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Goldzoll

Die wichtigsten Eigenschaften eines guten Krimis sind: Charakter, Identität, ein fesselnder Handlungsstrang sowie eine falsche Fährte. Dieser Spenglerkrimi macht dabei keine Ausnahme. Hauptdarsteller ist Kommissar Sporer alias Detlef Rheinwein, dessen Dezernat sich in der Münchner Rothmundstraße 6 befindet. Sein ­Gegenspieler ist kein Geringerer als Schurke Rost, der entgegen dem Volksmund nicht mit allen, sondern mit besonders alten Wassern gewaschen ist. Für aufmerksame BAUMETALL-Leser steigt die Spannung bereits an dieser Textstelle. Schließlich wissen sie, dass die genannte Adresse Standort der ­Ornament-Manufaktur Sporer ist. Zur Erinnerung: Die Lorenz Sporer Spenglerei und Bedachungen GmbH ist ein hochspeziali­sierter Fachbetrieb. Dort aus Kupfer oder Zink gefertigte Dach­ornamente, Dachspitzen oder Windfahnen sind weltweit bekannt und begehrt. Und so ist es für die erfahrenen Exporteure nichts Besonderes, sich mit Zollformalitäten zu befassen, es sei denn …

Nur neuneinhalb Kilometer bis zur Grenze

Kommissar Sporers Dezernat liegt 9,5 km nordöstlich vom Münchner Zollhaus in der Wolfratshauser Straße. Genau dort treibt Schurke Rost seit geraumer Zeit sein Unwesen. Nahezu unbemerkt nagt er an den Dachspitzen des historischen Gebäudes …

Stopp! Eine Zollstation in der bayerischen Landeshauptstadt? Ja, Sie haben richtig gelesen. Das Zollhaus liegt im Münchner Stadtteil Thalkirchen unmittelbar an der ­Grenze zwischen den Stadtteilen Thalkirchen und Solln. Mit der Eingemeindung Thalkirchens im Jahr 1900 verschob sich die Außengrenze der Stadt und somit die Linie, an der bei der Einfahrt nach München der sogenannte Pflasterzoll zu entrichten war. Dieser wurde jedoch keineswegs für die Verwendung von Heft- oder Verbandspflastern erhoben. Vielmehr verlangte die Stadt München Pflasterzoll als Gebühr zur Benutzung solider Straßen. Als sich die Stadtgrenze 1938 mit der Eingemeindung Sollns abermals verschob, wurde der Pflasterzoll abgeschafft.

Unbeeindruckt von der Schließung des Zollhauses nagte Schurke Rost jedoch munter weiter – zerfraß Dachspitzen und schwächte die Stabilität besonders seltener Speierstützen. Selbst die Umnutzung des alten Zollhauses in ein Wohnhaus sowie der Eintrag des Gebäudes in die Bayerische Denkmalliste konnten den Übeltäter nicht stoppen. Dingfest gemacht wurde er erst durch den beherzten Einsatz von Kommissar Sporer. Die Rettung wertvoller Bausubstanz sowie die Rehabilitation des Baudenkmals waren somit geglückt.

Fachfrauen und Fachmänner

Bei den Sporer-Spezialisten ist geballtes Fachwissen unter einem Dach vereint. Das vor über 130 Jahren gegründete Familienunternehmen wird heute von Caroline Sporer in vierter Generation geleitet. Detlef Rheinwein ist für die Abläufe in der Spenglerwerkstatt verantwortlich. Bei der Rettung des Zollhauses kümmerte er sich um die Rekonstruktionsarbeiten sämtlicher Bauteile sowie deren fachgerechte Montage. Besonders anspruchsvoll waren dabei die Ertüchtigung der verzierten Stahlstreben und Dachspitzen sowie das Vergolden eingearbeiteter Embleme und Kupferbauteile. Dabei wurden vor allem die Kunstschmiede-Elemente sehr sorgfältig überarbeitet. Die verzierten Stahlelemente und Speierstützen wurden entrostet, verzinkt, grundiert und schließlich lackiert. Zur Sicherstellung der Tragfähigkeit kamen in den verdeckten Bereichen teilweise Edelstahlprofilrohre zum Einsatz.

Drachenstarke Kupferspeier

Der originalgetreue Nachbau der stilisierten Drachenkopfspeier hatte es ebenfalls in sich. Die aus mehreren Bauteilen zusammengesetzten Einzelteile verfügen über verschiedene Sicken bzw. ins Material getriebene Vertiefungen. Der Zusammenbau erfolgte in Falz- und Löttechnik. Um Speier und Dachrinne statisch zu entlasten, befindet sich an der Speierunterseite eine zylindrische Aufnahmevorrichtung. Im Winter, dann wenn die Drachenköpfe kein Wasser, sondern Eiszapfen speien, macht diese Maßnahme besonders Sinn.

Weitere Baumaßnahmen waren der Austausch einer Kupferkugel in der Dachspitze, die Rekonstruktion geschwungener Rinnenkessel sowie die Bekleidung diverser Dachaufbauten und Podeste mit Kupfer.

Blattgold überm Münchner Kindl

Die zum glänzenden Abschluss mit hauchdünnem Blattgold vergoldeten Zierelemente sowie die Jahreszahl und die Kupferkugel akzentuieren die perfekten Arbeiten zusätzlich. Die vergoldeten Bauteile kommen zwischen den dunkelgrau lackierten Stahlelementen besonders gut zur Geltung. Betrachtet man die fertigen Arbeiten, könnte man meinen, das im Hauptgiebel des Zollhauses integrierte Münchner Kindl freue sich besonders darüber. Kommissar Sporer jedenfalls ist zufrieden. Er hat den Bösewicht hinter Gitter gebracht und hofft, dass es viele Jahre dauert, ehe sich Rost erneut den Weg in die Freiheit frisst.

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