
EKKM
Den Anfang teilt sich nachfolgende Erzählung mit der zu Franz Huberts Messingpokal aus dem Jahr 1936. Sein in BAUMETALL-Ausgabe 1/2025 vorgestelltes Meisterstück wurde von „Necko“ D. Neckermann ebenso vor der Schrottpresse bewahrt, wie die hier präsentierte Prüfungsarbeit. Doch an dieser Stelle enden die Gemeinsamkeiten schon wieder. Die von Georg Hubert aus Zink hergestellte Blumenampel entstand gänzlich ohne CAD-Programme. Ohne Laserschneiden. Und ohne Maschinen-Tiefenanschlag aber dafür mithilfe einer exakten und noch vorhandenen Tuschezeichnung. Apropos: Wie der Planvermerk verrät, stammt die Zeichnung zweifelsfrei vom 1881 geborenen Georg Hubert. Seine Meisterprüfung legte er im Jahr 1910 vor der „Meisterprüfungs-Kommission für das Klempnerhandwerk zu Berlin im Bezirk der Handwerkskammer zu Berlin“ ab. Dass sein Meisterstück auch noch nach 115 Jahren Beachtung finden würde, hätte Georg Hubert vermutlich nicht erwartet. Der aus Röttingen im unterfränkischen Landkreis Würzburg stammende Handwerker führte zunächst alleine und später gemeinsam mit seinem Sohn Franz einen Spenglerfachbetrieb. Und ja: Sie vermuten zu Recht, dass die unterschiedlichen Berufsbezeichnungen schon damals für Unmut zwischen Klempnern aus Berlin und Spenglern aus Würzburg sorgten.
Zeitgeist formt Details

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Die BAUMETALL-Kamera bekam das Meisterstück von Georg Hubert im Europäischen Klempner- und Kupferschmiede-Museum vor die Linse. Necko, der das stattliche Zinkgebilde präsentiert, stellt fest: „Georg Huberts Meisterstück erinnert mich irgendwie an die Statue of Liberty.“ Das ist kein Zufall, denn die Epoche war von zahlreichen technischen Errungenschaften sowie dem Streben nach Freiheit und Gleichberechtigung geprägt. Der Blick in die Geschichtsbücher bzw. in die BAUMETALL-Tabelle ist entsprechend aufschlussreich. Beispielhaft soll hier auf die Einweihung der Freiheitsstatue im Oktober 1886 hingewiesen werden. Die von Frédéric-Auguste Bartholdi geschaffene neoklassizistische Kolossalstatue ist seit 1924 Teil des Statue of Liberty National Monument und seit 1984 Weltkulturerbe der UNESCO. Ihr Diadem (Strahlenkranz) trägt sieben Zacken. Sie symbolisieren die sieben Weltmeere und die sieben Kontinente und sind zugleich ein Zeichen für die universelle Idee der Freiheit. Direkt darunter befindet sich, die an bogenförmige Zinnen erinnernde Mauerkrone. Das gestalterische Element ist zugleich die Balustrade einer im Inneren des Kopfes der Statue befindlichen Aussichtsplattform. Und genau diese Bogenform muss Georg Hubert beim Entwurf seines Meisterstückes inspiriert haben.
Seine aus Zink gefertigte Blumenampel ist mehrteilig aufgebaut und ruht auf einem breiten geschwungenen Sockel. Die Sockelgeometrie weist durchaus Parallelen zur Basis der Freiheitsstatue auf. Der kantige Hauptkörper der Blumenampel ist mit vertikalen, leicht erhabenen Rippen oder Kanneluren verziert, die in einer schlichteren, stilisierten Form der Draperie des Gewandes der Freiheitsstatue ähneln. Der obere Abschluss der Blumenampel ist ebenfalls mehrfach abgestuft gestaltet. Ein aufgesetztes Element mit reduzierten Bögen greift die Bogenstruktur unter dem Diadem der Freiheitsstatue auf. Obwohl die charakteristischen Zacken der Kupferschönheit aus New York fehlen, ist die aufgesetzte Struktur der Blumenampel eine kreative Interpretation des ikonischen Diadems. Interessant ist auch die Licht- und Schattenwirkung des Meisterstücks. Je nach Sonnenstand entstehen deutliche Kontraste, wodurch die plastische Form des Objekts zusätzlich hervorgehoben wird.

BAUMETALL
Handwerkliche Spitzenleistung
Nicht weniger beeindruckend ist die Präzision des auf Stoß stumpf gelöteten Meisterstücks. Die einzelnen Zink-Segmente wurden in Handarbeit zugeschnitten. Selbst bei genauer Betrachtung sind keinerlei Zinndurchflüsse feststellbar. Es darf somit vermutet werden, dass Georg Hubert die Geheimnisse der Nahtoptimierung mit Schlämmkreide kannte. Zur Erinnerung: Der exakte Auftrag des Kreidegemischs links und rechts der Nahtstelle verhindert das Durchfließen von flüssigem Lötzinn. Bei innenseitig ausgeführten Lötarbeiten verbleibt das Zinn bei exakt angepassten Nahtstellen an der Lötstelle.
Meisterhammer für Georg Hubert

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Das Meisterstück von Georg Hubert beweist sehr eindrücklich, dass Klempner schon um 1900 in der Lage waren Spitzenleistungen zu erbringen. Neben der handwerkwerklichen Qualität punktet die Blumenampel mit dekorativen Elementen. Besonders die bogenförmigen Zinnen sind als architektonisches Stilmittel auch an anderen Strukturen oder Gebäuden erkennbar. Beispiele sind der Turm des Hamburger Rathauses (1886 bis 1897) und die Mauerkrone des Schlosses Neuschwanstein (1869 bis 1886) mit einer ebenfalls romantisch interpretierten Zinnenform. Ein weiteres stilisiertes Formbeispiel befindet sich an der Bekrönung des Berliner Doms (1894 bis 1905). Diese Parallelen unterstreichen Georg Huberts dem damaligen Zeitgeist entsprechende Gestaltungsidee. Sie befördern das ikonische Meisterstück zu einem bemerkenswerten Zeugnis seiner Epoche und...
... sie veranlassen das BAUMETALL-Redaktionsteam Georg Hubert pothum mit dem Goldenen Meisterhammer zu würdigen. Das gesamte BAUMETALL-Team verneigt sich vor der großartigen handwerklichen Leistung Georg Huberts. „Zu gerne hätte ich diesen Handwerker persönlich kennengelernt“, sagt BAUMETALL-Chefredakteur und Klempnermeister Andreas Buck. Die 1910 von Georg Hubert angeferigte Zink-Blumenampel ist das erste Meisterstück, das symbolisch mit der Auszeichnung „Meisterstsück des Jahres“ ausgezeichnet wird.
Das im Europäischen Klempner- und Kupferschmiede-Museum zu bestaunende Meisterstück wird zeitnah um die Leihgabe des entsprechenden Meisterhammers samt Widmung ergänzt.
Meisterstück des Jahres – jetzt bewerben

Picard / BAUMETALL
Sie sind Klempnermeisterin oder Spenglermeister und haben ihre praktische Prüfung mit Erfolg im Jahr 2024 abgelegt? Sie werden Ihre praktische Prüfung noch vor August 2025 ablegen? Dann bewerben Sie sich jetzt zur Teilnahme am BAUMETALL-Leserwettbewerb „Meisterstück des Jahres“.
BAUMETALL vergibt erneut zehn vergoldete Kreuzschweifhämmer von Picard für herausragende Meisterstücke. Bewerbungen für die laufende Runde im Wettbewerb sind als Einzelbewerbung oder als Sammelbewerbung über die Vorbereitungsklasse der jeweiligen Meisterschule zulässig. Informationen zur Teilnahme sind online abrufbar. Einsendeschluss ist der 25. August 2025. Die Preisverleihung erfolgt auf der Dach+Holz 2026 in Köln.
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