Klempnertechnikim Hochbau
September 2005Seiten 1–60
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Liebe Leserin, lieber Leser,in der vorausgegangenen Ausgabe von BAUMETALL hatten sich zwei unserer Leser zum Thema Bau-Berufsgenossen-schaften gemeldet (Seite 16 und 18). Wie sehr dieses Thema ins Schwarze trifft, zeigteine Pressemeldung des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie. Dort heißt es unabhängig von der zuvor genannten Veröffentlichung:Beiträge an Bau-Berufsgenossenschaften explodieren! Gesetzlicher Lastenausgleich unzureichend!Gesetzgeber muss endlich handeln!
Am 18. August 2004 richtete sich der Hauptgeschäftsführer dieses Hauptverbandes, Rechtsanwalt Michail Knipper, mit folgenden Worten an Bundesregierung und Bundesgesetzgeber: „Seit 1997 sind die Beiträge an die Bau-Berufsgenossenschaften über 40 % gestiegen. In diesem Jahr allein um 5 %. Solche Steigerungsraten sind den Unternehmen nicht länger zumutbar.“ Um das System am Leben zu halten, müsse die Politik endlich handeln, sei es durch „kurzfristig wirkende Einschnitte bei den Leistungen“ oder „einen nachjustierten Lastenausgleich zu Gunsten der besonders belasteten Berufsgenossenschaften“.
Vor allem müsse die Bundesregierung gegenüber dem Parlament endlich eingestehen, dass der im Jahr 2003 veränderte gesetzliche Lastenausgleich von 70 Millionen Euro nicht ausreichend sei, fordert Knipper. Der Patient Unfallversicherung liege ebenso auf der Intensivstation wie die Renten- und die Krankenversicherung. Ohne eine schnelle, wirkungsvolle Therapie durch den Gesetzgeber könnten die Bau-Berufsgenossenschaften nicht überleben.„Die Produktions-Berufsgenossenschaften sind alle auf mittlereSicht kaum mehr finanzierbar“, prognostiziert Knipper. In keiner anderen Branche seien jedoch die Beitragssteigerungen im Bereich der Unfallversicherung so hoch wie in der Bauwirtschaft. Der Be-hauptung, die Unfallversicherung sei nicht reformbedürftig, widerspricht Knipper vehement. Die Unfallversicherung gewähre Renten und Leistungen der Heilbehandlung; wenn Rentenversicherung und Krankenversicherung dringend reformbedürftig seien, gelte dies selbstverständlich auch für die Unfallversicherung.So weit die Pressemitteilung dieses Hauptverbandes. Mal schauen, wann Bundesregierung und Bundesgesetzgeber reagieren. Warten wir ab, ob die Bau-BG Bayern und Sachsen sowie die Bau-BG Frankfurt am Main auf die eingangs erwähnten Leserbriefe von den Klempnermeistern Reinhard Rei aus Bayern und Jens Sperber aus Thüringen reagieren. Unsere Redaktion hat jedenfalls am 25. August 2003 Belegexemplare dieser BAUMETALL-Ausgabe an die Pressestellen dieser Bau-BG‘s gesandt. Sollten Sie sich auch schon geärgert haben, dann schreiben Sie uns doch bitte. Unsere Adresse finden Sie auf dieser Seite oben links.Herzlichst
Gerne machen wir für Sie die Dacheindeckung und die Spenglerarbeiten erledigen wir auch gleich mit. Dadurch haben Sie zwei Vorteile! Einerseits erhalten Sie einen äußerst günstigen Preis, andererseits haben Sie es mit nur einer Firma zu tun.“
Mit diesen Worten offerierte der Firmen-inhaber eines in der Nähe von Salzburg ansässigen Holzbauunternehmens vor etwa zehn Jahren seine Spenglerkünste.Sicher war sich der Handwerker auch bei der Wahl der Werkstoffe. Anstatt mit „technisch hoch komplizierten metallischen Werkstoffen“ aufzuwarten, entschloss er sich Bauteile aus Kunststoff einzusetzen. Geschickt überzeugte er die Bauherrschaft von den Vorzügen des Materials: „Die Dachrinnen, Schornsteineinfassungen und Dachanschlüsse montieren wir aus hochwertigem Kunststoff, wodurch Sie lebenslange Freude haben werden, denn schließlich kann dieses Material nicht rosten!“
Zehn Jahre später …
Als nach etwa zehn Jahren Spenglermeister Friedrich Parzer aus Salzburg zur Hilfe gerufen wurde, traute dieser seinen Augen kaum. Eine Schornsteinverwahrung aus Folienmaterial hatte er bislang noch nicht gesehen. Die Folie wurde nicht nur im vorderen Anschlussbereich des Schornsteins, sondern auch in der seitlichen Verwahrungsebene unter den Hohlziegeln angebracht. Im Laufe der Zeit mutierte die Schornsteinfolie zu einer steinharten Altlast, wodurch sich der Folientyp nicht mehr feststellen ließ. Das Kunststoffmaterial wurde ursprünglich mit viel Fantasie verarbeitet, löste sich aber im Laufe der Zeit von aufgehenden Bereichen ab. Wundern darf man sich über die dennoch relativ lange Standzeit der Schornsteineinfassung, auch wenn die versprochene lebenslange Sicherheit nicht erreicht wurde.
Sozusagen als krönender Abschluss wurde auf dem vor kurzem stillgelegten Schornstein anstatt einer metallischen Schornsteinhaube eine Abdeckung aus Hohlziegel aufgemörtelt. Dieser Ziegeldeckel schreit ebenso wie die Folienverwahrung nach einer Komplettlösung aus Spenglerhand.
Angesichts solch einer „Meisterleistung“ stimmt Friedrich Parzer dem Volksmund uneingeschränkt zu, indem er sagt: „Schuster bleib bei deinen Leisten“, auch wenn dieser Schuster ein Zimmermann war.
*Der Autor ist Spenglermeister im österreichischen Salzburg.