertig montierten Schere beide Blätter nur am "Schnittpunkt" Kontakt haben. Qualitativ minderwertige Scheren mit nicht gegeneinander verdrehten Scherenblättern neigen dazu, das Schnittgut einzuklemmen.
Schließlich werden beide Scherenhälften geschliffen, gegebenenfalls lackiert und montiert.
Schneidige Geschichte
Wo und wann die Schere zuerst erfunden wurde, ist bis heute umstritten. Ausgangspunkt für die Entwicklung der Schere war vermutlich der Gebrauch paariger Messer. Dabei handelt es sich um zwei separate Klingen. Während eine Hand die unten liegende Klinge stützt, führt die andere mit der oben liegenden Klinge die Scherbewegung aus. Entsprechende Funde auf rheinisch-römischen Gebiet stammen aus dem 2. bis 3. Jahrhundert n. Chr., reichen aber vermutlich viel weiter zurück.
Bügelschere
Bügelscheren bestehen aus einem U-förmigen Stück Metall, dessen Schenkel zu Klingen geschmiedet wurden. Sie schneiden, indem die Klingen zusammengedrückt werden. Verringert man den Druck, öffnen sie sich aufgrund ihrer Eigenspannung wieder. Bügelscheren werden heute außer zur Schafschur oder zum Schneiden von Rasenkanten kaum mehr verwendet. Gegenüber der Endgelenkschere stellen Bügelscheren eine deutliche Verbesserung dar, da sie mit einer Hand bedient werden können und sich aufgrund der Materialspannung von selbst öffnen. Bügelscheren kamen erst mit der Verfügbarkeit schmiedbarer Messing- oder Eisenlegierungen im 1. Jahrtausend v. Chr. auf. Diese Metalle waren die Voraussetzung für Herstellung federnder Bügel. Da Bronze- oder Messingfedern schneller als solche aus Eisen ermüden, finden sich Bügelscheren aus diesen Metallen seltener. Eiserne Bügelscheren sind in Mitteleuropa seit der La-Tène-Zeit um ca. 500 v. Chr. belegt. Bronzene Modelle mit eisernen Klingen wurden in Pompeji gefunden. Frühe keltische Modelle weisen eine U-förmige Feder auf. Um die Spannkraft zu erhöhen, ging man später dazu über, die Schenkel nahe der Bogenrundung zu kröpfen. So entstand eine Omega-förmige Linienführung. Ebenfalls zur Erhöhung der Spannkraft entwickelte sich in China eine Bügelscherenform, bei der die Schenkel überkreuzt wurden.
Gelenkschere
Die heute gebräuchliche Gelenkschere kam vermutlich um 300 v. Chr. auf. Da nur wenige frühe Fundstücke bekannt sind, bleibt eine genaue Datierung schwierig. In Al Mina im heutigen Libanon entdeckte Leonard Woolley das Fragment einer eisernen Gelenkschere, das er auf 430 - 315 v. Chr. datierte. Aufgrund der Form - insbesondere der gebogenen Halme - ist jedoch eine um mindestens 1000 Jahre spätere Datierung wahrscheinlicher. Verlässlich datierbare Funde stammen erst aus der Römerzeit. Neben Reliefdarstellungen sind einige wenige Fragmentfunde bekannt - unter anderem aus dem Legionslager Augsburg.
Bis über das Hochmittelalter hinaus bleiben Gelenkscheren sporadische Ausnahmeerscheinungen. Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts ändert sich die Situation allmählich. Im Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung (zwischen 1425 und 1545) sind in sechs von sieben Schneiderwerkstätten Gelenkscheren abgebildet, während alle anderen dargestellten Berufe noch mit Bügelscheren arbeiten. Auffällig sind die gedrungenen Formen dieser Scheren, ihre breiten Scherblätter sowie die aus dem Halm gebogenen und mal mehr, mal weniger geschlossen Augen. Zeitgleich kamen - z.B. in Italien und England - Universalscheren mit längeren, schlanken Scherblättern auf. Hier treten erstmals auch ringförmig geschlossene Augen auf. Ab dem 16. Jahrhundert finden sich zunehmend verzierte Scheren. Vor allem die Halme und Blätter werden mit aufwendigen Mustern geprägt und geätzt. Spätestens ab der Mitte des 16. Jahrhunderts sind die Augen meist geschlossen geschmiedet, dabei nicht immer rund, sondern zunehmend auch oval geformt. Im 17. Jahrhundert entwickeln sich zunehmend spezialisierte Scherentypen: lang- und schmalblättrige Papierscheren, breitblättrige Stoffscheren und spitz zulaufende Universalscheren.
Scheren mit einer beweglichen Klinge
Bei der Amboss-Schere trifft die Klinge mittig auf eine flache Fläche. Schnittleistung (d.h. die benötigte Kraft) ist günstiger, da diese Scheren eher wie ein Messer das Schnittgut trennen. Folglich entstehen kaum Quetschstellen. Die Vorteile werden besonders bei weichen Materialien geschätzt. Von Nachteil ist die schnellere Abstumpfung und die hohe Empfindlichkeit der schlanken Schneide.
(Quelle: wikipedia)