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Messing-Mysterium

Rätselhaftes Bauwerk 

Ist es ein Dach oder doch eher eine Fassade? Ein Kunstwerk oder ein funktionales Gebäude? Die hier vorgestellte Gebäudehülle aus Buntmetall ist vor allem eins: beeindruckend! Auf einer Fläche von rund 3000 m² wurden 1999(!) gebogene Halbschalenprofile in vertikaler Position montiert. Die wellenförmig angeordneten Metallelemente umspannen das gesamte Gebäude. Die doppelwandigen, konkav und konvex geformten Profile bringen insgesamt 35 200 kg auf die Waage. In Profilbreiten von 444, 555 und 668 mm und mit einem speziellen ­Dekorschliff ausgestattet, erzeugt die edle Profiloberfläche eine anmutige Erscheinung.

Insgesamt kamen drei verschiedene Spezialhalbschalen-Profiltypen als Doppelwellenbleche zum Einsatz. Alle Halbschalen wurden im Werk des beauftragten Fachbetriebs auf Aluminium-Grundbleche SSG-verklebt. Zur entsprechenden Logistik waren Spezialverpackungen bzw. die Stapelung mittels Schaumstoffzwischenlage herausfordernd.

Und noch etwas ist erwähnenswert: Über dem Haupteingang ist die Fassade bogenförmig eingeschnitten. Darüber befindet sich ein eingeschwungener Dachbereich, dessen Form an Zuschauerränge eines Amphitheaters in Rom erinnert. Mehr noch: Die Assoziation zum Kolosseum in Rom ist verblüffend und scheint vom Architekten bewusst intendiert worden zu sein. Doch was genau verbirgt sich hinter dieser beeindruckenden Gebäudehülle? Und welche Designidee steckt hinter diesem ­architektonischen Rätsel?

Messing-Geheimnis

Auftraggeber, Architekt und Fachbetrieb bleiben anonym – zahlreiche Details und die dahinterstehende Intention bleiben vorerst im Verborgenen. Ebenso hüllt sich über den Standort des Gebäudes der Mantel des Schweigens – nur so viel: Es wird gemutmaßt, dass sich im Inneren eine private Galerie befindet. Was, wenn dem tatsächlich so wäre … ?

Vermutlich befänden sich dann im Gebäudeinneren Exponate, deren Wert die Kosten der Fassadenkonstruktion um ein Vielfaches überschreiten würden. Tatsächlich berichten Insider von einer umfangreichen Kunstsammlung mit Fokus auf Fotografie und zeitgenössische Kunst. Das Gebäudeinnere soll dem Konzept eines „Art-Walks“ – also eines Kunstspaziergangs – folgen, der zum Flanieren durch den großzügig und offen konzipierten Kunstraum einlädt. Dabei können Besucher unterschiedliche Perspektiven auf einzelne Ausstellungen sowie auf die beeindruckende Architektur mit ihren organischen Formen im Innenbereich einnehmen. Ferner sollen auf dem „Art-Walk“ großformatige Werke von Mark Bradford, Rashid Johnson, Daido Moriyama, Andy Warhol sowie „Collaborations“ von Jean-Michel Basquiat/Andy Warhol, die formale und inhaltliche Verbindungen aufweisen, entdeckt werden können.

Arbeiten von Doug Aitken, Miles Aldridge, Elmgreen & Dragset, Hassan Hajjaj, Duane Hanson, Sylvie Fleury, Nick Knight, Helmut Newton, Stephanie Pfriender Stylander, Rankin, Julian Schnabel, Cindy Sherman und Emma Summerton sollen ebenfalls erlebbar sein.

Kolosseum auf dem Dach

Das Dach besteht aus brandschutztechnischen Gründen aus Beton. Auf der gesamten Betondachfläche des Rohbaus wurden zuerst ein Voranstrich und eine Bitumenschweißbahn mit Alueinlage als Dampfsperre aufgebracht. Die flach geneigten Hauptdachflächen erhielten im Gegensatz zum tiefer positionierten Theaterbereich eine bituminöse Abdichtung. Deren wasserführende Schicht besteht aus einer mit Grünschiefer bedeckten Bitumenbahn – Halterungen für Sekuranten und Sicherheitsstahlseile wurden sorgfältig eingedichtet.

Beim bereits erwähnten „Theater auf dem Dach“ wurde ein kompletter Dachstuhl aus gebogenen Leimhölzern errichtet. Darüber befindet sich eine segmentierte Holzschalung. Ihre unterschiedlichen Radien sind an die komplexe Geometrie angepasst. Der Zwischenraum wurde mit 300-mm-Steinwolle voll ausgedämmt – darüber wurde eine Holzschalung montiert. Weitere Herausforderungen waren mit dem Einbau eines großformatigen Oberlichtfensters verbunden. Zur Montage mussten die Dachhandwerker absolute Schwindelfreiheit unter Beweis stellen, denn der kreisrunde Durchbruch setzt sich in den darunterliegenden Stockwerken fort. Er lenkt Tageslicht wie in einem Lichthof bis in tief liegende Etagen.

Die konkav geformte Theater-Dachfläche sowie alle An- und Abschlüsse (Kabeldurchführungen, Befestigung des Dachstuhles, Einbindung der Oberlichter usw.) wurden mit Sarnafil-Dachfolie abgedichtet. Diese ungemein penible Aufgabenstellung wurde überaus akribisch ausgeführt.

Fassade Nummer 5

Der trichterförmige Dachbereich wurde mit bogenförmigen und in Linien aufeinandergeschichteten Metallprofilen bekleidet. Sie erstrecken sich vom leicht geneigten Bereich bis in die Senkrechte und bilden dabei die fünfte Fassade des Gebäudes. Die Form und Montageposition der aus einer Kupfer-Aluminium-Legierung hergestellten und begehbaren Profile erinnern dabei an ein frühgeschichtliches Amphitheater.

Enträtselnde Zusammenfassung?

Das rätselhafte Bauwerk ist ein Sinnbild für die Kreativität moderner Architektur und für das Können talentierter Dachhandwerker. Es zeigt darüber hinaus auch, welche faszinierenden Formen und Funktionen mit Metall realisierbar sind. Gleichzeitig weckt das Gebäude die Neugier und lädt zum Spekulieren ein. Aber was genau verbirgt sich hinter dieser einzigartigen Fassade? Die Antwort bleibt vorerst ein Geheimnis. Es könnte allerdings sein, dass BAUMETALL-Stammleser im ergänzenden Online-­Extra neben weiteren Abbildungen auch Web-Tipps finden, die die Spurensuche deutlich vereinfachen … 

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