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Europäische Klempner auf der Suche nach dem Glück

Abenteuer Australien

Australische Bauherren finden nicht immer entsprechend qualifizierte Fachbetriebe. Im Gegenteil: In Sydney, Melbourne, Brisbane oder an anderer Stelle ist es immer Dasselbe – die australischen Fachbetriebe leiden ständig unter Fachpersonalmangel. Das geht sogar so weit, dass in Europa beauftragte Headhunter händeringend reisewillige Klempner suchen und finden. Die oftmals direkt an den Meisterschulen angeworben jungen Klempner starten nicht selten bereits wenige Tage nach der Prüfung in einen spannenden und teilweise turbulenten Lebensabschnitt.

Das Abenteuer beginnt

Ganz ähnlich erging es Norman Kahl* aus Thüringen oder Anke Brinkmann** aus dem Rheinland und Daniel Wohlgemuth aus dem Schweizer Kanton Bern. Sie alle suchten und fanden Ihr Glück in Down Under. Der Eine zeitbegrenzt, die Andere im zweiten Anlauf und der Dritte scheint das Glück sogar dauerhaft gepachtet zu haben. Daniel Wohlgemuth begann sein persönliches Auslandsabenteuer vor etwa sechs Jahren als Spengler in Neuseeland. Im April 2009 veränderte der Schweizer Spengler sein berufliches Umfeld erneut. Heute lebt er mit Frau und Kindern in der Nähe von Brisbane und ist Projektmanager beim gut 14 Mann starken Fachbetrieb ZC-Technical p/l in Nundah. Der Vollblutspengler macht kein Geheimnis aus seiner Liebe zur Metallverarbeitung. Er schätzt es, wenn sich Bauherren über seine Kupfer-Stehfalzdächer freuen oder stolz sind, auf die von ihm mit Titanzink bekleideten Fassaden. Entsprechend beein­druckend ist die Referenzliste von ZC-Technical. Ob am Großprojekt oder am gehobenen Wochenendhaus – in gewohnter Weise verarbeitet Daniel Wohlgemuth mit seinen Kollegen alle gängigen Baumetalle. Dabei setzen sie vorwiegend aus Europa stammende Werkzeuge und Maschinen ein. Und weil in einem innovativen Umfeld Stillstand nicht erwünscht ist, machen sich Daniel Wohlgemuth und sein Arbeitgeber Simon Johanson ständig Gedanken darüber, wie sie sich noch deutlicher von gewöhnlichen australischen Roof Plumbern unterscheiden können.

Weltweite Kontakte

„Dazu gehört selbstverständlich immer wieder der fachliche Blick nach Europa“ versichert der Wahlaustralier aus der Schweiz, der übrigens auch die deutsche Klempnerszene sehr gut kennt. „Neben deutscher Fachlektüre sind direkte Kontakte mehr als wichtig“, betont er. Es wundert also nicht, dass Daniel Wohlgemuth in regelmäßigen Abständen den weiten Weg in die Schweiz und nach Deutschland auf sich nimmt um Werkzeuge und Maschinen einzukaufen – unter Anderem beim Klempnerausstatter René Engelhardt. Zuletzt besuchte er den in Münchingen bei Stuttgart ansässigen Spezialisten im Januar 2010, wobei der Einkauf etwas größer ausfiel als sonst. Neben diversen Handwerkzeugen packte er eine große blaue Schlebach-Profiliermaschine in den Einkaufscontainer. „Unsere mit drei Kassettensätzen ausgestattete neue Quadro profiliert Sofit-Paneele, den 25-er Standing Steam (Winkelfalz) sowie den Snapfalz mit und ohne Nailstrip***. Zudem verfügt die Quadro über eine vorgeschaltete Ausklinkeinheit vom Typ AK-Quad.

Auf die Frage, ob solche Maschinen auch direkt in Australien verfügbar sind antwortet Wohlgemuth: „Das schon, doch alleine die Qualität der Schulung bei René ist es Wert, den weiten Weg nach Europa auf sich zu nehmen. Man merkt, dass René große Erfahrung mit dieser Maschine hat. Ich habe die Maschine mehrfach unter Anleitung auf die verschiedenen Profile einstellen müssen. So habe ich bereits im Vorfeld die Kenntnisse, was zu tun ist, wenn Korrekturen an der Profileinstellung vorgenommen werden müssen. Bedingt durch den relativ begrenzten Markt an Fachverlegern gibt es in Australien leider keinen Betrieb, der derart spezialisiert und umfassend für uns Metalroofer da ist. Aber der Weg nach Münchingen lohnt sich !“ Schließlich ist es mehr als ärgerlich, wenn wir in Down Under irgendwann vor einem Problem stehen und dann Ewigkeiten auf Hilfe warten müssen. Da ist es doch besser, jedes Teil der Ausrüstung aus dem ff zu kennen, oder sich die Funktionsweise genau erklären zu lassen.“

Australische Klempnerwelt

Offensichtlich ist gutes Fachpersonal überall Mangelware, auch in Australien. Wie sieht dort die Ausbildung aus?

Daniel Wohlgemuth: Die schulische Ausbildung lässt zu wünschen übrig, denn Roof Plumber können weder löten noch falzen. Sie verarbeiten mit Vorliebe Colorbond. Das sind farbbeschichtete Stahlblechprofile die auf den meisten flach geneigten Dächern Australiens eingesetzt werden. Übrigens montieren nur wenige Betriebe diese Profile nach europäischen Vorstellungen.

* siehe Seite 28, ** siehe Seite 24 in vorliegender Ausgabe

*** Als Nailstrip werden speziell zur Direktbefestigung mit Langlöchern versehene Profilränder bezeichnet, die üblicherweise benötigte Hafte überflüssig machen

Daniel Wohlgemuth

BAUTAFEL

Projekt: Private Residence, Mosman Park, WA

Material: Kupfer

System: Winkelstehfalz

BAUTAFEL

Projekt: Wohnhaus, New Farm, Brisbane

Material: VM-Zinc Quartz

System: Schindeln, 300 x 300 mm

INFO

Gibt es einen deutlichen Architekturtrend?

In unserer Region um Brisbane wird viel Titanzink mit unterschiedlichsten Oberflächen verarbeitet. Unser Jahresdurchschnitt liegt bei etwa 70 t Zink, wobei walzblankes Material so gut wie nie eingesetzt wird.

INFO

Wo unterscheidet sich australische Klempnertechnik am deutlichsten von der in Europa?

Anscheinend gibt es in Australien keine Bauphysik, oder sie wird schlichtweg ignoriert. Isolierungen und Dampfsperren sind selten, belüftete Konstruktion weitest­gehend unbekannt. Schade ist auch, dass Metalle wie Aluminium oder Edelstahl ­äußerst selten eingesetzt werden.

Der größte Unterschied liegt jedoch in der Arbeitsweise selbst. Hier muss man als Klempner selbstständig arbeiten und Aufmaße erstellen können. Auch das Klima und der ständige Termindruck sollten nicht unterschätzt werden. Ich habe schon ­einige Kollegen enttäuscht wieder nach Europa fliegen sehen, weil sie mit den ­örtlichen ­Bedingungen nicht zurecht kamen. Wer sich durchbeisst möchte das Klempnerleben in Down Under nicht mehr missen, zumal viele Baustellen eine ­herrliche Aussicht auf den Pazifik oder in australische Landschaften bieten.

INFO

Working Holiday Visum* für Australien

Für Staatsbürger der am Programm teilnehmenden Länder.

Für Personen zwischen 18 bis einschließlich 30 Jahre bei Beantragung. Der Hauptbeweggrund der Reise muss ein Australienurlaub sein. Es darf nicht länger als sechs Monate je Arbeitgeber gearbeitet werden. Die Teilnahme an Studium, Ausbildung oder Praktikum darf 4 Monate nicht überschreiten.

Ausreichend finanzielle Mittel sind Voraussetzung.

http://australien-info.com/

*Das WHM-Visum wird auch ausgestellt, wenn man bereits in Down Under unterwegs ist. Es kann jedoch nur einmal im Leben beantragt werden.

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