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Auslandsauftrag für RMS: Holz und Dach

An einem Sonntag im September 2017, 6.00 Uhr morgens: Wir brechen auf nach Rumänien mit einem alten Sprinter, einem voll geladenen Hänger mit Gerüstmaterial, Blech, Werkzeug und Maschinen und viel Enthusiasmus, um das baufällige Dach der Schule eines Kinderheimes vor dem totalen Zerfall zu bewahren. Die Fahrt führt uns – eine Meisterschülerin und fünf Schüler der Robert-Mayer-Schule in Stuttgart mit ihrem Praxislehrer Herrn Wagner – über die ungarische Tundra nach Rumänien kurz vor die Karpaten. Insgesamt legen wir 1280 km zurück, um unser Know-how für einen guten Zweck zur Anwendung zu bringen.

Der Kontakt für diese Hilfsaktion kam über Irmgard Rösch aus Villingen-Schwenningen und ihren Sohn Hans-Peter Rösch, Fachlehrer an der Robert-Mayer-Schule, zustande. Irmgard Rösch ist im Verein Oradea-Villingen e. V. engagiert, der seit seinem Bestehen über 90 Hilfstransporte nach Rumänien durchgeführt hat und sowohl bei aktuellen Notsituationen als auch bei längerfristigen Aufbauprojekten hilft.

Hier wird Hilfe gebraucht

Dieser Einsatz führt uns zu dem ansehnlich hergerichteten Kinderheim Auro-Danubia in Saniob, eine vom katholischen Stift Melk in Österreich finanzierte und renovierte Einrichtung – das schönste Haus am Ort. Da die Eltern oft monatelang im Ausland sind, insbesondere in Deutschland und Italien für Saisonarbeit, lungern viele Kinder auf der Straße herum und organisieren sich in Kinderbanden. Darunter sind auch viele Sozialwaisen, deren Eltern einfach nicht mehr zurückgekehrt sind. Im Ort bleiben allein die Alten, die mit ihrer minimalen Rente gerade genug zum Essen haben.

Der Durchschnittsverdienst liegt hier bei rund 150 Euro im Monat. Die Häuser gleichen eher einfachen Hütten und so sind wir froh, dass wir im Kinderheim übernachten können und auch dort verpflegt werden. Zwei Schwestern kümmern sich um uns und versorgen uns mit Mittag- und Abendessen. Sie sind sehr dankbar, dass wir das Dach in Angriff nehmen. Auch das deutsche Forum lädt uns zu einem Grillfest ein. Eine ehemalige Baustelle der Robert-Mayer-Schule etwas weiter entfernt ist das Ziel eines abendlichen Ausflugs, der uns Gelegenheit gibt, die Arbeiten früherer Meisterschüler zu begutachten.

Logistische Herausforderungen

Der Auftrag für die Schüler des laufenden Klempnermeisterkurses an der Robert-Mayer-Schule lautet: Sanierung des großen Vordaches der staatlichen Schule, die recht heruntergekommen ist und der das überall herunterlaufende Wasser samt Frost in der Bausubstanz heftig zugesetzt hat. Nicht nur in logistischer Hinsicht war diese Aktion eine Herausforderung. Wir hatten nur vage Baupläne, wenige Fotos und konnten den Einsatz daher nicht wirklich gezielt vorbereiten. Sämtliche Maschinen und Werkzeuge sowie sechs Personen mitsamt Gepäck mussten in dem Kleintransporter plus Anhänger untergebracht werden. Sogar eine 2 m lange Schwenkbiegemaschine zum Kanten der Blechprofile kam mit auf die Reise – in Rumänien ist so etwas eine Rarität. Zum Erfolg des Projekts trug auch die Unterstützung von Sponsoren bei: Das Blech hat die Firma Prefa gespendet, das Handelshaus Barth-Metall hat sich mit Haften, Schrauben und Kleinmaterialien beteiligt. Lediglich die Fahrtkosten musste die Schule also tragen.

Gerüstbaumaterial ist in dem Dorf und der Umgebung nicht aufzutreiben, so rüsten wir das Dach recht provisorisch ein – nicht gerade nach deutschem Sicherheitsstandard. Aber auch die deutsche Berufsgenossenschaft lässt bei Arbeiten geringfügigen Umfangs 5 m Höhe bei Arbeiten über die Hand zu und so können wir mit einigermaßen gutem Gewissen ans Werk gehen. Obwohl wir mehrmals das Gerüst umsetzen müssen, kommen wir gut voran. Beim Aufdecken des Daches kommen morsche Bretter und ein verfaulter Balken zum Vorschein. Zum Glück sind wir darauf vorbereitet: Mit den mitgebrachten Seekieferplatten können wir das Dach mit einer komplett neuen Unterkonstruktion versehen.

Routiniertes Handwerk mit Präzision

Anschließend können die Falzarbeiten beginnen und die Zuschauer staunen nicht schlecht über die Arbeitsgeschwindigkeit der Meisterschüler. In Rumänien läuft so etwas deutlich langsamer, viele Handwerker arbeiten nach Feierabend auf privaten Baustellen weiter … und erhöhen erst dann das Tempo deutlich, weil es jetzt in die eigene Kasse geht. Die Kunde, dass deutsche Handwerker im Land sind, hatte sich schnell herumgesprochen und mehrmals wurden wir um kleinere Reparaturarbeiten an anderen Dächern gebeten.

Für viele der Meisterschüler ist das nicht ihr erstes Dach mit so einem Schwierigkeitsgrad und so geht die Arbeit schnell voran. Jeder Handgriff sitzt und wir können ab und zu Pause machen. Mithilfe unserer mitgebrachten Profilieranlage können wir unsere Blechscharen aufstellen und sie perfekt verfalzen. Alles wird in deutscher Handwerks-Präzision ausgeführt. Das Ergebnis ist ein Dach, das wohl weit über 70 Jahre bestehen wird.

Trotz Rückschlägen eine Win-win-Situation

Dann geschieht etwas, das den Enthusiasmus trübt: Unser Bus wird aufgebrochen, der Laptop und eine Kamera gestohlen – leider ein Dämpfer für die gute Stimmung, dem aber flugs wieder ein positives Erlebnis folgt. Die Einbrecher hatten zwei Schlösser geknackt und waren über das Fenster eingestiegen. Wir fanden das Fenster im Straßengraben. Während wir versuchten, es wieder einzusetzen, kam der Vater eines Kindes vorbei. Er stellte sich als Glaser vor – und setzte im Nu mit einer Schnur das Fenster wieder passgenau ein.

Nach zehn Tagen neigt sich unsere Exkursion dem Ende zu. Stolz werden Fahnen am Eingang der Schule gehisst – so ein Dach gibt es in der ganzen Umgebung sicher nicht. Als Erinnerung an die gelungene Hilfsaktion wird oben im Dach ein Schild angebracht, das darauf verweist, wie gut es Menschen tut, einander zu helfen. Daraus kann durchaus eine Win-win-Situation entstehen: Auch die Helfenden nehmen etwas für sich mit. Das Ergebnis ist also in jeder Hinsicht – nicht nur klepmpnertechnisch – ein gutes Werk!

Mehr als nur ein Sanierungsauftrag

Die Zeit reicht noch für einen Ausflug nach Palota mit einer Besichtigung des Doms und der Roma-Stadt. Die blechgekrönten Bauten der Roma-Bosse sind eine Sehenswürdigkeit – zumindest für Spengler. Obwohl sie die meiste Zeit auf Reisen sind, haben sie ihre Wohnsitze im Ort mit viel Detailfreude und außergewöhnlichen Blechkünsten eingedeckt. Dann kommt der Moment des Abschieds, denn zu Hause hat die Meisterschule schon begonnen und wir müssen wieder die Schulbank drücken.

Spätestens hier zeigt sich, wie wertvoll ein solcher Einsatz für die angehenden Meister ist, denn sie haben nicht nur ihr Wissen praktisch umgesetzt und einen Auftrag ausgeführt, sondern auch ihre persönlichen Fähigkeiten weiterentwickelt. Neben der Lösung technischer Probleme ist das Arbeiten im Team und die Kameradschaft eine Grundvoraussetzung für das Gelingen einer solchen Mission. So haben die angehenden Meister wichtige Erfahrungen und Eindrücke sowohl im technischen als auch im zwischenmenschlichen Bereich gesammelt, von denen sie nachhaltig profitieren können. Während des Aufenthalts in Saniob wuchs die kleine Klempnergemeinschaft zu einer starken Truppe zusammen, die sich im Januar 2018 gemeinsam der Prüfung stellte.

Wege zum Meister

Die Robert-Mayer-Schule in Stuttgart ist eine von zahlreichen Bildungseinrichtungen im deutschsprachigen Raum, die Meisterkurse für Klempner anbieten. Eine aktuelle Übersicht der Schulen, Kurse, Termine und Kosten in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben wir in BAUMETALL Ausgabe 8/2017 im Artikel „Auf der Jagd nach dem Titel“ veröffentlicht.

Mehr zum Thema HIlfseinsätze im Ausland

Helfen und lernen: Klempner-Azubis in Afrika

In BAUMETALL Ausgabe 8/2016 berichteten wir über Lehrlinge verschiedener Gewerke aus Hamburg, die in einem gemeinschaftlichen Projekt eine Zahnprophylaxe-Station in Mosambik einrichteten. Das Metalldach wurde von Klempner-Azubis gefertigt. Details sind im Artikel „Perspektiven für Mosambik“ beschrieben.

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