Es gibt Spengler, die irgendwie auch Turmspringer sind. Zwar springen sie nicht aus großer Höhe und mit verschiedenen Techniken ins Wasser. Dafür springen sie von Turm zu Turm, um bei der Bekleidung verschiedenartiger Turmdächer unterschiedliche Techniken anzuwenden. Speziell in Bayern, wo es zahlreiche kupfergedeckte Kirchtürme gibt, träumen viele Spengler davon, einmal auf einem Kirchturm zu arbeiten. Doch längst nicht jeder kommt in diesen Genuss. Zum Glück gibt es die freie Spenglermeistervereinigung Bayern e.V.. Der Verein zur Förderung des Spenglerhandwerks ist weit über die bayerischen Landesgrenzen dafür bekannt, dass seine über 100 Mitglieder gerne Erfahrungen und Meinungen miteinander austauschen. In letzter Zeit verlagern die Aktivisten des 1987 gegründeten Vereins den Erfahrungsaustausch immer häufiger an den Ort des Geschehens – die Baustelle.
Chancen nutzen
Die Spengler des Fachbetriebs Spenglerei & Dachdeckerei Heinzlmeier aus Schrobenhausen machen dabei keine Ausnahme. Und weil sie sich regelmäßig mit anspruchsvollen Kupfereindeckungen an unterschiedlichsten Kirchtürmen beschäftigen, sind sie so etwas wie die Turmspringer des SMV. Das wissen auch die SMV-Mitglieder Christian Neuhauser und Alexander Pschörer. Als die beiden Spengler auf einem SMV-Treffen davon hörten, dass die nächste Turmeindeckung unmittelbar bevorstünde, zögerten sie nicht lange. Kurz entschlossen verlagerten sie ihre angestammten Arbeitsplätze von den Fachbetrieben Neuhauser in Neresheim und Pschörer in Pullenreuth auf den 32 m hohen Kirchturm der Gemeinde Obergriesbach. Christian Neuhauser war ganze sechs Wochen vor Ort und erlebte die Arbeiten am Turm von der Planung bis zur Fertigstellung aus nächster Nähe. Auch an der Eindeckung der Vierung war er beteiligt. Alexander Pschörer stieg für die Dauer von zwei Wochen auf den Turm und konnte bei der Montage der geschwungenen Kupferscharen einiges dazu lernen.
Die konischen Scharen der Tafeldeckung wurden, soweit es möglich war, maschinell aufgestellt. Gebogene Falzverläufe mussten jedoch von Hand aufgestellt werden. Um die Scharen spannungsfrei zu montieren, wurden die Falzaufkantungen je nach Bedarf gestreckt oder gestaucht. Erst dann erfolgte der Falzvorgang mit Holzhammer und Schaleisen. Um das Eindringen von auftreibendem Wasser wirkungsvoll zu verhindern, statteten die Spengler alle Quernähte mit aufgelöteten Zusatzfalzen aus. Es liegt auf der Hand, dass bei Arbeiten wie diesen allerhand Kniffe angewendet und wertvolle Erfahrungen weitergegeben wurden.
Netzwerken ist easy
Der Arbeitseinsatz lohnte sich jedoch nicht nur für die Turmspringer Christian Neuhauser und Alexander Pschörer. Ebenso wie sie konnten auch unsere Turmspengler eigenes dazu lernen und genau das ist am SMV-Netzwerk so schön. Ob auf der Baustelle, dem Vereinsausflug oder am Kollegenstammtisch – Wissensaustausch unter Spenglern funktioniert einfach überall. Natürlich hat ein Praktikum in Australien besonderen Charme, doch es funktioniert auch in Bayern. Kurz: Der SMV ist aufgrund seines starken Vereinsnetzwerkes die erste Adresse für wissbegierige Kollegen, doch damit nicht genug. Selbstverständlich wird das eine oder andere Fachgespräch bei einem Feierabendbier ausgiebig vertieft. Und in der Folge entstehen – wie kann es anders sein – innerhalb kürzester Zeit echte Freundschaften. Genau das ist einer der wichtigsten Gründe, warum das Netzwerken im SMV so einfach ist und inzwischen sogar weit über Bayerns Landesgrenzen hinaus funktioniert.
Übrigens: Mit seinen nahezu 100 m² Fläche ist das glänzende Kupferdach des Obergriesbacher Turmes weithin zu sehen. Inzwischen nicht mehr zu sehen sind zahlreiche Dokumente und die Fotos der Beteiligten. Einer alten Tradition folgend wurden diese und andere Unterlagen in einer kupfernen Plombe verwahrt und anschließend auf der Turmspitze platziert. Hand aufs Spenglerherz – hoch oben über den Dächern für lange Zeit verewigt zu werden ist für jeden metallverliebten Spengler immer wieder etwas Besonderes.
Autor
Norbert Heinzlmeier
ist Geschäftsführer der Spenglerei & Dachdeckerei Heinzlmeier in Schrobenhausen. Ferner ist er ständiges Mitglied im BAUMETALL-Treff sowie im Vorstand des SMV Bayern.
