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Geometrie trifft Spenglertechnik

Spitze(n)leistung

Wenn die Zufriedenheit des Kunden zu einem Folgeauftrag führt, hat der Handwerker alles richtig gemacht. Beim Bau der Bühnenüberdachung am Kulturzentrum im bayerischen Gundremmingen war dies so. Vorausgegangen war ein kleiner, aber feiner Fassadenauftrag: Am klinkerbekleideten Eingangsbereich des Gemeindezentrums von Gundremmingen wurde eine Umhausung für einen behindertengerechten Personenaufzug gebaut. Die Architekten suchten dazu nach einer Möglichkeit, die Fassade ansprechend und wartungsfrei auszubilden. Sie liebäugelten damit, das Fahrstuhlhaus mit einer Großrautenfassade aus Kupfer im wilden Verband zu bekleiden. Christoph Foag vom gleichnamigen Spengler-Fachbetrieb aus Hafenhofen wurde mit der Detailplanung beauftragt. Unterstützt wurde er dabei von KME-Fachberater Berthold Zürn. Die Planungsphase begann mit großem Eifer – heraus kam eine Fassadenlösung in Form einer Kupfer-Kassetten-Bekleidung zur Montage auf einer Unterkonstruktion aus Edelstahl. Um den Schallschutz zu optimieren und die Konstruktion zu stabilisieren, statteten die Foag-Spengler die Kassetten rückseitig mit aufgeklebten Aluminiumplatten aus. Das Ergebnis überzeugte auf ganzer Linie und führte ein halbes Jahr später zu einem wesentlich umfangreicheren Folgeauftrag. Einziger Wermutstropfen: Den Stromverteiler zur Steuerung des Aufzuges platzierte die ausführende Elektrofirma unmittelbar vor der schönen Kupferfassade.

Vordach mit Spitze

Längst vorbei sind die Zeiten, in denen ein Vordach oder eine Überdachung nur als Lagerbereich oder als Unterstand zum Schutz vor Witterungseinflüssen genutzt wird. Moderne Vordächer präsentieren sich mit ausgefallenen Formen. Ungewöhnlich gestaltet buhlen sie sogar im Internet um die Gunst der Kunden. Die Folge: Immer öfter bestellen Bauherren Vordächer in Internetportalen, Online-Vordach-Shops oder im Fabrikverkauf. Obwohl die Konkurrenz zu handwerklichen Lösungen von Metallbauern, Zimmerern und Klempnern spürbar zunimmt, waren vorgefertigte Systeme bei der Planung der Bühnenüberdachung des Kulturzentrums Gundremmingen niemals ein Thema – im Gegenteil. Wie bereits angedeutet erhielt Christoph Foag den Auftrag zur Bekleidung der Überdachung aufgrund seiner perfekten Leistung am gegenüberliegenden Aufzughaus. Als Spengler war er in der Lage, ausgefallene Kundenwünsche umzusetzen. Diese Eigenschaft war zum Bau des speziellen Daches unerlässlich. Ohnehin sollte die neue spitzförmige Bühnenüberdachung auf dem Dorfplatz in sichtbaren Bereichen (Decke, Ortgang und Pultfirst) in derselben Optik wie die Fassade des Aufzughauses erscheinen.

Details aus Kupfer

Aus statischen Gründen konnte der Deckenbereich nicht mit herkömmlichen Metallpaneelen oder Nut- und Federkassetten bekleidet werden. Nach längerem Abwägen verschiedener Ausführungsmöglichkeiten und weil der Untergrund ohnehin mit OSB-Platten versehen war, entschieden sich die Verantwortlichen für eine direkte Verschraubung der Kupferelemente in den Schattenfugen. Die Verbindung der Ortgang-Elemente erfolgte dagegen mit negativ geformten Schiebeleisten aus Kupfer. Diese Vorgehensweise war erforderlich, um dem stärkeren Witterungseinfluss in diesem Bereich entgegenzuwirken. Eine weitere Herausforderung stellten die zahlreichen Einbauöffnungen für die Beleuchtung dar. Bedingt durch den wilden Flächenverband der Kupferelemente sowie die eigentümliche Bauform der Überdachung wurden die Leuchtkörper teilweise in den Kassetten der Bekleidung sowie in deren Fugenbereichen angeordnet. Der mit Industriekleber vollflächig verklebte Hartschaumplattenkern der Kupferkassetten machte dies jedoch problemlos möglich.

Spannend ist auch das statische Konzept des Bühnendaches: Das gesamte Gewicht der frei stehenden Konstruktion hängt an einem überdimensionalen U-förmigen Stahlträger. Die Aufhängungsvorrichtung durchdringt das Bitumendach, welches an den Durchdringungspunkten gewissenhaft angeschlossen wurde. Die Entwässerung der bituminös abgedichteten Dachfläche erfolgt über eine ebenfalls aus Kupfer hergestellte kastenförmige Rinne. Zur Entlastung der Statik wurde diese Dachrinne jedoch nicht an der Dachkonstruktion, sondern am angrenzenden Gebäude befestigt. Das Traufprofil der Bitumenbedachung taucht berührungslos in die Kastenrinne ein – die Beweglichkeit der Konstruktion bleibt erhalten.

Klempner auf die Bühne

Nicht weniger interessante Konstruk­tionsdetails aus Klempnerhand optimierten die Bühnentechnik. So sorgen beispielsweise zwei spezielle Aufhängungen an den Randbereichen der Dachkonstruktion für Professionalität bei der Nutzung der Bühne. An diesen Bereichen können unterschiedliche Beschallungs- und Lichtanlagen befestigt werden. Da jedoch jeder Künstler seine individuell abgestimmte Bühnentechnik einsetzt, konnte die Verkabelung zu diesen Aufhängungen nicht fest installiert werden. Die Lösung: Ein durchgehendes Kupferrohr mit 150 mm Durchmesser samt dazugehörenden Rohrbögen erlaubt den verschiedenen Musikgruppen ihre individuelle Technik einzusetzen. Dazu werden die entsprechenden Versorgungskabel einfach durch das großzügig bemessene Rohr eingeschoben. Weiteres Ausstattungsmerkmal ist die kaum wahrnehmbare Kupferabdeckung am Elektro-Verteilerkasten.

Fazit

Die aufwendige Bekleidung der ungewöhnlich geformten Überdachung konnte dank Spenglertechnik in perfekter Weise umgesetzt werden. Sogar an den spitzwinkligen Bereichen stellten die Spengler des Fachbetriebs Foag perfekte Anschlussdetails her – eine Leistung, die mit vorgefertigten Systemen nicht machbar gewesen wäre. Auch die Berücksichtigung sehr spezieller Bedürfnisse, etwa die Möglichkeit Kabeltrassen verdeckt zu verlegen, zeichnet diese Arbeit aus. Rekordverdächtig ist auch das Montagetempo. Da sich die Vorleistungen terminlich mehrmals verzögerten, der Einweihungstermin jedoch schon lange feststand, montierten die motivierten Spengler die Kupferelemente in gerade einmal fünf Tagen. Der Trick: Sie fertigten die Einzelteile in der Werkstatt an, was aufgrund der guten Zusammenarbeit mit dem Planungsbüro einwandfrei funktionierte. Dazu Christoph Foag: „Hier zeigt sich wieder, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen Planern, Materialherstellern und Handwerkern das wichtigste Kriterium für ein gutes Gelingen ist.““

AUTOR: Andreas Buck

BAUTAFEL

Bauherr: Gemeinde Gundremmingen

Architektur: Ingenieurbüro Degen und ­Partner, Daniel Lanzendörfer

Fachbetrieb: Foag GmbH, Bauspenglerei-Dachdeckerei, Hafenhofen

Material: Tecu-Kupfer, 0,7 mm (Vordach) und 0,8 mm (Aufzughaus)

Beratung: KME Germany AG & Co. KG, Berthold Zürn und Josef Peter Münch

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