Dieser Beitrag wird Sie in Staunen versetzen, da bin ich sicher! Er beginnt mit einer Produktmeldung über einen Laubfangkasten. Klempnermeister Olaf Grelck aus Groß Zecher stellt seine pfiffige Erfindung der Fachwelt vor, doch dann kommt alles anders. Anstatt der angestrebten Großserienfertigung bleiben die Stückzahlen in überschaubarem Rahmen und bescheren dem innovativen Handwerker somit einen besonderen Luxus: Zeit! Und weil Olaf Grelck schon immer ein Mann der Tat war und bis heute ist, nutzt er das wertvolle Gut, um sich mit einer besonderen Technik zu beschäftigen – dem Hämmern. „Warum und vor allem was ich mache, kann ich eigentlich nicht erklären“, sagt Olaf Grelck und schildert, wie ihn sein Hammer regelmäßig dazu auffordert, Metallplatten zu bearbeiten. Magisch angezogen betritt er dann zu unterschiedlichsten Tages- und Nachtzeiten sein kleines Werkstatt-Atelier am Schaalsee. Kurz darauf dringen dumpfe, helle, klare und manchmal sogar glockenartige Töne ins Freie, um sich in der Weite der lauenburgischen Seenplatte zu verlieren. Was in solchen Augenblicken hinter der Werkstatttüre abläuft, ist kaum vorstellbar und mit Worten nur schwer zu beschreiben. Wer sich mit dem 57-jährigen Ausnahmetalent unterhält, bemerkt jedoch schnell, dass es zwischen Himmel, Hammer, Blech und Erde noch Dinge geben muss, die normale Klempnertechnik nicht erklären kann. Olaf Grelcks Metallbilder sind es ebenso wenig. „Manchmal fühle ich mich wie ein Praktikant“, sagt Olaf Grelck. „Ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich vor einem Stück Blech stehe und nicht weiß, wie ich anfangen soll. Beherzt greife ich dann zu meinem Hammer und lege einfach los.“ Ohne zu wissen, wie seine Bilder letztendlich entstehen, bearbeitet der Klempner Metallplatten – oder besser gesagt – lässt er sich von seinem Hammer führen. Unterschiedliche Kupferplatten werden dabei ebenso zielstrebig in die Mangel genommen wie blankes oder vorbewittertes Titanzink. Und selbst die teuren Edelstahl-Servierplatten seiner Frau werden nicht verschont. „Wenn es mich überkommt und gerade kein anderes Ausgangsmaterial greifbar ist, entwende ich schon mal eines der polierten Metalltabletts aus unserer Küche“, sagt Grelck, bevor er sein Verformungsritual eröffnet. Es beginnt immer auf dieselbe Weise und auch das Abschlussritual ist meistens ähnlich. Was am Ende entsteht, weiß Olaf Grelck erst dann, wenn er seinen Hammer fallen lässt. Erstaunlich ist, dass der Weg vom glatten, leblosen Metall zum ausdrucksstarken Kunstobjekt einer abenteuerlichen Reise durch eine sehr spezielle Technik gleicht. Anstatt Punzen, Sickenmeißel oder unterschiedliche Schweif- und Treibhämmer zu verwenden, greift Grelck zu einem einzigen Werkzeug – seinem 300-Gramm-Hammer. Das ist aber auch schon die einzige Konstante, denn weder die Bearbeitungszeit noch das Resultat sind planbar.
Experimentelle Blechbearbeitung
Der Grat zwischen bewusster Formgebung und künstlerischer Eingebung ist schmal – die Geräuschkulisse gewaltig. Wer Olaf Grelck bei seinem Ritual beobachtet, spürt vor allem eines: Leidenschaft. Dabei beschreiben die Begriffe Leiden und Schaffen nicht nur, was der Künstler während der Entstehung seiner Bilder erlebt. Auch das von Grelck bearbeitete Metall hat einiges auszuhalten.
Da wird gleichzeitig gestreckt, gestaucht oder getrieben und das mit einer Intensität, der jede Logik fehlt. Wie der Umformungsprozess genau abläuft, kann der Klempnermeister nicht in Worte fassen: „Ich lasse mich immer von meinem Hammer führen“, sagt er und versichert, dass es keines seiner Kunstwerke zweimal gibt. Sogar das bewusste Anfertigen eines Duplikates ist ihm noch nie gelungen. Stattdessen entstehen immer wieder neue Motive, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Mal ist es eine Gestalt mit dornenähnlicher Krone, ein anderes Mal eine beflügelte Figur in langem Gewand.
Kunst durch hammermäßige Eingabe
„Ich kann mir nicht erklären, was beim Hämmern im Einzelnen abläuft“, versichert Olaf Grelck zum wiederholten Male und zeigt dabei auf sein neuestes Werk. Das aus Titanzink hergestellte Wandobjekt erinnert entfernt an eine Liaison aus Heiligenfigur und Batman-Logo. Es zeigt, ebenso wie alle anderen Kunstobjekte, konkret-figürliche Formen, die aber frei interpretierbar sind. Und weil das so ist, beflügeln Grelcks energiegeladenen Kunstwerke regelmäßig die Fantasien der Betrachter. Aus technischer Sicht ist interessant, dass alle Metallfiguren, deren Gesichter oder die Stimmungen der Motive durch geschwungene Linien entstehen. Diese Gegebenheit macht Klempner und Metallverarbeiter Grelck sehr nachdenklich.
Ihm ist bewusst, dass die Linien und Umrisse der Objekte erst durch aberhunderte und vor allem ungeplante Hammerschläge sichtbar werden. Vielleicht verliert sich gerade deshalb jeder Versuch, eine zielgerichtete Vorgehensweise zu erkennen, im künstlerischen Freiraum. Und vielleicht hat Olaf Grelck auch aus diesem Grund damit aufgehört, Erklärungsversuche abzugeben. Was er einst mit sakraler Kirchenkunst zu umschreiben versuchte, hat er inzwischen auf ein Begriffsminimum reduziert – Kunst. Was zahlreiche Metallfachleute ebenso wie Kunstliebhaber beeindruckt, sind Grelcks magische Eingaben, die zu immer neuer und vor allem hammermäßiger Klempnerkunst führen.