Wo und vor allen Dingen wie viele Fest- und Schiebehafte befinden sich an einem Doppelstehfalzdach mit langen Scharen? Diese und ähnliche Fragen sind am Staatlich Beruflichen Schulzentrum in Waldkirchen ebenso an der Tagesordnung wie an vielen anderen deutschen Berufsschulen und Ausbildungszentren für das Klempner- und Dachdeckerhandwerk. Dass die Antwort der Auszubildenden manchmal nur zögerlich oder gar nicht erfolgt, ist die eine Sache. Viel interessanter und wichtiger ist, wie die Azubis die Antworten auf diese und andere Fragen analysieren, bewerten und fachgerecht in der Praxis umsetzen können. Genau hierauf zielt die Novellierung des Rahmenlehrplanes für Klempner.
Stichwort Praxisorientierung
Aus der Praxis für die Praxis, quasi wie beim Generationenmodell, sollen Inhalte zukünftig zielgerichtet praxisorientiert und nicht an der Realität vorbei dem Nachwuchs vermittelt werden. Doch wer sieht sich eigentlich in der Pflicht, dies zu tun? Ist die Berufsschule hier zuständig, steht der Betrieb eher in der Verantwortung – sind es vielleicht auch die überbetrieblichen Ausbildungszentren? Welche Vorkenntnisse bringt der Auszubildende eigentlich heute mit, um mittlerweile all diese komplexen Inhalte des Klempnerberufes erlernen, begreifen und auch umsetzen zu können und was tun wir dafür, dass er sich überhaupt mit dem Berufsbild Klempner beschäftigt? Wenn sich ein Auszubildender für eine berufliche Richtung entscheidet, dann sollte er vorher auch wissen, welches Tätigkeitsprofil ihn hier erwartet. Einer der meistgesuchten Facharbeiter in Deutschland ist der Klempner, trotzdem sind die Zahlen der Ausbildungsverträge rückläufig.
Fakt ist: Nicht nur die Lehrkräfte des Berufsschulzentrums Waldkirchen beschäftigen sich mit dem Thema. Wer sich sensibel genug in der Branche umhört bemerkt, dass solche Fragen in der gesamten Republik an der Tagesordnung sind. Berthold Ruck (Teamleiter Veranstaltungen/Schulungen und Anwendungstechniker bei Rheinzink in Datteln) beschäftigt sich schon lange mit dem Thema und hat in zahlreichen Gesprächen mit Ausbildern aus insgesamt 22 Bildungseinrichtungen in Deutschland herausgefiltert, wo der Schuh am meisten drückt. Die Bildung eines unabhängigen „Arbeitskreis Ausbildung“ ist die logische Konsequenz. Mit welchen Themen sich dieser hochkarätig besetzte Arbeitskreis beschäftigt und welche Ziele er verfolgt, schildert die hier folgende Ausführung.
Ausbildung auf dem Prüfstand
Die Neuordnung des Klempnerberufs steht seit geraumer Zeit auf der Agenda. Mit Wirkung zum 01. August 2013 (siehe Seite 15) genehmigten die Unterausschüsse des Ministeriums für Bildung und Forschung sowie für Wirtschaft und Arbeit die neuen Rahmenlehrpläne einschließlich der modernisierten Ausbildungsordnung für Klempner/-innen. Nun soll die Ausbildung auf den sogenannten Lernfeldunterricht umgestellt werden – ein Vorhaben, das der bundesweite „Arbeitskreis Ausbildung“ als wichtige Maßnahme zur Förderung und Sicherstellung der Ausbildung einstimmig und ausdrücklich begrüßt. Der Klempnerberuf ist einer der letzten Metallberufe, der auf Lernfeldunterricht umgestellt wird.
Das große Interesse der Ausbilder an der Optimierung der Aus- und Weiterbildung kommt nicht überraschend. Vergleichsweise hoher wirtschaftlicher und auch existenzieller Druck in den Bildungseinrichtungen und die zwangsläufig daraus resultierenden Änderungen durch die beschriebenen Neuordnungs-bedingten Änderungen erfordern dringend Handlungsbedarf. Oberstes Ziel des Arbeitskreises ist daher die Bildung einer bundesweit arbeitenden und zentralen Plattform für Bildungseinrichtungen zur Ausbildungsförderung. Mit allen Vorteilen zur Förderung einer praxisorientierten Ausbildung vom Gesellen bis hin zum Meister. Kurzfristig gesteckte Ziele sind hier:
- Gewinnung und Ausweitung persönlicher Kontakte
- Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen einzelnen Bildungseinrichtungen
- Gegenseitiges Kennenlernen der Ausbilder und Ausbildungseinrichtungen beider Berufe (Klempner und Dachdecker) mit allen sich bietenden Vorteilen
- Erreichen einer einheitlichen und verzahnten Ausbildung – bundesweit
Es gibt viel zu tun …
Die Hauptaufgabe sieht der „Arbeitskreis Ausbildung“ in der bundesweit einheitlichen Ausformulierung unterschiedlicher Lernsituationen samt Erfassung im neuen Bundesrahmenlehrplan für Klempner. Die Beschreibung entsprechender Inhalte wurde bereits als Hausarbeit in fünf regionalen Arbeitsgruppen angepasst – die Ergänzung erfolgte während des letzten Treffens in der Gruppe. Die Erstellung der einzelnen Lernsituationen geschieht nach Vorstellung der Arbeitsgruppe durch die Anwendung des Prinzips der „vollständigen Handlung“ und passt dadurch bereits idealerweise zur Struktur des neuen Rahmenlehrplans. Zur vollständigen Handlung eines Auszubildenden und Schülers gehören nach Auffassung der Kultusministerkonferenz z.B.:
- Information
- Planung
- Entscheidung
- Ausführung
- Kontrolle
- Bewertung
… und in der Gruppe macht es richtig Spaß!
So viel ist sicher: Die erzielten Ergebnisse des Arbeitskreises können sich sehen lassen. Das konstruktive Miteinander gepaart mit einer klaren Aufgabenverteilung bildet eine ideale Basis. Zur Einleitung weiterer Maßnahmen ist es nun wichtig, auch die Themen Marketing und Öffentlichkeitsarbeit zu berücksichtigen. Dies gelingt umso besser, wenn möglichst viele Anregungen aus der Branche berücksichtigt werden. Senden auch Sie Vorschläge mit der Bitte um Weiterleitung direkt an redaktion@baumetall.de, Stichwort „Arbeitskreis Ausbildung““
INFO
„Arbeitskreis Ausbildung“
Der „Arbeitskreis Ausbildung“ ist eine Interessenvertretung verantwortungsbewusster Ausbilder aus verantwortlichen Ausbildungseinrichtungen. Er richtet sich bundesweit an:
- Ausbilder und für Lehrlings- und Meisterausbildung
- Handwerkskammern (Handwerksbildungszentren)
- Bundesfachschulen
- Kreishandwerkerschaften
- Kompetenzzentren
- Berufsschulen
- Meisterschulen
- Zentralverbände
- Landesinnungsverbände im Klempner- und Dachdeckerhandwerk
Autor
Erhard Pongratz
betreibt ein Planungs- u. Sachverständigenbüro in Zwiesel. Der Klempner-, Heizungs-, Lüftungsbau-, Gas- und Wasserinstallateurmeister ist Lehrer am Berufsschulzentrum Waldkirchen/Bayern. Außerdem vertritt er das Land Bayern in der Bundesrahmenlehrplankommission der Kultusministerkonferenz und ist Mitglied in der Bayerischen Rahmenlehrplankommission.