Der Ruf nach Neuem und die damit verbundene Sehnsucht, Dinge neu zu erfinden, ist mindestens so alt wie die Klempnertechnik selbst. Im Gespräch mit Brancheninsider Florian Eisenholz konnte BAUMETALL genau das erfahren. Eisenholz, der über ein breites Wissen rund um historische Fachliteratur verfügt, berichtet von zahlreichen Autoren, die sich schon vor 150 Jahren über die Qualität damals hergestellter Gesellen- und Meisterstücke äußerten.
Eine besonders zeitlose Textpassage aus dem Jahre 1882 entdeckte Eisenholz unter der Überschrift: „Klempner-Schule. Eine fachthematisch fortschreitende Konstruktionslehre für Blecharbeiter“. Sie stammt von Fachbuchherausgeber G.H. Schröder, der als Fach- und Zeichenlehrer genau wusste, wovon er sprach: „Sollte es nun nach einer näheren Motivierung des gewählten Ausdrucks: ‚Klempnerschule‘ bedürfen, so kann es keine andere sein, als der Hinweis auf das Ziel, welches sich dieses Werk gesteckt hat, nämlich durch eine gute technische Ausbildung den Lernenden auf eine höhere Stufe des Könnens zu heben. Dieses Ziel lässt sich aber erfahrungsmäßig nur durch Schulung des Geistes, der Urteils- und Denkkraft des Individuums erreichen. Durch Klarlegung der Gründe, warum ein Modell so und nicht anders sein darf, soll die mechanische Arbeit der Hand veredelt werden. Gelingt es, den Arbeiter auf diesen Standpunkt zu heben und von dem üblichen Herkommen zu lösen, so wird der Zeitpunkt gekommen sein, wo jene Scharte ausgemerzt sein wird.“
Klare Worte wie diese waren in der damaligen Zeit nicht nur unüblich, sondern verpönt. Schröders Kritik trug dennoch dazu bei, dass das damalige Schulsystem reformiert wurde.
Konstruktive Kritik
Eine weitere Textpassage stammt von Berufsschulfachvorsteher und Fachbuchautor Bruno Berger. Dieser schrieb in seinem 1931 erschienenen Buch „Entwürfe von Meister- und Gesellenstücken für Klempner und Kupferschmiede“: „Möge in Fachkreisen dieser Gedanke Gemeingut werden, dass Kritik, aber nicht völlige Ablehnung des Hergebrachten und schöpferische Tätigkeit in typischen Ausdrucksformen unseres Kulturzeitalters das Leitmotiv sein muss. Die Erfahrung lehrt, dass gerade im Klempnerhandwerk die Meister- und Gesellenstücke in Bezug auf ihre Gestaltung noch immer recht viel zu wünschen übrig lassen, unter vollkommener Verkennung des Zweckes, den der Gegenstand erfüllen soll und unter Verstoß gegen alle Regeln der Materialechtheit. So ist es beispielsweise ein Unding, eine Vase aus Zinkblech zu fertigen und sie womöglich noch mit einem Farbanstrich zu versehen, oder eine andere Unmöglichkeit ist der sehr beliebte Obelisk, der am Ausgang des vorigen Jahrhunderts eine sinnlose Verwendung in der Architektur fand, in der heutigen Zeit aber zur Lächerlichkeit wird; denn neben seiner meist ganz ungewöhnlichen Form täuschte er, aus Zink gefertigt, den Stein als Werkstoff vor. Vielleicht findet man auch Gegenstände als Meisterstücke, bei denen sich Profil an Profil reiht, man nennt sie Vase, Urne oder sonstiges wie; der Zweck und die aufeinander abgestimmten Teile des ganzen Stückes sind aber nicht erkennbar. Die Vorbedingungen für die Gestaltung von hervorragenden Meisterstücken in neuzeitlichen Formen sind vielfach noch recht ungünstig, weil sie kunstgewerblich-zeichnerisches Können voraussetzen. Die Berufs- und Fachschulen vermitteln aus der Fülle des Lehrstoffes nur die für den Klempner wichtige Abwicklungstheorie, für künstlerische Disziplinen, Gestaltungslehre u. a. fehlt diesen Ausbildungsstätten die Zeit. Hier sollen die Entwurfsskizzen und die originalgetreuen Vorlagen, die beim Verlage besonders erhältlich sind, fördernd und vermittelnd bei der Anfertigung eines Gesellen- oder Meisterstückes als Grundlage dienen. So möge denn dieses Büchlein hinausgehen, von dem Bewusstsein getragen, Pionierarbeit auf dem Gebiete der Meister- und Gesellenprüfung im Klempnerhandwerk zu leisten. Möge jeder angehende Meister und Geselle Freude an dem Gegenstand, den er nach dem einen oder anderen Entwurf angefertigt hat, finden, zu seinem Besten und zur Ehre des Klempnerhandwerks.“
Vision Masterpiece
Und wie ist es heute? Klassische Meisterstücke einmal ausgenommen, überzeugt die Qualität der Meisterprüfungsobjekte seit Jahren die Fachwelt. Den entsprechenden Beweis erbringt der alle zwei Jahre stattfindende BAUMETALL-Wettbewerb Meisterstück des Jahres. Immer wieder beeindrucken dort innovative Meisterstückideen. Dennoch bilden Arbeiten wie der gefaltete Kupferkranich von So Iwamoto oder der Schirmständer von Sylvio Ahr die Ausnahme. Stattdessen werden Stehtische in zahlreichen Variationen hergestellt – knapp gefolgt von Globen unterschiedlicher Couleur. Alle Arbeiten verbindet das hohe Niveau fachlichen Könnens und die perfekte Umsetzung diverser Details. Auch Mark Holzwarth (Klempnermeister und Fachjuror) betont, dass beim Meisterstück des Jahres hervorragende Arbeiten ins Rennen gehen. „Leider ist es aber auch so, dass zahlreiche Wettbewerbsteilnehmer ihre Inspiration bei den Vorjahressiegern suchen“, sagt Juryleiter aus Stuttgart. „Vision Masterpiece könnte das ändern und neuen Ideen den Sprung auf die große Bühne der Meisterstücke ermöglichen“, betont der Fachmann.
Diskussion
Wie denken Sie darüber? Macht es Sinn, die Meisterprüfung im Klempnerhandwerk mit ausgeklügelten Meisterprüfungsobjekten abzunehmen, oder ist es an der Zeit, das Fachwissen praxisorientiert und mit Dachmodellen oder anderen Bauteilen aus dem echten Klempnerleben zu prüfen? Denken Sie bei Ihrer Meinungsbildung bitte auch an die Aussagen unserer
Vorgänger und behalten Sie dabei die Zukunft des Bauens im Blick. BAUMETALL ist gespannt auf Ihre Einsendungen – sowohl was Ihre Stellungnahme als auch Ihre Masterpiece-Vision** anbelangt.