Tafel- oder Rautendeckung – Stehfalz oder Einhangfalz. Worauf ist bei der Eindeckung eines Kirchturmes zu achten und welche Tipps haben Kirchturmprofis parat? Zumindest für die Spengler in Süddeutschland sind Berthold Zürn und Josef Peter Münch die ungekrönten Kirchturmkönige. Jahrelang haben die beiden Spezialisten für KME Beratungen durchgeführt und dabei zahlreichen Klempnern und Architekten gezeigt, was eine technisch einwandfreie Turmdeckung auszeichnet. Es wundert also nicht, dass der BAUMETALL-Workshop Kirchturmeindeckung schnell ausgebucht war. Zwar geben die Klempnerfachregeln des ZVSHK umfassend Auskunft zu verschiedenen Deckarten und der damit verbundenen fachgerechten Ausführung, doch wie so oft im Klempnerleben sind kleine Details das Salz in der Suppe.
Extrem hohe Anforderung
Kirchturmeindeckungen trotzen der Natur und widerstehen den Einflüssen von Kälte, Hitze, Sonne, Regen, Schnee, Gewittern und vor allem Wind. Dabei sind Kirchtürme in ständiger Bewegung und genau hier liegt auch die große Herausforderung für den Spengler. Einzelne Scharen müssen so dimensioniert und befestigt werden, dass sie durch thermische und physikalische Einflüsse bedingte Längenänderungen aufnehmen können. Die Befestigung erfolgt daher mittels geeigneter Hafte, wobei Montage sowie anschließende Verfalzung viel Fingerspitzengefühl erfordern. Die Ausführung von Turm- und Tafeldeckungen wird nach Deckungsarten gegliedert, wobei Banddeckungen und Querfalzdeckungen ebenso wie klassische Tafeldeckungen zur Anwendung kommen. Informationen wie diese sind für die meisten der neugierigen Workshop-Teilnehmer nicht ganz neu. Dennoch erfahren sie vom Referenten-Team noch viel Neues und Nützliches, das Gold wert ist. Beispielsweise wenn es darum geht, die Optik einer Tafeldeckung mit den Montagevorteilen einer Bandverlegung zu kombinieren. Dies gelingt entweder durch das entsprechende Zusammenfügen einzelner Tafeln in der Werkstatt oder aber durch die sogenannte Faltentechnik. Dazu werden die Bänder ähnlich der Herstellung von Faltenkehlen vorbereitet. Durch Zurück- und wiederholtes Vorbiegen entsteht dabei ein Umschlag ohne einzelne Scharen zusammenzufügen. Der Vorteil: Die Quernaht ist nur optisch vorhanden – entsprechende Undichtigkeiten werden ausgeschlossen. Die anschließend erfolgende Montage gleicht der einer herkömmlichen Bandverlegung.
Anhand zahlreicher Fotos und Anschauungsmuster machen die Workshopleiter Zürn und Münch die Fülle an theoretischen Informationen greifbar. Sie stellen Befestigungsarten vor und präsentieren zahlreiche Details zur fachgerechten Ausführung unterschiedlicher An- und Abschlüsse. Traufabschlüsse, die Ausbildung der Turmbekrönung, die Gratausbildung, die Ortgangausbildung und diverse Wandanschlüsse und Kehlen sowie Einfassungen von Durchdringungen und Entlüftungen gehören ebenso dazu wie die technische Umsetzung von Anschlüssen an Dolchspitzen und Turmbekrönungen.
Sicherheit geht immer vor
Dem Thema Sicherheit widmen die Referenten einen eigenen Vortragsblock. Dazu zeigen sie zunächst abschreckende Beispiele, die sie über Jahre hinweg immer wieder bei Sanierungen angetroffen haben. Mangelhaft befestigte Leiter- und Gerätehaken oder unzulässige Anschlagpunkte gehören ebenso dazu wie vorbildlich ausgeführte Sicherheitsdachhaken. Auch das Thema Blitzschutz wird behandelt. Es erfährt mindestens ebenso viel Beachtung, denn die korrekte Ausführung umfasst auch die Bereiche der Unterkonstruktion, Holzschalung und Trennschicht.
Arbeit im Hintergrund
Um die Workshop-Reihe zu organisieren, braucht BAUMETALL-Chefredakteur Andreas Buck Improvisationstalent. Im Europäischen Klempner- und Kupferschmiedemuseum Karlstadt fanden übers Jahr 2016 verteilt neun Kurse statt. Fast doppelt so viele wie 2015. „Während der Vorbereitung habe ich jede Menge Telefonate geführt, um Referenten zu gewinnen und Termine für die Veranstaltungen abzustimmen,“ gibt der Presseprofi Einblicke in die Arbeit. Gefragt waren Einsatz und Idealismus der Organisatoren, damit die Kurspreise im Rahmen bleiben. Partner, die Material zur Verfügung stellen, durften auch nicht fehlen. Die Ornamentenspenglerei KISSO steuert beispielsweise Kupferkugeln bei und die Blattgoldschlägerei Eytzinger sponsort Edelmetall. Da bringt der Chefredakteur die Kugeln schon mal selbst zum Lackieren in die Autowerkstatt und koordiniert abends per Telefon vom Museum aus die nächste BAUMETALL-Ausgabe. Nach den Kursen steht an, Presseberichte zu verfassen und Bilder aufzubereiten. Der Lohn für die Mühe ist, dass die Workshops reibungslos laufen. Die Kursteilnehmer spüren die unsichtbare Organisation kaum und nehmen den Wissenszuwachs als Mehrwert mit nach Hause.
Eine BAUMETALL-Information von Henry Rasch