Kalter Wind bläst uns ins Gesicht, als wir auf die ca. 60 m hohe Aussichtsplattform des Museumsturmes am Deutschen Museum in München treten. Die Fernsicht ist perfekt, aber für uns unbedeutend. Im Fokus unseres Interesses steht einzig und allein das neue Kupferdach des ehrwürdigen Ausstellungsgebäudes. Die rund 25m unter uns liegende, rotglänzende Dachlandschaft gleicht einem Meer im Morgenlicht – die in regelmäßigen Abständen platzierten Oberlichter den weißen Segeln einer darauf schwimmenden Armada. Der Blick auf das mit zahlreichen Anschlüssen an diverse Dachaufbauten und -durchdringungen versehene Kupferdach weckt meine Neugierde. Ohnehin bietet sich die Chance auf ein Fachgespräch über den Dächern von München nicht alle Tage und so beginne ich damit, meinen Wissensdurst zu stillen, indem ich meinen Begleitern Konrad Straßl, Peter Leonard und Josef Peter Münch eine Frage nach der anderen stelle …
Rotglänzendes Kupfer soweit das Auge reicht
Kupfer ist als Bedachungsmaterial bekannt dafür, mehrere Generationen zu überdauern. Das erste Kupferdach des Deutschen Museums wurde fast 100 Jahre alt und es war zum Zeitpunkt der Demontage noch immer voll funktionsfähig. Ungewöhnlich dabei war, dass das nicht belüftete Dach seinerzeit direkt auf einer Tragschale aus Beton montiert wurde. Dies hatte einen bestimmten Grund, denn das Deutsche Museum war eines der ersten größeren Stahlbeton-Gebäude in Deutschland. Die Verwendung dieses damals noch neuen und fortschrittlichen Baumaterials wurde bewusst gewählt, um den Stand der Technik aufzuzeigen und um das Gebäude zu einem Teil der Ausstellung zu machen. Der Einsatz von Beton am Dach war somit die logische Konsequenz und zur damaligen Zeit eine absolute Besonderheit. Weil jedoch die Dämmwerte des Dachaufbaus heute geforderte Ansprüche nicht mehr erfüllen konnten, wurde ein Energie-Optimierungskonzept ausgearbeitet und das Dach komplett erneuert.
Mit großem Aufwand wurde das Doppelstehfalzdach zunächst abgerissen, denn die aus Bitumen bestehende Trennlage hatte sich im Laufe der Jahrzehnte fest mit dem Betonuntergrund und der Unterseite der Scharen verklebt. Ebenso wie das historische Vorbild wurde das neue Museumsdach ohne den Einsatz von Bauholz realisiert. In enger Zusammenarbeit zwischen dem Landesdenkmalamt, dem Münchner Architekturbüro a+p Architekten, der technischen Beratung von KME Architectural Solutions sowie dem Fachbetrieb Straßl wurden zunächst zahlreiche Baudetails entwickelt und eine Energiebedarfsrechnung erstellt. Eine direkt vor Ort montierte Musterfläche gab anschließend Aufschluss über eventuell zu erwartende Schwierigkeiten und veranschaulichte zudem die Details des wärmegedämmten und nicht belüfteten neuen Dachaufbaus.
Dachaufbau
Der Aufbau des Musterdachs bestand ebenso wie der später ausgeführte Dachaufbau aus Steinwolle-Dachdämmplatten mit integrierter Zweischichtcharakteristik. Zunächst wurde direkt auf der Betondachfläche eine Lage Bitumenschweißbahn vom Typ AV60S4 aufgeschweißt. Direkt darüber folgte eine zweite, selbstklebende bituminöse Dampfsperre. Im nächsten Arbeitsschritt montierten die Dachprofis an der Traufe spezielle L- und U-Profile aus Edelstahl zur Aufnahme der Schubkräfte und legten anschließend eine 160 mm starke Schicht aus Steinwolle-Dachdämmplatten auf der Dachfläche aus. Diese fixierten sie dem Abstand des Falzrasters entsprechend durch eingefräste Montageschienen. Eine darüber liegende diffusionsoffene Membran vom Typ Delta Foxx sorgte dank Stoßverklebung mit Butyl-Dichtstreifen für Regensicherheit während der Bauzeit und diente als Trennlage zwischen Dämmung und 0,7-mm-Kupfer-Dachhaut. Inzwischen ist die gesamte Dachfläche eingedeckt und die walzblanke Kupfer-Oberfläche beginnt, durch erste Witterungseinflüsse bedingt, sich langsam zu verändern. Dieser natürliche Bewitterungsprozess wird von Fachleuten Oxidation genannt. Neben der Veränderung der Oberflächenfarbe wird Kupfer durch die sich bildende Schutzschicht nachhaltig vor schädigenden Umwelteinflüssen geschützt.
Prodach-Dämmsystem
Aufgrund ihrer hochverdichteten, lastverteilenden Oberlagen besitzen Prorock-Dämmplatten eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Beanspruchungen und sind somit bestens zur Aufnahme darüber liegender Kupferscharen geeignet. Neben speziellen Montageschienen und Befestigern sind die Steinwolleplatten eine wesentliche Komponente des Prodach-Dämmsystems der Marke Rockwool. Produkteigenschaften wie
- nichtbrennbar A1
- wärme- und schalldämmend
- druckbelastbar
- wasserabweisend
- diffusionsoffen
- chemisch neutral
- dimensionsstabil unter Temperaturänderung
- recycelbar
zeichnen das System aus und machen es zum Allrounder für unterschiedliche Einsatzgebiete. Das Prodach-Dämmsystem wurde speziell zur Reduzierung von Wärmebrücken entwickelt und eignet sich aufgrund seiner nahezu wärmebrückenfreien Distanzkonstruktion bestens für Dächer mit Metalleindeckung. Es dient jedoch nicht nur dem reinen Witterungsschutz, sondern es überzeugt auch unter technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen und architektonischen Gesichtspunkten als strukturgebendes Dachelement. Doch wie kommen Entscheidungen zum Einsatz solch spezieller Bedachungsbaustoffe überhaupt zustande und wer spricht konstruktive Empfehlungen in diese Richtung aus?
Architekturlösungen von KME
Immer dann, wenn in Bayern Dach- und Fassadenflächen anspruchsvoller Objekte mit Kupfer bekleidet werden sollen, kommt der Name Josef Peter Münch ins Spiel. Der versierte KME-Fachmann für Tecu-Produkte und Klempnertechnik berät Architekten, Bauherren sowie Fachbetriebsinhaber und begleitet unterschiedlichste Bauvorhaben von der Planungsphase bis zur Fertigstellung. Auch an der umfangreichen Dachsanierung des Deutschen Museums in München war der Tecu-Spezialist maßgeblich beteiligt. Er kümmerte sich um Baudetails und organisierte diverse Vororttermine – etwa zur Bemusterung des Dachaufbaus oder den BAUMETALL-Fototermin auf der Aussichtsplattform des Museumsturmes. Darüber hinaus ist Josef Peter Münch ein wichtiges Zahnrad im Getriebe des neuen Geschäftsbereiches der KME Group – der KME Architectural Solutions. Die Kupferspezialisten aus Osnabrück gründeten diesen Geschäftsbereich vor etwa zwei Jahren, um wachsenden architektonischen Ansprüchen gerecht zu werden. „Wir bieten inzwischen Komplettlösungen für die Planung und Verarbeitung unserer Kupferlegierungen an“, sagt Josef Peter Münch und weist am Beispiel des Deutschen Museums auf zahlreiche Details hin, die bereits am Bemusterungsaufbau zum Tragen kamen. Dieser perfekten Planung ist es zu verdanken, dass die rund 5000 m2 große Dachfläche überhaupt in dieser Weise optimiert werden konnte – eine Leistung, welche die Beratungskapazität der meisten Fachbetriebe deutlich sprengt, so Münch.
Tecu-Partner
Josef Peter Münch schaut zu Konrad Straßl und Peter Leonard, die das Tecu-Dach von der Westecke der Turmplattform aus betrachten. „Die Tecu-Partnerschaft ist für mich etwas Besonderes“, so Fachbetriebsinhaber Straßl. „Bei einem derart großen Projekt könnte unser Betrieb die erforderliche Beratungssicherheit nicht bieten und das damit zusammenhängende Risiko kaum alleine tragen. Außerdem profitieren wir von der perfekten Zusammenarbeit mit dem Handelshaus Südmetall und der von KME organisierten personellen Hilfe.“ Aufgrund diverser Verzögerungen kam es zu einer von Fachbetriebsinhabern gefürchteten Terminüberschneidung. Als Konrad Straßl das Material für den Auftrag abdecken und das für die Dachdeckung benötigte Kupfer ordern sollte, befand er sich im lange zuvor gebuchten Urlaub. „In einer Partnerschaft muss man sich aufeinander verlassen können“, so Peter Leonard, Inhaber des Münchner Handelshauses Südmetall Otto Leonhard GmbH. „Es war eine besondere Auszeichnung für uns, von unserem Kunden freie Hand bei der Wahl des richtigen Abschlusszeitpunktes zu erhalten. Bei rund 80t abzudeckendem Kupfer eine nicht zu unterschätzende Verantwortung ...“.
Überhaupt wurde der Auftrag von den Tecu-Partnern mit einer beeindruckenden Perfektion durchgezogen. Selbst als es im Sommer während der Arbeiten zu einem Personalengpass kam und der Fertigstellungstermin unbarmherzig näher rückte, zeigte das Tecu-Partner-Netzwerk Wirkung. Spontan sagten die Klempner des Fachbetriebes Szolnok kas aus Ungarn zu, die Arbeit am Museumsdach personell zu unterstützen. In der Folge waren zeitweise fast ein Dutzend Fachkräfte gleichzeitig damit beschäftigt, die Wärmedämmung aufzubringen, Trennlagen zu verarbeiten sowie die bis zu 11,50 m langen und in der Werkstatt des Fachbetriebes Straßl vorgefertigten Scharen zu montieren.
Details mit Herz und Verstand
Konrad Straßl ist leidenschaftlicher Spengler und Kupferspezialist. Am liebsten bekleidet er Dächer und Fassaden mit rotglänzendem Metall. In seiner umfangreichen Referenzliste führt er neben modernen Fassaden, wie der des Münchner Handelshauses Südmetall, auch zahlreiche klassische Stehfalzdächer auf. Eines davon ist das neue Kupferdach des Deutschen Museums in München – ein Stehfalzdach, das in Zusammenarbeit mit kompetenten Partnern nach Vorgaben des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege termingerecht und in hoher Qualität realisiert werden konnte. Das nicht belüftete Dach glänzt mit einer soliden Ausführung. Die neu aufgebrachte und 160 mm starke Wärmedämmung veränderte die Anmutung und das Erscheinungsbild des historischen Gebäudes in keiner Weise. „Besonders erwähnenswert sind die Details an der Dachentwässerung und den Oberlichtanschlüssen“, beginnt der 51-jährige Spengler-, Dachdecker- und Schlossermeister zu schwärmen. „Schade nur, dass viele Passanten und Besucher des Museums unsere Arbeit nicht wahrnehmen, weil das Dach des hohen Gebäudes zunächst nicht einsehbar ist.“
Besonders stolz ist Straßl auf den nach historischem Vorbild doppelt geschlossenen, stehenden Traufabschluss der 35 mm hohen Doppelstehfalze. Unter jedem der im Abstand von 570 mm angeordneten Falze verläuft eine ebenfalls vom First zur Traufe ausgerichtete Prodach-Befestigungsschiene. Auf diesen Schienen wurden die benötigten Fest- und Schiebehafte der Marke SM-Systeme mit Bohrschrauben vom Typ Drillfix befestigt. Allein im ersten Bauabschnitt wurden etwa 80000 Drillfix-Schrauben verarbeitet.
An den Oberlichtern kam klassische Spenglerkunst zum Einsatz. Typische Verwahrungen und Nackenbleche bilden dort den firstseitigen Anschluss – rund geschweifte Übergänge sorgen an der Traufseite für Sicherheit. Die perfekt ausgeführten Details überzeugen in handwerklicher Hinsicht und belegen, wie wichtig deren fachtechnische Umsetzung nach den anerkannten Regeln des Klempnerhandwerks sind.
Fazit
Nach zwei Bauabschnitten und einer Gesamtbauzeit von rund 18 Monaten ist die beeindruckende Dachfläche des Deutschen Museums fit für die Zukunft. Die Sanierung des Kupferdaches erfolgte bei laufendem Betrieb und im Zuge umfangreicher Renovierungsarbeiten an der Fassade. Die anspruchsvolle Bauaufgabe erforderte von den Tecu-Partnern viel Fingerspitzengefühl und Professionalität. Außerdem galt es zahlreiche Sonderaufgaben zu bewältigen. Beispielsweise mussten neben den ohnehin umfangreichen Spenglerarbeiten direkt unter den auszuwechselnden Oberlichtern positionierte Ausstellungsexponate mit speziellen Gerüsten und Sicherungsvorkehrungen geschützt werden. Rückblickend kann sich nicht nur das Ergebnis sehen lassen. Auch die beachtliche Anzahl an Nebenleistungen wurde zuverlässig erledigt. Möglich wurde dies durch die enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit der am Bau beteiligten Tecu-Partner. Sowohl bei der Planung als auch bei der Vorbereitung, Lieferung und Ausführung konnten sich die Partner aufeinander verlassen. Das Lob der Museumsleitung für die gute Zusammenarbeit des Sanierungsteams wertet die ohnehin reife Spenglerleistung auf der Münchner Museumsinsel zusätzlich auf.
Bautafel
Objekt: Sanierung des Kupferdaches am Deutschen Museum, München
Bauherr: Deutsches Museum, München
Architektur: a+p Architekten, München
Fachbetriebe: Konrad Straßl GmbH, Arnstorf und Szolnok kas, Ungarn
Dacheindeckung: 5000 m2 nicht belüftetes Doppelstehfalzdach aus 0,7 mm walzblankem Kupfer der Marke KME
Dachaufbau:
- Betondachfläche
- Bitumenschweißbahn, AV60S4
- Bitumendampfsperre, Vedagard sk
- 160-mm-Prodach-Dämmsystem, Rockwool
- Stoßverklebte, diffusionsoffene Trennlage, Delta Foxx
- Doppelstehfalzdeckung, 0,7-mm-Kupfer, Falzhöhe 35 mm Tecu-Classic
Randnotizen
Das Deutsche Museum zählt zu den ersten größeren aus Stahlbeton errichteten Gebäuden. Die Verwendung dieses damals hoch innovativen Baumaterials veranschaulichte auf beeindruckende Weise den damaligen Stand der Technik. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden erstmals in Frankreich Betonbauteile durch Stahleinlagen verstärkt. 1848 baute Joseph-Louis Lambot ein Boot aus eisenverstärktem Zementmörtel. Kurz darauf stellte der Gärtner Joseph Monier Pflanzkübel aus Zementmörtel her, die er mit einem Eisengeflecht verstärkte – der Begriff Moniereisen war geboren. Auch in Deutschland entstanden die ersten Gebäude aus Stahlbeton – eines davon auf der Museumsinsel in München.
Erklärtes Ziel des Deutschen Museums war und ist es, dem interessierten Laien in verständlicher Weise naturwissenschaftliche und technische Erkenntnisse möglichst lebendig nahezubringen. Dazu zeigt es die geschichtliche Entwicklung der Naturwissenschaften und der Technik sowie deren Bedeutung für die technische und die gesellschaftliche Entwicklung anhand ausgewählter Beispiele.
Die Ausschreibung für den Museumsausbau gewann 1906 der Architekt Gabriel von Seidl. Der Neubau verzögerte sich wegen des schwierigen Untergrundes der Insel. Aufgrund des Schwemmsand-Bodens mussten mehrere tausend Betonpfähle in den Boden getrieben werden, um das Fundament zu stabilisieren. Im Oktober 1911 fand das Richtfest des Museumsneubaus statt.
Info
Fachbetrieb Straßl
Im Jahre 1952 wurde eine kleine Dorfschmiede von Michael Straßl gegründet. Konrad Straßl trat nach einer Berufsausbildung zum Metallbauer 1978 in den elterlichen Betrieb ein. Bereits 1982 absolvierte er die Meisterprüfung für das Schlosserhandwerk und begann auch mit der Ausbildung von Lehrlingen als Metallbauer. 1985 wurde der Betrieb an Konrad Straßl übergeben. Mit seinem Abschluss der Meisterprüfung für das Spenglerhandwerk wurde der Betrieb 1987 um den entsprechenden Handwerkszweig erweitert. Bereits zu dieser Zeit waren zehn Mitarbeiter beschäftigt. Durch Neubau der Produktionsstätte im Jahre 1989 konnten weitere Mitarbeiter und Auszubildende eingestellt werden. Um den geänderten Anforderungen der Bauwirtschaft gerecht zu werden, legte Konrad Straßl im Jahre 1999 die Zulassung für das Dachdeckerhandwerk ab. Nach wie vor legt er großen Wert auf die Ausbildung von Facharbeitern. Ehrenamtlich war er daher bis 2009 als Prüfungsvorsitzender des Gesellenprüfungsausschusses tätig.