Die Schule ist nicht nur ein reiner Lernort – idealerweise fühlen sich Schüler und Lehrer dort auch wohl und aufgehoben. Es gibt wohl kaum ein schöneres Bild, um diesen Gedanken wiederzugeben, als ein Nest. Im Gymnasium Schrobenhausen in Oberbayern übernimmt das sogenannte „Vogelnest“ aus Messing und Kupfer diese identitäts- und gemeinschaftsstiftende Aufgabe. Ein für den naturwissenschaftlichen Fachtrakt errichteter Neubau beherbergt seit wenigen Wochen Klassenräume für die Fächer Biologie, Chemie und Physik. Im Zuge der Baumaßnahme entstand ein neues Foyer an der Stelle des ehemaligen Hauptzugangs. In diesem Bereich, der sich über drei Geschosse in die Höhe erstreckt, wurden auf zwei Ebenen zwei übereinanderliegende ellipsenförmige Plattformen geschaffen. Die neuen Bereiche schaffen Raum für Begegnungen und Kommunikation – Ausblick in den Neubau, den Altbau, die Pausenhalle, die Eingangshalle zum Haupteingang und sogar hinaus in den Zugangsbereich inklusive. Und genau diese Plattformen hat der Fachbetrieb Heinzlmeier aus Schrobenhausen mit einer originellen Bekleidung aus Metallstreifen versehen.
Bild: Aurubis/Heinzlmeier
Bild: Aurubis/Heinzlmeier
Vogelnest aus Kupfer und Messing
Warum die Bekleidung den Beinamen „Vogelnest“ trägt, ist auf den ersten Blick erkennbar: Die bis zu 7,5 m langen und bis zu 160 mm breiten Metallstreifen sind in einer unregelmäßigen Anordnung so vor dem Treppenhaus aufgehängt, dass ihr Verlauf von fast lotrecht bis leicht diagonal variiert und sie sich kreuzen. Dabei wurden sie mal übereinander und mal untereinander hindurchgeführt, sodass sie ein halbkreisförmiges Geflecht bilden. Durch diese Anordnung entstand ein halber bauchiger Zylinder in Form einer überdimensionalen aufrechten Tonne. Um Lebendigkeit in den Raum zu bringen, haben sich die Architekten für eine Auswahl von drei verschiedenen Legierungen mit entsprechenden Farbtönen entschieden: Bronze, Messing und Gold. Umgesetzt wurde dies mit den Oberflächen Nordic Bronze, Nordic Brass sowie Nordic Royal von Aurubis. Die Bänder weisen unterschiedliche Breiten und Zuschnitte auf. Zum Beispiel sind die Bronzebänder bei einem Zuschnitt von 160 mm exakt 80 mm breit. Die Nordic-Brass-Bänder sind 125 mm und Streifen aus Nordic-Royal 160 mm breit. Von jeder Legierung wurden im Schnitt über 130 m verarbeitet.
Statische Besonderheit
Die Funktion einer Absturzsicherung übernimmt das Vogelnest nicht, diese ist durch das dahinterliegende Geländer gegeben. Dieses folgt der elliptischen Bauform, sodass sich vom Inneren des Vogelnestes unterschiedliche Bauchungen des Geflechts und somit spannende Raumwirkungen ergeben. Das Geflecht aus Messing- und Kupferbändern liegt auf einer Unterkonstruktion aus schwarz lackierten Stahl-Hohlprofilen auf. Zur Aufnahme der Metallbänder wurde rund um die elliptische Grundform eine Struktur aus vertikal und horizontal verlaufenden, gebauchten Rundrohrprofilen befestigt. Die geschweißte und schwarz lackierte Stahl-Unterkonstruktion wurde an den ellipsenförmigen Stahlbetonplatten beider Ebenen verankert. Dahinter liegt das ebenfalls aus Stahl hergestellte Geländer.
Raffiniert: Die Knotenpunkte der Unterkonstruktion werden durch die Metallstreifen verdeckt und die Unterkonstruktion somit in den Hintergrund gerückt. Ein weiterer Kunstgriff ist die nahezu unsichtbare Befestigung der Metallstreifen durch Umwickeln des obersten Handlaufes. Das Ergebnis ist ein nach außen strahlender Nestbau aus Messing- und Kupferbändern, der alle Blicke auf sich zieht. Die Anordnung der einzelnen Bänder hatten die Architekten in einem 3D- Zeichenprogramm exakt festgelegt. Aufgabe der Spengler um Firmeninhaber Norbert Heinzlmeier war es, diese Anordnung zu übernehmen.
Netzwerk der Baumetaller
„Zum Glück funktionieren die BAUMETALL-Netzwerke, wenn es darauf ankommt“, erzählt Norbert Heinzlmeier, den seit dem BAUMETALL-Treff 2005 in Luzern eine Freundschaft mit Georg Lummel verbindet. „In der Vorplanung war man noch davon ausgegangen, mit Stößen zu arbeiten, da 6 m breite Streifen vorgesehen waren. Dank der Maschinenausstattung des Fachbetriebs Lummel aus Karlstadt konnte darauf verzichtet werden. Stattdessen wurden die bis zu 7,50 m langen Streifen nach Karlstadt geliefert, entspannt, beschnitten und in einem Stück gekantet.
Um dem Unfallschutz bestmöglich gerecht zu werden, wurden scharfe und offene Blechkanten vermieden bzw. alle Umschläge auf der Streifenrückseite mittig angeordnet. Übrigens sind die beiden Brücken, über welche die Plattformen an den Neubau und Altbau angedockt werden, ebenfalls mit Kupfer bekleidet. Im Gegensatz zum Nest allerdings eben und vollflächig und ganz bewusst mit oxidiertem Kupfer. Dieses nimmt sich von seiner natürlichen Farbe her gegenüber dem glänzenden Vogelnest sehr zurück. 
Bilder: Aurubis/Heinzlmeier
Bautafel
Projekt: Bekleidung des Treppenhauses, Gymnasium Schrobenhausen
Bauherr: Landkreis Neuburg-Schrobenhausen
Architektur: Petra Schiedeck, Dömges Architekten AG, Regensburg
Fachbetrieb: Heinzlmeier GmbH, Schrobenhausen
Material: Nordic Bronze, Nordic Brass, Nordic Royal von Aurubis, Bänder und Streifen in 80 bis 160 mm Breite und bis 7,5 m Länge.
Oberflächen der Serie Nordic von Aurubis
Nordic Brass ist eine Kupfer-Zink-Legierung mit einer markanten goldgelben Farbe. An der Luft wird die Oberfläche innerhalb weniger Wochen dunkler und kann innerhalb eines Jahres dunkelbraun werden. Nordic Bronze ist eine Kupfer-Zinn-Legierung, die zu Beginn eine leicht rötliche Farbe aufweist. An der Luft verwandelt sich die Oberfläche allmählich in ein rötliches Dunkelbraun bis hin zu Schwarz. Nordic Royal ist eine Kupferlegierung mit Aluminium und Zink, was dieser Patina eine üppige goldene Farbe verleiht, die changierend auch eine matte, goldbraune Oberfläche umfassen kann. Ihr Verhalten im Laufe der Zeit weicht von den übrigen Kupferprodukten ab und entwickelt außer in Küstenregionen und Gebieten mit hoher Luftfeuchtigkeit keine blaue bzw. grüne Patina.
