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Spenglermeister Wilhelm Buchert fertigt Wetterfahnen aus Metall

Wetterboten aus Metall

Das Wetter einzufangen beschäftigt die Menschen seit jeher. Schon die alten Griechen setzten um 100 v. Chr. die Figur des Meeresgottes Triton auf den Turm der Winde in Athen – sie ist die wohl älteste überlieferte Wetterfahne. Auch der Wetterhahn hat eine lange Geschichte, die bis ins 9. Jahrhundert zurückreicht. Bis etwa 1850 oblag das Handwerk den Schmieden, Schlossern, Spenglern und Vergoldern. Im 19. Jahrhundert erfolgte die industrielle Produk­tion für den Massenbedarf. 1854 bot die erste Firma in den USA Wetterfahnen serienmäßig an, während sie in Deutschland um das Jahr 1861 offeriert wurden. Am bekanntesten sind die Wetterhähne. Man fand sie hierzulande zuerst auf Rathäusern, Kirchen, Schlössern, Burgen, Stadtmauern und Patrizierhäusern – nicht nur zur Wettervorhersage, sondern auch als Schmuckobjekte, Haus- und Standeszeichen. So mancher Hahn dreht sich heute noch auf den Kirchtürmen. So auch im fränkischen Rappershausen im Landkreis Rhön-Grabfeld nahe der Landesgrenze zu Thüringen. Seit 77 Jahren werden dort manuell auf der Werkbank Wetterfahnen aus Kupfer oder Edelstahl hergestellt und mit speziellen Befestigungselementen für das Dach versehen.

Sein Leben lang hatte Spenglermeister Armin Buchert Wetterfahnen als Kunststücke angefertigt. Daher fühlte sich der Senior bis zuletzt mit diesem seltenen Handwerk verbunden. Um die handgefertigten Wetteranzeiger professionell herzustellen und Töpfe, Gießkannen sowie Bierbutten zu löten, hatte sich der Wetterfahnen-Vater 1933 mit einem eigenen Spenglereibetrieb in Rappershausen selbständig gemacht. Wenige Jahre vor seinem Tod im Februar 2005 gab er das in Südthüringen erlernte Kunsthandwerk an seinen Sohn Wilhelm weiter.

„Mir bereitet es viel Freude, wenn ich flaches Blech zu Figuren umfunktioniere“, sagt Wilhelm Buchert. Der 71-Jährige steht beinahe täglich in der Werkstatt und ist einer der Letzten in Deutschland, der dieses seltene Handwerk der Vorfahren, das er von seinem Vater übernommen hat, noch beherrscht. Da er von Beruf Bauspengler und Fachmann in der Gas- und Wasserinstallation ist, fällt ihm diese Tätigkeit nach eigenem Bekunden nicht schwer.

Gefragte Handarbeit

Die Abnehmer der Kunststücke sind begeistert und scheuen keine langen Wege, um in den Besitz einer handgemachten Wetterfahne zu kommen. Denn die im Handel erhältlichen Figuren werden in der Regel fabrikmäßig ausgestanzt und haben nicht den Reiz der handgefertigten Einzelstücke. Wenn seine Kunden in der Werkstatt sind und Wilhelm Buchert sein Handwerk erklärt, fallen ihm spontan einige Bauernregeln zum Wetter ein. Paradebeispiele für Binsenweisheiten sind: „Kräht der Hahn auf dem Mist, bleibt das Wetter, wie es ist“ oder „Nach Regen folgt Sonnenschein“. Da schmunzelt der Wetterfahnen-Spezialist und ergänzt: „Der Westen ist bei uns die Wetterseite, weil wir von dort meistens Regen bekommen. Die Ostluft ist meist sehr kalt und trocken und tritt besonders in den Wintermonaten stark auf“. Und wenn der Wetterhahn sich zweimal dreht, kommt tatsächlich Regen. Buchert ist aber kein Wetterprophet, sondern nur Hersteller der Wetterboten und er berücksichtigt bei seiner Arbeit persönliche Wünsche: Ob es nun ein Wildschwein für einen Jäger sein soll, ein Einhorn für eine Apotheke, ein Pferd für einen Tierliebhaber – aus ganz Deutschland kommen die Anfragen. Das bekannteste Motiv ist zweifellos der Wetterhahn. Er ist ein Symbol der Wachsamkeit und Fruchtbarkeit, wird aber auch als Orakeltier und Wetterprophet angesehen.

Christliches Symbol

Auf den Kirchendächern ist der Wetterhahn spätestens seit der Gotik als christliches Symbol weit verbreitet. Der Mechaniker Jacob Leupold entwickelte im 18. Jahrhundert, der ersten Blütezeit der Windweiser, spezielle Mechaniken, die die Beweglichkeit verbesserten. Doch bereits 820 ließ Bischof Rampertus erstmals im italienischen Brescia dem Turm der Kirche von San Faustino Maggiore einen Wetterhahn aus Bronze aufsetzen. Er sollte symbolisch daran erinnern, dass Jesus vor dem Krähen des Hahns von Petrus dreimal verleugnet wurde. Der Wetterhahn ist aber auch Sinnbild des Lichts, denn er kräht vor Sonnenaufgang und kündigt den Menschen den Tag an. Der erste Beleg für diese Deutungen ist das Tageszeitenbuch Liber Cathemerinon des spätantiken christlichen Dichters Prudentius.

Ursprünglich waren die Hähne auf den Dächern der Kirche nicht beweglich, sondern fest montiert. Erst mit ihrer Flexibilität wurden sie richtig interessant. Denn es gibt den Spruch: „Dreht zweimal sich der Wetterhahn, zeigt er Sturm und Regen an“. Vorschriften, ob Wetterfahnen angebracht werden durften, gab es in Deutschland nicht. In Frankreich und Schweden dagegen waren sie ein Privileg des Adels.

Arbeiten mit Technik

Wenn Wilhelm Buchert von seiner schweißtreibenden Arbeit spricht, kommt er ins Schwärmen. „Erst musste ich einiges lernen, bis ich das Metall so biegen und dehnen konnte, wie es für die gewünschten Figuren erforderlich war. Dann ging mir die Arbeit immer schneller von der Hand“. Die einfachste Art, den Wetterhahn aufs Blech zu bannen, besteht darin, eine angefertigte Zeichnung mit einem Kopierer zu vergrößern, diese auf das Objekt zu übertragen und dann mit der Stichsäge auszusägen.

Produkte seiner Wetterfahnen-Werkstatt aus der jüngeren Zeit sind zwei prächtige Hähne, die als Geburtstagsgeschenke zu einem Bauernhof in einen Ort nahe München und ins unterfränkische ­Brendlorenzen geliefert wurden. Außerdem fertigte er einen sogenannten „Grabfeld-Spatz“ auf den Namen der heimischen Region, der in Aub im Grabfeldgau in luftiger Höhe bewundert werden kann. Auch Wildschweine seien auf dem Dach zu sehen und zwar im nahen ­Eyershausen bei Bad Königshofen, erklärt Buchert. Eulen gehören ebenfalls zum Programm seiner Wetterfahnen. Dass Buchert nicht nur Hähne fertigt, ist nicht ungewöhnlich. Mag der Hahn auch das klassische Motiv sein, so haben sich inzwischen auch Katzen, Löwen, Elche und Hexen auf den Giebeln profaner Bauten breitgemacht. Jede Windfahne beinhaltet ein Symbol, ob es Wimpel, Fahnen oder figürliche Darstellungen sind.

Kupferadler

Eine Besonderheit in Bucherts Werkstatt ist der Adler. Dieses Tier wünschte sich ein Mann, der die Wetterfahnen-Werkstatt eher zufällig besuchte. Er sah, dass dort gehämmert, geschmiedet und alles per Hand geschickt gebogen wurde. Das faszinierte ihn, also bestellte er spontan eine solche Figur. Dieses Tier sitzt heute auf einer hölzernen Astgabel, wo es sich leider nicht im Wind drehen kann. Dafür hat der Adler festen Boden unter den Füßen und ist eine Zierde des Anwesens. Der scharfsichtige Jagdvogel galt lange als das Symbol der Götter und Könige. Wilhelm Buchert erzählt auch von einer kupfernen Vogelscheuche, die sich ein Kunde zum Geburtstag seiner Frau, welche gerne im Garten arbeitet, wünschte. Die Vögel machten schon so manches Beet kaputt. Das sollte sich jedoch mit der aufgestellten Metall-Vogelscheuche schlagartig ändern. Seither ist Ruhe... „Wenn ich mein Hobby noch 20 Jahre lang ausführen könnte, wäre das für mich eine große Freude“, fügt der passionierte Spengler aus Rappershausen abschließend hinzu.

AUTOR: josef kleinhenz

Autor

Josef Kleinhenz

leitet das gleichnamige Pressebüro in Bad Königshofen.

Alle Fotos: Kleinhenz

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