Dass etwas passieren muss angesichts des Fachkräftemangels, ist allen klar. Unklar ist aber den meisten, wo sie ansetzen sollen. Und vor allem: dass sie selber ansetzen müssen! Das ist die zentrale Botschaft der drei, die sich im Klempnermuseum in Karlstadt getroffen haben, um über die allgegenwärtigen Nachwuchssorgen zu sprechen.
An Initiativen mangelt es nicht: Kampagnen der Verbände, Image-Filme für die Branche … Alles gut gemeint und gut gemacht, allein, es fruchtet wenig. Warum ist das so? Was kann oder muss man noch besser machen? Gibt es ein Patentrezept? Ganz klar: nein, meint Jörg Mosler, Handwerker und Autor des Buches „Die Fachkräfteformel“. Jeder muss seine individuelle Strategie finden und diese umsetzen. Dabei liegt die Betonung auf umsetzen, und zwar selbst, anstatt zu warten und zu hoffen, dass andere etwas tun oder die Zeit eine Verbesserung bringt. Die Verbände leisten zwar gute Arbeit, aber die Betriebe dürfen sich nicht hinter den Kampagnen verstecken in der Hoffnung, dass es dann irgendwann schon irgendwie laufen wird.
Tolle Betriebe gibt es viele – aber kaum einer kennt sie
Die Möglichkeiten, aktiv zu werden, sind zahlreich. Mirko Siegler, seit Juni 2018 Präsident des Internationalen Interessenbunds Baumetalle iib, hat schon einiges ausprobiert. Sein Rezept lautet: Wege gehen, die sonst keiner geht. Nur so kann ein Betrieb aus der Masse herausstechen und sich lokal und regional – also da, wo potenzielle Mitarbeiter unterwegs sind – einen Namen machen. Dies ist immens wichtig, denn leider sind die tollen Betriebe, die es in der Klempnerbranche zweifellos gibt, kaum bekannt. Hier sieht Mosler viel ungenutztes Potenzial: „Wer dich nicht kennt, kann nicht für dich arbeiten“, ist er sich sicher.
Mirko Siegler setzt auf eine langfristige Strategie. Er geht in Kindergärten und liest aus dem Kinderbuch „… und der Klempner sitzt nicht neben dem Klo“ vor oder organisiert in seiner Werkstatt Schweißkurse für Frauen, also für diejenigen, die Kinder erziehen und deren Neigungen prägen. Darin sieht er eine Investition in die Zukunft: „Wenn wir in den Kindergärten das Kinderbuch vorlesen und vielleicht später mal denselben Kindergarten sanieren, dann kennen die Kinder uns schon. Wenn sie das Gebäude verlassen, winken sie uns zu.“ So speichern die Kinder das Handwerk als etwas Positives, Vertrautes ab.
Zuckerbrot statt Peitsche
Grundsätzlich sollte sich ein Chef und Unternehmer immer wieder fragen: Mit welchem Bonbon kann ich meine Mitarbeiter positiv überraschen? Es muss nicht zwingend der obligatorische Obstkorb in der Firma sein. Wichtiger als die einzelne Maßnahme ist das, was sie vermittelt: dass die Menschen wichtig sind, dass sich der Chef für sie interessiert. Solche Dinge spürt man in einem Unternehmen und das tragen alle nach außen. Die Maßnahmen der Mitarbeiterakquise und -bindung sollten Teil einer systematischen Strategie sein, die beim ersten Kontakt auf der Internetseite beginnt und sich über das Bewerbungsgespräch bis zum ersten Arbeitstag fortsetzt. Mit kleinen, aber besonderen Aufmerksamkeiten bleiben diese Momente in so guter Erinnerung, dass die Interessenten, Kandidaten bzw. Mitarbeiter auch im persönlichen Umfeld darüber erzählen.
Wer nun denkt, da fällt mir nichts Originelles ein, der sei beruhigt: Ideen und Kreativität lassen sich trainieren und systematisch herbeiführen. Entscheidend ist, dass die außerplanmäßigen Häppchen einen Aha-Effekt beinhalten, von dem die Mitarbeiter ihren Freunden berichten. Das bleibt im Umfeld hängen und der ein oder andere denkt dann: „Da will ich auch arbeiten!“
Das Kostbarste ist kostenlos: Sympathiewerte
Nun werden viele, vielleicht auch Sie, lieber Leser, einwenden, dass sie für so etwas keine Zeit haben. Das ist verständlich, denn „dringendere“ Termine gibt es immer. Trotzdem ist hier ein Perspektivwechsel angesagt: Jörg Mosler (der selbst zehn Jahre lang ein Handwerksunternehmen geführt hat) legt den Finger in die Wunde: „Wer heute sagt, ich habe keine Zeit für ein Thema, das die Zukunft meiner Firma bestimmt, der muss sich fragen: Bin ich wirklich ein Unternehmer?“ Denn die Positionierung als Betrieb, als Arbeitgeber, als Teil einer Branche, auch und vor allem gegenüber jungen Leuten, ist neben der Digitalisierung die größte Herausforderung, der wir uns aktuell und zukünftig stellen müssen. Da muss man einfach Zeit investieren – nicht übermäßig, aber wohldosiert.
Und ja, natürlich haben es Kleinstbetriebe schwerer, denn ihre Möglichkeiten sind begrenzt. Für sie bietet der iib eine Plattform, wo sie von den Erfahrungen anderer, die schon verschiedene Maßnahmen ausprobiert haben, lernen können. Der Austausch lohnt sich, denn generell lässt sich mit gebündelten Aktivitäten mehr Reichweite erzielen als allein.
Eine weitere gute Nachricht von Mirko Siegler: Nicht alle Maßnahmen sind teuer und aufwendig. Das Wesentliche gibt es sogar ganz umsonst: Transparenz und Freundlichkeit sowohl Kunden als auch (potenziellen) Mitarbeitern gegenüber. Nett und sympathisch schlägt alles – und kostet nichts.
Workerscast, der Podcast für Handwerksunternehmer
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