Obwohl ich weder Architektin noch Klempnerin bin, mache ich mich am 28. März 2019 auf den Weg nach Neu-Ulm, um in den Schulungsräumen der Prefa-Academy den BAUMETALL-Workshop „Architekturfotografie für Klempner“ zu besuchen. Nein, ich klettere nicht auf Dächer, sondern nur auf den Bürostuhl in der Redaktion, aber auch hier gilt: Ein Bild sagt mehr als viele Worte. Dies stimmt umso mehr für die jüngere Generation, die immer weniger Lust hat, lange Texte zu lesen und eher auf Fotos und Videos anspricht. Und genau die, so höre ich fast täglich aus Handwerkerkreisen, müssen wir erreichen. Denn eine der größten Sorgen, die das Handwerk im Allgemeinen und die Klempnerbranche im Besonderen umtreibt, ist der drohende Fachkräftemangel. Daher stehen bei diesem Workshop nicht nur gelungene Fotos für Referenzen auf der Website im Vordergrund, sondern vor allem auch ansprechende Bilder zur Azubi-Werbung. Die Betriebe müssen zeigen, was sie machen und worin ihre Leistung besteht, damit junge Menschen eine Vorstellung davon erhalten und das Reizvolle daran entdecken. Und warum nicht schöne Fotos von einem besonders interessanten Projekt an die BAUMETALL-Redaktion schicken? Schließlich gibt es keine bessere Werbung als einen Bericht in der Fachzeitschrift!
Aber nicht nur die Ergebnisse, sprich die fertigen Projekte, sind wichtig. Oft ist, wie man so schön sagt, der Weg das Ziel – nämlich dann, wenn es um die Baustellendokumentation geht. Hier sind Fotos überaus hilfreich, beispielsweise als Aufmaßhinweis, zur Beweisführung im Streitfall bzw. wenn Garantieansprüche erhoben werden oder auch zur Rechnungsstellung, damit der Kunde sieht und versteht, was der Klempner im Einzelnen gemacht und geleistet hat. Wer falzen kann, sollte also auch fotografieren können – dennoch sind gute Bilder, die genau das vermitteln, was man präsentieren möchte, selten: zu dunkel, zu ungenau, ungünstige Perspektive, zu viel störendes Beiwerk. Warum? Weil es an einigen grundlegenden Informationen fehlt.
Die Theorie: Kamera-Einstellungen und Bildanalyse
Zwar hantiere ich nur mit der Computermaus anstatt mit der Falzzange, aber auch ich will wissen, was ein gutes Bild ausmacht, wie man ein Detail wirkungsvoll einfängt und vor allem: Wie gelingt mir das mit dem Handy? Denn das habe ich in der Regel dabei, wenn ich mit dem typischen Hans-guck-in-die-Luft-Klempnerblick durch den Alltag gehe und die Umwelt schon ganz automatisch nach knipsenswerten Fassadenteilen, Wetterfahnen, Turmhauben oder Vordächern abscanne.
Zunächst mache ich die überraschende Entdeckung, dass selbst mein relativ altes Smartphone über einige Funktionen zur Einstellung der Belichtung und weiterer Werte verfügt. Die richtige Kamera-Einstellung je nach Lichtverhältnissen und beabsichtigter Wirkung ist Thema des angenehm kurz gehaltenen Theorieteils. Außerdem unterziehen wir eine Reihe von ausgedruckten Fotos einer kritischen Betrachtung. In bestimmten Punkten – etwa bei störenden Gegenständen oder unwichtigem Drumherum – sind wir uns einig, in anderen Fällen gehen die Meinungen auseinander. Während manches Geschmacksache ist oder von der jeweiligen Absicht abhängt, die man mit dem Foto verfolgt, gibt es ein paar Grundlagen, die immer zu beachten sind.
Die Praxis: knipsen, knipsen, knipsen
Regel Nr. 1: Die Gebäude sollten nicht stürzen, sondern möglichst senkrecht im Bild stehen, was natürlich bei hohen Bauwerken nicht so einfach ist. Profifotograf und Workshopleiter Stefan Meyer löst solche Probleme, indem er im Haus gegenüber klingelt und fragt, ob er den Dachboden betreten darf, um ein Foto zu machen. Falls dafür der Mut nicht ausreicht oder gegenüber kein Haus steht, bietet sich sicherlich ein Gartenmäuerchen an, das einen etwas höheren und damit besseren Standort erlaubt. Denn schon einige Zentimeter höher, ein Schritt nach rechts oder links machen einen Unterschied. Und wenn dann noch die Kamera ein kleines Stück in die richtige Richtung geneigt wird, sieht es gleich viel besser aus. Dies erleben wir dann gleich am nächsten Vormittag im praktischen Teil. Jetzt heißt es: selber ausprobieren! Das Objekt, an dem wir das theoretisch Gelernte testen, ist eine moderne Kirche mit Schindeleindeckung in farbbeschichtetem Aluminium der Marke Prefa.
Hier schickt uns Stefan Meyer auf die Jagd. Die Vorgabe lautet: viele Bilder machen, nach Lust und Laune und aus möglichst vielen verschiedenen Perpektiven heraus, mal als Gesamtaufnahme, mal als Detail. Der hohe, von ganz unten spitz zulaufende Turm, der verwinkelte Baukörper mit unterschiedlichen Dachneigungen und die Ausmaße des Gebäudes machen die Aufgabe zur Herausforderung. Zum Glück ist uns das Licht wohlgesonnen: Die Sonne scheint. Allerdings steht die nicht immer da, wo man sie brauchen kann, nämlich im Rücken, sondern je nach Standort auch seitlich oder gar frontal. Jetzt kommen die Kamera-Einstellungen zum Zuge, die helfen, eine Über- oder Unterbelichtung auszugleichen. Und hier zeigt sich auch, wie reizvoll das Spiel mit Licht und Schatten sein kann.
Das Ergebnis: ein Gebäude – viele tolle Bilder
Mit reicher Fotoausbeute geht es zurück in die Prefa-Academy, wo jeder aus der Fülle seiner Aufnahmen vier auswählt, die wir gemeinsam genauer betrachten und besprechen. Dabei wird klar, wie unterschiedlich ein und dasselbe Gebäude in Szene gesetzt werden kann und welche Rolle der Standort, die Perspektive und das Licht spielen. Ein Schritt näher dran oder weiter weg, minimale Unterschiede in der Kameraneigung, Hoch- oder Querformat – alles hat einen Einfluss auf die Bildwirkung. Ob Gesamtansicht oder Close-up, die Ergebnisse können sich allesamt sehen lassen. Und bei Bedarf kann auch noch ein Bildbearbeitungsprogramm nachhelfen, etwa indem man das Bild beschneidet.
Mein Fazit: Der Workshop hat sich gelohnt! Die kleine Gruppe (maximal 15 Teilnehmer) ermöglicht ein intensives Arbeiten und so kann Kursleiter und Architekturfotograf Stefan Meyer auf individuelle Fragen eingehen und gezielte Tipps geben. Das Konzept mit wenig Theorie und viel Praxis spricht für sich und lockt Teilnehmer aus dem gesamten deutschsprachigen Raum an, sogar aus Österreich und aus Südtirol sind die Spengler angereist! Deshalb plant BAUMETALL auch eine Wiederholung, eventuell mit einem Fokus auf besonderen Aspekten wie z. B. Baustellendokumentation. Abschließend geht ein großes Dankeschön an Gastgeber Prefa für die Räume und die Einladung zum gemeinsamen Abend- und Mittagessen!
Workshoptermine 2020
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