Das Strandhaus
Nicht immer ist alles echt, was Architekturfotografien zeigen. Manipulierte Architekturbilder werden beispielsweise genutzt, um Bauleistungen in einem besseren Licht darzustellen. Durch Retusche oder KI-Manipulation können Farben, Lichtverhältnisse oder Details eines Gebäudes verändert werden. Dadurch erscheint das abgebildete Gebäude harmonischer, moderner oder größer, als es tatsächlich ist. Eine weitere Möglichkeit der Bildbearbeitung ist das Entfernen unschöner Kratzer, Verschmutzungen, Fingerabdrücke, Beulen oder Materialverspannungen an Metalloberflächen. Vor allem ungeübte Betrachter haben große Mühe, manipulierte Fotos als solche zu erkennen. Folgender Hinweis ist somit sehr wichtig: Alle hier gezeigten Foto sind echt! Das betrifft die Darstellung der perfekt gestalteten Gebäudehülle aus Titanzink ebenso wie die Fotos der Metalldächer aus farbbeschichtetem Aluminium. Und auch die Traumlage des Projekts unmittelbar am Strand entspricht der Wirklichkeit, aber der Reihe nach …
Spenglerprojekt Sunshine
Coolum Beach ist ein Küstenort an der Sunshine Coast in Queensland, Australien. Er ist bekannt für seinen Sandstrand, den Mount-Coolum-Nationalpark und die Nähe zur Großstadt Brisbane, die etwa 120 km entfernt ist. Mitten in diesem traumhaften Umfeld wurde unlängst ein Gebäude fertiggestellt, dessen detailverliebte Gebäudehülle aus Metall in Fachkreisen sicherlich für großes Aufsehen sorgen wird. Mit der Planung wurden die Architekten von Sparks Architects beauftragt. Sie verfolgen das Ziel, Bauherrenwünsche mit Architektenvisionen zu verschmelzen. Das Team aus der 6 km weiter nördlich gelegenen Küstenstadt Peregian Beach glaubt, dass Gebäude, die ein Gleichgewicht zwischen der natürlichen und der gebauten Umwelt schaffen, Räume ermöglichen, die uns leiten, beleben, ausruhen, verführen und inspirieren. Doch wie so oft treffen ausgefallene Architekturvisionen auch Down Under regelmäßig auf den harten Handwerkeralltag oder anders formuliert: Besondere Planungsideen sind nur so gut wie die Handwerker, die sie letztlich umsetzen. Dass Fachbetriebsinhaber Nick Ions und Spenglerpolier René Stüssi gemeinsam mit dem Spezialistenteam der Ionclad Pty Ltd besonders gefordert waren, kommt somit nicht wirklich überraschend.
Nahtloser Übergang von der Wand ins Dach
Eine große Herausforderung bei Anfertigung und Montage der Metall-Gebäudehülle stellte die Fassadenbekleidung dar. Der Vorstellung der Architekten entsprechend sollten sich die aus Titanzink der Marke El Zinc angefertigten und vertikal montierten Falzscharen wie nahtlose Bänder über die gesamte Gebäudehöhe spannen. Um dieser Anforderung gerecht zu werden, fertigte das Spenglerteam Scharen in entsprechender Länge an. Das Besondere: Jede einzelne Titanzinkschar ist am oberen Fassadenabschluss mit einem rund gebogenen 600-mm-Radius ausgestattet und greift somit übergangslos in das Dach bzw. die dort positionierte Einbaurinne ein.
Die unterschiedlichen Dachflächen am Projekt weisen jedoch verschiedene Dachschrägen auf. Bei den mit 4° und 5° leicht geneigten Dachschrägen konnte die am bogenförmigen Abschluss schräg verlaufende Falzrichtung der Fassadenscharen mit der Schlebach Rundbogenmaschine RBM ausgeführt werden. Je nach Maschinentyp ist die RBM für unterschiedliche Falzhöhen einsetzbar. Sie eignet sich perfekt zum konvexen Biegen vorprofilierter Stehfalzscharen für Dachgauben, Rundbögen, Kuppeln oder Tonnendächer. Beim Rundbiegevorgang kann die Druckeinstellung der RBM motorisch bzw. manuell eingestellt werden. Einzeln angetriebene Biegeeinheiten für den über- und unterdeckenden Falz, die regulierbare Arbeitsgeschwindigkeit sowie weitere Einstellungsmöglichkeiten erlauben sogar das Biegen leicht schräg verlaufender Falze bzw. einer dementsprechend großen Anzahl verschiedener Formen.
Handmade by Stüssi
Wenn maschinelle Unterstützung an Grenzen stößt, sind Expertise und Ideenreichtum gefragt. Ganz konkret war dies auch beim Rundbiegen zahlreicher Fassadenscharen erforderlich, und zwar dort, wo diese in stärker geneigte Dachflächen eingebunden werden mussten. Zum Anschluss an die rund 18° schrägen Dachflächen wurden die Scharen zunächst passgenau abgewickelt. Dann wurden Zuschnitte von Hand ausgeschnitten und die Falzaufkantungen mit einem Eckold und anderen manuellen Handbiegewerkzeugen fabriziert. René Stüssi erinnert sich: „Die fertigen Falze mussten unbedingt vertikal von der Wand zum Dach verlaufen. Um das zu erreichen, haben wir die Scharen dort, wo die Rundung beginnt, im flachen, ungebogenen Zustand bananenförmig ausgeschnitten. Damit speziell an den kurvenartigen Zuschnitten eine möglichst genaue Passform entstand, haben wir zum Anzeichnen exakt ausgestanzte Schablonen eingesetzt.“
Die Werkzeuge
Klassische Spengler-Handwerkzeuge kamen bei diesem Projekt ebenso zum Einsatz wie Eckold-Handformer oder die als kleinste Abkantbank der Welt bekannten Bender von Wuko. Die effektiven Eckold-Handformer sind vielseitige und leistungsstarke Werkzeuge und werden zum Umformen von Blechen und Profilen ohne Wärmeeinwirkung verwendet. Sie ermöglichen präzises, leises und spanloses Arbeiten. Die Handformer sind in verschiedenen Varianten erhältlich und lassen sich an die jeweiligen Anforderungen anpassen. So können sie für verschiedene Anwendungsbereiche eingesetzt werden, wie etwa zum Strecken und Stauchen unterschiedlicher Falzaufkantungen. Die Handzange HZ 52 eignet sich besonders gut für unterschiedliche Anpass- und Korrekturarbeiten auf der Baustelle. Mit der mobilen Zange können Bleche und Profile bis 1,0 mm bei Stahl oder 1,5 mm bei Aluminium sowohl gestreckt als auch gestaucht werden.
Die raffinierten Bender von Wuko sind leicht und leistungsstark. Sie eignen sich je nach Ausführung, um Aufkantungen von 0 bis 180° zu biegen, zur Herstellung von Sicken und Versteifungen oder zum Absetzen. Der Wuko-Mini-Über-Bender 6050 eignet sich zum Beispiel perfekt, um Innen- und Außenradien zu bearbeiten. Seine schräg gestellte Biegescheibe schafft Aufkantungen bis zu 100°. Zwei Anschlag- und zwei Stützrollen sorgen dabei für die nötige Stabilität und erleichtern somit den Biegeprozess. Darüber hinaus unterstützt eine Zentimeterskala präzises Arbeiten. Das materialschonend anwendbare Werkzeug ist – übrigens auch bei der kratzfreien Bearbeitung heikler, farbbeschichteter oder rückfedernder Metalle – eine ideale Lösung.
Unterkonstruktion
Der Unterbau der Metallbekleidung war ein weiterer wichtiger Konstruktionsbestandteil. Die komplexe Unterkonstruktion dient als Träger für die spätere Eindeckung und sorgt für Stabilität. Sie besteht aus Sparren, Dreischichtplatten und einer darüber liegenden dampfdurchlässigen Unterspannbahn. Zunächst wurden die teilweise rund geformten Holzsparren als tragende und formgebende Elemente exakt ausgerichtet und montiert. Die darauf befestigten Dreischichtplatten sowie die darüber angebrachte Unterspannbahn bilden die Montageebene für die Dach- und Fassadeneindeckung.
Wünsche werden wahr
Von Beginn an war klar: Es sollte ein großes Haus werden – sowohl was die Grundfläche als auch die Raumhöhe im Inneren anbelangt, erinnert sich Nick Ions: „Der Wunsch der Bauherren, eine allgemeine Deckenhöhe von 3 m zu realisieren und das Gebäude dennoch bestmöglich in das Umfeld zu integrieren, war anspruchsvoll. In Zusammenarbeit mit den ideenreichen Architekten wurde eine Bauform entwickelt, die entfernt an eine Muschel erinnert. Durch die abgerundeten Ecken entsteht ein harmonisches, natürlich wirkendes Gesamtbild.“
Eine weitere Herausforderung war mit der Auswahl haltbarer Materialien verbunden. Aufgrund der direkten Strandlage mussten alle eingesetzten Baustoffe äußerst langlebig und entsprechend wartungsarm sein. Titanzink und Farbaluminium eignen sich perfekt. Beide Metalle gehören zu den Materialien, die organisch geformt werden können und darüber hinaus mit einer hohen Haltbarkeit überzeugen.
Der Fachbetrieb
Ionclad ist ein Unternehmen für maßgeschneiderte architektonische Bedachungen und Fassadenbekleidungen. Das Unternehmen ist im australischen Küstenort Coolum Beach an der Sunshine Coast im australischen Bundesstaat Queensland ansässig. Das Team von Ionclad ist auf den Einsatz hochwertiger Metalle und sorgfältig konstruierter Systeme spezialisiert. Um einzigartige Gebäudehüllen herzustellen, die selbst extremsten Witterungseinflüssen standhalten, werden bei Ionclad traditionelle europäische Methoden mit zeitgenössischen Einflüssen kombiniert.
Die Vision von Ionclad begann in der Schweiz, wo Gründer und Geschäftsführer Nick Ions seine Leidenschaft für das traditionelle und einzigartige Handwerk der spezialisierten Dach- und Fassadensysteme in einem Fachbetrieb in Arth-Goldau entwickelte. Inspiriert von jahrelanger Elite-Handwerkskunst in der Spenglerbranche, versucht er seit 2020 gemeinsam mit Spenglerpolier René Stüssi, eine Nische auf dem australischen Markt zu füllen. Oberste Prämisse ist es, traditionsreiche Handwerkskunst mit auf Langlebigkeit getesteten Systemen sowie modernem architektonischem Design zu verschmelzen.
Drei Jahre nach der Firmengründung zählt Ionclad zu den Branchenführern der Region. Der Schwerpunkt des Unternehmens umfasst das Entwerfen, Herstellen und Bauen komplexer und innovativer Projekte an der Ostküste Australiens. Dazu Projektleiter René Stüssi: „Unsere Vision ist es, einzigartige Lösungen für jedes einzelne Projekt zu entwickeln und dabei ein Höchstmaß an Handwerkskunst zu wahren. Wir arbeiten mit Architekten, Bauherren und Partnern von der Planung bis zum letzten Schliff zusammen. So stellen wir sicher, dass die kollektive Vision respektiert und auf die bestmögliche Weise umgesetzt wird. Wir sind stolz auf unsere Perspektiven und Möglichkeiten rund um die Realisierung anspruchsvoller Dach- und Fassadensysteme. Übrigens: Wer unser Team für einen begrenzten oder längeren Zeitraum unterstützen möchte, ist herzlich willkommen.“
Fazit
Das hier vorgestellte Bauvorhaben ist zweifelsfrei ein Glanzstück zeitgemäßer Spenglertechnik. Es wird von den Baustoffen Titanzink, Glas und Holz dominiert und verbindet dabei eine gewagte Architektursprache mit ausgefallenen Bauherrenwünschen. Dank langjähriger Erfahrung der ausführenden Spengler sowie der eingesetzten hervorragenden Materialien wurde eine innovative Architekturidee zur vollsten Zufriedenheit aller Beteiligten realisiert. 
Bautafel
Projekt: Neubau eines Wohnhauses Sunshine Coast, Queensland, Australien
Architektur: Sparks Architects Peregian Beach, Queensland, Australien
www.sparksarchitects.com
Bauunternehmer: Valdal Projects Toowoomba, Queensland, Australien
www.valdalprojects.com.au
Fachbetrieb: Ionclad Pty Ltd Coolum Beach, Queensland, Australien
www.ionclad.com.au
Dach: Farbbeschichtetes Aluminium der Marke Prefa
Fassaden: Vorbewittertes Titanzink der Marke El Zinc
Gesamtfläche: Dach + Wandbekleidung ca. 680 m²
Fotos: Alyne Media, www.alynemedia.com.au