Die BAUMETALL-Workshopreihe im Museum überzeugt durch Inhalte sowie hochkarätige Dozenten und Workshopleiter, erklärt BAUMETALL-Chefredakteur und Organisator Andreas Buck. Dass die Workshopreihe inzwischen Teilnehmer aus allen Teilen Deutschlands, Österreichs, der Schweiz und den Niederlanden nach Karlstadt – genauer gesagt ins Europäische Klempner- und Kupferschmiedemuseum lockt, bestätigt seine Aussage. Mehr noch: Lange Wartelisten und ausgezeichnete Teilnehmerbewertungen bescheinigen dem Weiterbildungsangebot erstklassige Qualität. Die in diesem Jahr zum zweiten Mal durchgeführte Workshopreihe gipfelte am 22 .Oktober mit dem Highlight „Vergolden von Kirchturmkugeln“, aber der Reihe nach ...
Sound of Silence
Ende Oktober herrscht auf den Metalldächern bekanntlich Torschlusspanik, denn schlechtes Wetter und somit die Winterpause drohen mit der Einstellung aller Dacharbeiten. Für Klempner und Spengler bedeutet das: Schnell fertig werden und der Schlechtwetterlage irgendwie ein Schnippchen schlagen. Unter Insidern und Veranstaltern sind in dieser Zeit somit alle Termine (auch solche für Weiterbildungsmaßnahmen) absolut tabu. Umso erstaunlicher ist das große Interesse am zweiten Teil des BAUMETALL-Workshops, der am Donnerstag den 20. Oktober 2016 beginnt. Den unüberhörbaren Startschuss feuert Kunst- und Ornamentenspengler Manfred Schulze aus dem thüringischen Ronneburg ab. Nur wenige Minuten nach dem Workshop-Start taucht er das Klempnermuseum gemeinsam mit den Teilnehmern in eine gewaltige Geräuschkulisse.
Das ist absolut ungewöhnlich. Vor allem weil das sonst eher stille Gebäude umgehend den Eindruck erweckt, als hätten sich Werkzeuge und die Exponate selbstständig gemacht. Spätestens jetzt ist klar: Die Berufsbezeichnung des Klempners wird vom Begriff „klampern“, also dem Klimpern oder Schlagen auf Metall abgeleitet. Genau das machen die ungeübten Teilnehmer zum ersten Mal. Mit Punzen und leichten Hammerschlägen rücken sie dünnen Aluminiumplatten zu Leibe – versuchen Initialen, kleine Muster oder andere Verzierungen ins Blech zu schlagen. Manfred Schulze geht dabei von Teilnehmer zu Teilnehmer und gibt konkrete Tipps zur Optimierung. Dabei sieht er genau, welcher Nachwuchs-Ziseleur welchen Profi-Tipp benötigt. Besser und individueller kann ein Workshop nicht sein.
Ziselieren
Als Ziselieren wird die spanlose Verformung glatter Metalloberflächen bezeichnet. Im weitesten Sinn werden dabei Muster ins Metall getrieben. Dazu verwendet ein Ziseleur verschieden geformte Punzen, die er fast immer selbst anfertigt. Mit diesen meißelähnlichen und an der Vorderseite oft polierten Punzen werden Muster, Ornamente oder Reliefs in das Metall eingearbeitet. Materialabhängig müssen die Werkstücke zwischen den Arbeitsschritten zur Spannungsbeseitigung erhitzt werden. Nicht so die beim BAUMETALL-Workshop eingesetzten Aluminiumtafeln. Diese können aufgrund der Materialeigenschaften kalt bearbeitet werden. Dazu legen die Teilnehmer die Bleche zunächst auf einer Holzunterlage auf und schlagen die Konturen des Motives frei aus der Hand in das Werkstück ein. Je nach Bedarf werden die Aluplatten gewendet und das entsprechende Muster auf einer Gummiunterlage herausgearbeitet. Professionelle Ziseleure verwenden für diesen Prozess wahlweise auch mit Sand gefüllte Ledersäcke oder mit Ziselierkitt (Treibkitt) ausgegossene Halbkugeln.
Treibkitt- und Werkzeug-Info
Treibkitt ist ein elastisches Gemenge aus schwarzem Pech, feinem Ziegelmehl und anderen Komponenten. Dies können etwa Bienenwachs, Mehl, Rindertalg oder Terpentin sein. Jeder Ziseleur bevorzugt sein eigenes „Geheimrezept“. Wichtig ist, dass die verwendete Masse elastisch ist und sich im Bedarfsfall durch entsprechende Erwärmung nachgiebiger machen lässt. Als wichtigste Werkzeuge kommen Ziselierhämmer, Meißel und zahlreiche Punzen zum Einsatz. Ja nach Motiv und gewünschtem Ergebnis weisen die Punzen verschiedenste Formen und Größen auf.
Himmlisch ruhige Pausen und Weiterbildung in Ronneburg
Selten sind Workshop-Pausen so ruhig wie die beim Workshop „Ziselieren“. Damit nach der Pause noch besser gepunzt, getrieben und poliert werden kann, vermittelt Manfred Schulze jetzt theoretische Informationen und Insiderwissen. Beispielsweise spricht der Kunst- und Ornamentenklempner über verschiedene Arbeitstechniken zum Treiben von Bildern und Reliefs oder er empfiehlt entsprechendes Handwerkzeug. Außerdem zeigt der Altmeister zahlreiche Fotos restaurierter oder speziell angefertigter Gegenstände und sorgt damit für entsprechendes Staunen. Originalgetreu und nach alter Handwerkstradition stellt sein Fachbetrieb (die Schmuck- und Korpusgürtlerei Manfred Schulze) seit vielen Jahren Messingverzierungen, Zinnfiguren, Zinn-Skulpturen, historische Bauornamente, Turmspitzen, Wetterfahnen, Kronleuchter oder aber Oldtimer-Bauteile her. Fast immer sind es Einzelstücke und somit Unikate, deren ideeller Wert weit über dem kalkulatorischen Preis liegt. Besonderes Interesse wecken Schulzes Intensivkurse. Kleine Gruppen mit maximal fünf Schülern sowie der enorme Erfahrungsschatz des Kunstklempners machen eine Anmeldung in der Schmuck- und Korpusgürtlerei zur Pflicht. Wo sonst wird heute Wissen weitergegeben, dass eigentlich nur noch in alten Fachbüchern, und dort in altdeutscher Schrift, nachzulesen ist. Der BAUMETALL-Workshop „Ziselieren“ ist daher ein erster Schritt zur Rettung einer Arbeitstechnik, die mit voranschreitender Industrialisierung und Digitalisierung Stück für Stück verloren zu gehen droht.
Schmuck- und Korpusgürtlerei
Manfred Schulze
Rosa-Luxemburg-Str. 1
07580 Ronneburg / Thüringen
Tel.: (03 66 02) 2 28 00
Fax: (03 66 02) 2 28 20
Die BAUMETALL-Workshopreihe geht weiter
In der kommenden BAUMETALL-Ausgabe 8/2016 wird das Programm für das Kursjahr 2017 bekannt gegeben.
Aufgrund der großen Nachfrage werden neben einigen neuen Workshop-Angeboten die beliebtesten Kurse der Jahre 2015 und 2016 wiederholt.