Wer das Europäische Klempner- und Kupferschmiede-Museum in Karlstadt regelmäßig besucht, der kennt auch „Necko“ D. Neckermann. Der hilfsbereite Handwerksmeister ist der Mann für alle Museums-Fälle. Necko kümmert sich um die Veranstaltungslogistik, poliert und repariert Exponate und er begibt sich sogar auf Spurensuche in längst vergangene Spenglerwelten. Etwa dann, wenn er gebeten wird, im Rahmen einer Haushaltsauflösung vorbeizuschauen, bevor der Lkw mit dem Container kommt. Einen solchen Hinweis bekam Necko von Luitgard Hubert und ihrer Familie – allesamt Nachfahren der Spenglermeister Georg und Franz Hubert aus Röttingen. Gesagt. Getan. Gestaunt! Als Necko in der Wirkungsstätte der längst verstorbenen Spenglermeister ankam, traute er seinen Augen kaum: Aus vielzähligen Spenglergegenständen weckten spezielle Kleinwerkzeuge, eine historische Schweißerbrille sowie originalverpackte Lötwasserpinsel Neckos Interesse. Noch mehr war er von Utensilien zum Tuschezeichnen sowie rund 100 Jahre alten Bauanleitungen fasziniert. Die Pläne entpuppten sich als exakte Anweisung zum Bau zweier Spenglermeisterstücke – eines Blumenständers aus Zink, dessen Design an die Freiheitsstatue erinnert, und eines Messingpokals, den Franz Hubert im Mai 1936 angefertigt hat!
Respekt vor Messing und vor Franz Hubert
Die Kupfer-Zink-Legierung Messing hat vielfältige Eigenschaften. Sie ist härter als Kupfer, erreicht aber nicht die Härte von Bronze. Interessanterweise variiert das Schmelzintervall von Messing zwischen 1050 und 920 °C, wobei es mit steigendem Zinkgehalt sinkt. Im Handwerkeralltag, besonders bei Spenglern, gilt Messing aufgrund seiner spezifischen Eigenschaften als anspruchsvolles Material, denn beispielsweise wird seine Festigkeit durch die Zusammensetzung bestimmt. Relativ gut kaltverformbar sind Messinglegierungen mit Zinkgehalten bis zu einem Anteil von ungefähr 37 %. Bereits in der Antike wurde Messing im Nahen Osten und in Europa für eine Vielzahl von Anwendungen genutzt – von Schmuck und Ziergegenständen bis hin zu Werkzeugen, Waffen oder Beschlägen.
Besonders bekannt sind die kunstvollen Messingarbeiten der Griechen oder Römer und spätestens jetzt auch der Meisterpokal von Franz Hubert. Seine wuchtigen Volutenhenkel verleihen dem Pokal eine besondere Note. Ihre zeitlose, schlichte und dennoch elegante Spiralform erinnert an typische Gefäße klassischen Stils aus der antiken Epoche. Noch mehr begeistert der Blick in den Pokal. Das aus acht stumpf miteinander verlöteten Segmenten gefertigte Meisterstück überzeugt mit exakten Lötnähten. Zur Nahtverstärkung hat Franz Hubert genau zugeschnittene und abgeformte Streifen aus Messing beigelegt und ebenfalls verlötet. An der oberen Öffnung sorgt eine präzise, in unterschiedlichen Richtungen verlaufende Drahteinlage für Stabilität. Der Sockel des Pokals besteht aus einem mehrfach abgetreppten, konvex und konkav geschwungenen Fries.
Fachleute, die das fast 90 Jahre alte Meisterstück begutachten, sind sich unisono einig: So etwas schafft heute fast keiner mehr. Eine derart präzise Handarbeit hat absoluten Seltenheitswert. Und noch etwas ist erwähnenswert: Interessierte BAUMETALL-Leser dürfen sich schon jetzt auf die Vorstellung des 1910 gefertigten Blumenständers von Franz Huberts Vater Georg freuen. Sein Meisterstück ist noch
beeindruckender – versprochen!