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... die Klempner des Fachbetriebs Klaus Wendt, wie sie die schwierigen Anschlüsse an der rekonstruierten Turmkons­truk­tion des historischen Stadtbades in Leipzig herstellen können.

Turmhoch überlegen...

Zeitreise

In nur drei Jahren Bauzeit entsteht in der Nähe des Leipziger Hauptbahnhofes das dreiflügelige Leipziger Stadtbad. Das nach Plänen des Leipziger Architekten und Stadtbaurats Otto Wilhelm Scharenberg erbaute Ensemble wird 1916 eingeweiht und zählt zu den bedeutendsten Jugendstil-Bauten seiner Art in Europa. Das Stadtbad bietet den Badegästen neben prächtigen Säulen, filigranen Goldverzierungen und dekorativen Wandmosaiken vor allem hochmoderne Badetechnik. Als weltweit erstes Hallenbad verfügt es über eine Wellenanlage, welche bis zu 1 m hohe Wellen erzeugt. Im zweiten Weltkrieg wird der Turm des Stadtbades zerstört und nicht wieder aufgebaut. In den 1980er-Jahren erfolgt die umfangreiche Rekonstruk­tion der inzwischen denkmalgeschützten orientalischen Damensauna, dennoch verschlechtert sich die Bausubstanz des monumentalen Prunkbaus von Jahr zu Jahr. Der Putz beginnt abermals zu bröckeln und auch das Dach des Badehauses gerät zunehmend aus den Fugen. Wegen des schlechten baulichen Zustands wird das architektonische Denkmal 2004 geschlossen. Es droht in Vergessenheit zu geraten. Mit dem Ziel, das historische Bauwerk zu sanieren und einen Ort zu schaffen, der die Stadt kulturell und sportlich bereichert, wird die Förderstiftung „Leipziger Stadtbad“ gegründet. Bis zum Jahr 2016 will sie das älteste Leipziger Hallenbad wieder eröffnen. Das architektonische Denkmal feiert dann seinen 100. Geburtstag.

Klempner als Denkmalpfleger

Im Herbst des vergangenen Jahres bekam das Leipziger Stadtbad nach mehr als sechs Jahrzehnten einen neuen Turm aufgesetzt. Vor zahlreichen Schaulustigen wurde das insgesamt 20 Tonnen schwere Gebilde aus Stahl und Holz per Autokran auf das Dach des Hallenbades gehievt und montiert. Auch für Bauleiter Matthias Pilarski und Klempnermeister Klaus Wendt war der Tag der Turmhebung eine besondere Angelegenheit. Überhaupt entpuppten sich die Turmhebung sowie die Eindeckung des Turmes zu regelrechten Medienereignissen. Die Klempner des Fachbetriebes Wendt standen bei der Verarbeitung der nahezu zweieinhalb Tonnen Kupfer unter besonderer Beobachtung. Von Zeit zu Zeit kletterten die Reporter der Lokalpresse auf den Turm, um den besten Augenblick für das finale Schlussfoto nicht zu verpassen. Am 04. April 2011 war es soweit. In der Leipziger Volkszeitung war zu lesen, dass die Kuppel nach über 60 Jahren wieder auf dem Stadtbad „thront“ und dass die Spezialisten Bernd Rausch und Klaus Wendt das schmuckvolle Kupferkorsett in 30 m Höhe angepasst haben. Respekt!

Startschuss für die Klempner

Die KME Germany AG & Co. KG aus Osnabrück stellt bekanntlich zahlreiche Kupferprodukte her. Zur Bekleidung des Stadtbadturmes kam die walzblanke Variante des rot schimmernden Metalls mit der Bezeichnung Tecu-Classic zum Einsatz. Doch allein die Lieferung entsprechender Tafeln und Bänder garantiert keine professionelle Ausführung anspruchsvoller Klempnerarbeiten. Die benötigten Bauteile und Kupferelemente entstehen vielmehr beim Aufmaß, der Anfertigung sowie der Montage durch den Fachmann. Zur perfekten Rekonstruktion des Stadtbadturmes waren neben den Klempnerarbeiten auch ein komplexer Stahlbau sowie entsprechend aufwendige Zimmerer-Leistungen gefordert. Der Gesamtauftrag ging an die Dafa Bau GmbH, welche zunächst die Klempnerarbeiten am Unterbau des Turmes und später die kompletten Kupferleistungen an den Fachbetrieb Wendt vergab. Im November 2010 begannen die Klempner mit ihrer Arbeit, doch bereits nach drei Arbeitstagen wurde das Gerüst vom Statiker gesperrt. Der Grund: Es gab Bedenken, dass der Dachstuhl das Gewicht des Baugerüstes nicht tragen würde. Die eigentlichen Klempnerarbeiten begannen somit erst nach weiteren acht Wochen. Bei winterlicher Witterung montierte Klaus Wendt mit seinem Team, zudem auch die Berufskollegen Volker Johannes und Jörg Schramm zählten, zunächst alle Bekleidungselemente am Unterbau des Turmes. Es folgten die Auftragserweiterungen für den Mittelbau und für die Arbeiten an der Dachhaube. Der Gesamtaufwand für die Kupferbekleidung betrug etwa 1105 Stunden.

Details in luftiger Höhe

Zunächst wurde am Unterbau ein Steckprofil zum Einhang der senkrechten Scharen angebracht. Entsprechende Schichtstücke konnten somit, nach dem Abbau des Gerüstes, zur Anpassung der Biberschwanz-Ziegeleindeckung des Hauptdaches sicher angeschlossen werden. Die Kupferbekleidung des Turmunterbaus besteht aus acht breiten und acht schmalen, jeweils von Pilastern begrenzten Segmenten. Auf der durchlaufenden Deckung der breiten Bereiche montierten die Klempner abgestufte Zierteile – auf den Pilastern fanden insgesamt 64 kleinere Zierelemente Platz. Die kleinen Zierteile bestehen aus 0,8-mm-Kupfer und wurden auf einer Segment-Abkantbank vorgefertigt. Zur Montage der 230 x 300 x 30 mm messenden Elemente befestigten die Klempner zunächst Kupfer-Winkelprofile auf die Pilasterbekleidung – die schachtelförmigen Verzierungen schoben sie einfach darüber und fixierten diese mit geeigneter Nietung. Die 1080 x 1350 x 115 mm großen Elemente mussten zur verwindungsfreien Befestigung an die Wölbung des Turmradius angepasst und entsprechend ausgesteift werden. Auch diese Bauteile wurden vernietet und mit einer geeigneten 1,0-mm-Edelstahlwinkel-Unterkonstruktion befestigt.

Die Bekleidung des Mittelbaus stellte sich als recht schwierig heraus. Grund dafür waren die unterschiedlichen Radien der ovalen Turmform, die mit den konkav verlaufenden Flächen in Verbindung gebracht werden mussten. Um die komplexe Turmgeometrie in den Griff zu bekommen, setzten die Klempner unterschiedlich breite Scharen ein. Eine weitere Herausforderung brachte die Bedachung der Tonnengauben mit sich. Die Tonnendächer erhielten vorderseitig einen Wulst und an der Anschlussseite eine angelötete Kehle. Diese Aufgabe war zwar relativ unspektakulär, aber sehr zeitraubend.

Krönender Abschluss

Die fast 60 m2 große Turmhaube besteht aus 36 Sparrenfeldern. Diese sind am Traufbereich zwischen 450 und 750 mm breit. Die Eindeckung erfolgte in einer Tafeldeckung. Die 161 erforderlichen Einzelteile wurden schabloniert, geschnitten, aufgestellt, gestreckt beziehungsweise gestaucht und doppelt gefalzt. Den oberen Abschluss bildet ein Oval mit 600 x 800 mm, an dem die Falze mit 50 bis 70 mm Abstand stehend einlaufen. Dieses Oval wurde zunächst mit einem Deckel versehen, die auf einem 180-mm-Dunstrohr aufgesetzte Kupferhaube markiert den höchsten Punkt des Turmes.

Nach mehr als 60 Jahren glänzt der 13m hohe, mit Kupfer bekleidete Turm wieder auf dem Leipziger Stadtbad. Die aus Stahl und Holz hergestellte Neukonstruktion ist eine originalgetreue Nachbildung. Unter dem glänzenden Kupferkorsett verbergen sich 8,6 t Stahl und 11 t Holz. Der neue Turm thront in über 30 m Höhe auf dem sanierten Dach der ehemaligen Badeanstalt und zeugt von einer perfekten Handwerksleistung.

klaus wendt und andreas buck

Hintergrund

Das Leipziger Stadtbad beherbergt zwei Schwimmhallen, zwei Saunen (eine davon im orientalischen Stil, siehe Foto), ein großes Foyer mit Zugang zu einem Restaurant, eine Etage für Gesundheitsanwendungen sowie ein Kellergeschoss, welches ursprünglich der Bereitstellung von öffentlichen Badewannen diente. Das Ensemble zählt zu den bedeutendsten Jugendstil-Bauten seiner Art in Europa und war bis 2004 in Betrieb. Seither kümmert sich die von den Kommunalen Wasserwerken Leipzig ins Leben gerufene Förderstiftung „Leipziger Stadtbad“ um die Sanierung und nutzt das Gebäude zwischenzeitlich als Veranstaltungsort. Ziel ist es, einen Ort zu schaffen, der die Stadt kulturell und sportlich bereichert. Auch Sie können sich engagieren. Helfen Sie mit, dem denkmalgeschützten Stadtbad wieder Leben einzuhauchen. Wie, erfahren Sie auf:

https://www.herz-leipzig.de/

BAUTAFEL

Planungsbüro: Fuchshuber und Partner, Leipzig

Zimmerei und Stahlbau: Dafa Bau GmbH, Leipzig,

Klempnerarbeiten: Klempnerei-Wendt, Leipzig (Klempnermeister Klaus Wendt, Geselle Bernd Rausch und die Berufskollegen Volker ­Johannes und Jörg Schramm

Material: KME Tecu-Classic

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