Im Februar 2023 trafen sich 19 Kollegen des BM-digital-Anwendernetzwerks zum ersten Mal im echten Leben – genauer gesagt in den Räumlichkeiten des diplomierten Schweizer Spenglermeisters Valentin Schnyder in Elgg bei Winterthur. Vorausgegangene Zoom-Meetings und damit verbunden der Austausch über Möglichkeiten und Chancen rund um die Digitalisierung von Baustelle und Spenglerwerkstatt hatten bereits eine große Schnittmenge der Interessenlage ergeben. Und ohne relevante Erkenntnisse des Treffens vorwegzunehmen, sei bereits an dieser Stelle verraten: Das echte Spenglerleben findet offline statt! Überraschend ist das nicht.
Was bedeutet eigentlich Digitalisierung?
Beworben wurde das erste BM-digital-Anwendertreffen mit der Frage: „Möchten Sie sich mit Kollegen über geeignete Maßnahmen rund um die Digitalisierung Ihres Fachbetriebs austauschen?“ Dem entsprechenden Aufruf folgten hochkarätige Unternehmer aus Luxemburg, Deutschland, Österreich und der Schweiz. Um in Elgg dabei zu sein, nahmen sie große Distanzen unter die Räder bzw. die Tragflächen. Alle kamen mit der Erwartung ins Fachgespräch, mehr über Chancen und Lösungen der digitalen Spenglerei zu erfahren bzw. neue Sichtweisen zu gewinnen. Für viele Teilnehmer war das jedoch nicht so einfach wie ursprünglich gedacht. Auffallend ist, dass zwar zahlreiche Wegbegleiter die enorme Wichtigkeit der Digitalisierung erkennen – jedoch bei der einheitlichen Benennung verschiedener Tools und damit einhergehender Möglichkeiten große Unterschiede machen. Die Folge ist ein regelrechtes Definitions-Wirrwarr, das mit zahlreichen einfachen Behauptungen nur noch größer zu werden scheint.
Gastgeber Valentin Schnyder war sichtlich darum bemüht, genau diese Fragen zu beantworten. In Anbetracht der knappen Zeit hatte er eine Vorstellungsrunde vorbereitet und moderiert. Dann schilderte er sehr detailliert seine Erfahrungen bei der Projektsteuerung im BIM-Team.
BIM als Allheilmittel für Zukunftsspengler?
Gäbe es einen Wettlauf mit dem Ziel, die von Schnyder als „Reise ins Digitale“ bezeichnete Wegstrecke als Erster zu bezwingen, hätten zahlreiche Teilnehmer Schwierigkeiten, mit dem Elgger Schritt zu halten. Schnyder hat aus seinem Umgang mit der Digitalisierung schon längst eine Leidenschaft gemacht. In seinem Vortrag schilderte er, wie hochkomplexe Bauabläufe per BIM in Form eines digitalen Zwillings geplant und schließlich ausgeführt werden. Schnyder: „Wer sich auf diese Technologie einlässt und sein Projekt zusammen mit einem spezialisierten BIM-Team realisiert hat, bekommt anschließend garantiert Schwierigkeiten damit, wieder eine ‚normale‘ Bauwerksplanung zu begleiten.“ Beim Versuch des Schweizer Spengler-Visionärs, seine Kollegen von BIM und den entsprechenden Vorteilen zu überzeugen, entstand eine lebhafte Diskussion. Vor allem Kollegen, deren Unternehmen kleinere Bauvorhaben in klassischer Zusammenarbeit mit Dachdeckern oder Zimmerleuten ausführen, hatten Schwierigkeiten, Schnyders Ausführungen zu folgen. „Der Aufwand lohnt sich nicht bei der Bekleidung klassischer Dachgauben“ oder „Für eine Dachsanierung ist BIM wie ein Kanonenschuss auf einen auf dem Firstlüfter sitzenden Spatz“, widersprachen einige Teilnehmer.
Skeptischen beziehungsweise neugierigen Lesern sei an dieser Stelle der BAUMETALL-Fachbeitrag „Auf Augenhöhe“ empfohlen. Veröffentlicht wurde er frei zugänglich auf www.baumetall.de/bm-digital sowie in BAUMETALL-Ausgabe 7/2022. Valentin Schnyder schildert darin, warum Digitalisierung und Vernetzung zwangsläufig zur ebenbürtigen Behandlung aller am Bau beteiligten Partner führen werden. Lesenswert!
Einheitliche Begriffe erforderlich
Aber vielleicht ist ja doch etwas dran – an Schnyders Philosophie? Um das herauszufinden, initiierten die Anwesenden kurzerhand eine Fragerunde zu in jeweiligen Fachbetrieben eingesetzten Programmen, Apps und Systemen. Es fielen Namen und Begriffe wie:
eine Handwerker-App zur Optimierung der Baudokumentation, die für alle Mitarbeiter immer verfügbar ist. Digitale Baumappen, Plantafeln, Zeiterfassung und Berichte sind einige der hilfreichen Funktionen. Effektive Projektdokumentationen lassen sich verständlich nachweisen und schaffen Klarheit sowie Übersicht.
eine App, um Maße von Räumen oder Objekten einfach und direkt zu speichern. Pfeile, Winkel, Texte oder Bilder lassen sich einfügen und beschriften. Die eingefügten Elemente lassen sich mit einem Tipp verschieben, in der Größe ändern, drehen und natürlich bearbeiten. Maßeinheit, Farbe oder Form der Symbole sind anpassbar.
ist eine cloudbasierte Plattform für digitales Baumanagement. Die Anwendung verspricht eine transparente, sichere und koordinierte Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten. Daten werden organisiert und geteilt. Echtzeitzugriff auf datenreiche Gebäudemodelle oder die Budgetkontrolle sind weitere Features.
ist eine Notiz-Aapp, um handschriftliche Notizen zu machen und PDF-Dokumente mit entsprechenden Anmerkungen zu versehen.
eignet sich zum Bearbeiten von Inhalten mit Stiftgesten. Die App konvertiert Handschrift und Formen in editierbaren Text und symmetrisch perfekte Formen. Nebo versteht jedes Wort, das in einer von 66 Sprachen geschrieben wird. Das BAUMETALL-Video „Digitalisierung von Handschrift“ zeigt, wie es geht. Es ist in der BAUMETALL YouTube-Mediathek abrufbar.
ist laut MicroSea System Solutions GmbH die fortschrittlichste und leistungsfähigste Softwarelösung zur sekundenschnellen Erfassung von Biegeteilen und Zubehör.
ist eine 3D-CAD-Software, die Eingaben sowohl in 2D als auch in 3D ermöglicht. Sie findet Anwendung im Holzbau, bei Klempnern, Dachdeckern und Zimmerern. Ebenso kommt die Software im Ingenieurholzbau zur Verwendung.
Weitere Programme wie WhatsApp, diverse ERP-Open-Source-Programme und das Office-Paket Microsoft 365 werden von den Teilnehmern gleichfalls verwendet.
Der Knoten ist geplatzt
Mit dem direkten Vergleich sowie der Gegenüberstellung unterschiedlicher in den Fachbetrieben eingesetzter Programme und Systeme erkannten die Teilnehmer, dass sie zukünftig noch sehr viel voneinander lernen können. Gesammelte Erfahrungen können dabei ebenfalls weitergegeben werden. Mit voranschreitender Stunde erkannten die Teilnehmer die Notwendigkeit bzw. die Vorteile des fachlichen Austauschs. Diese Erkenntnis verfestigte sich beim abschließenden Rundgang durch Valentin Schnyders Spenglerfachbetrieb.
Netzwerktermine im Herbst 2023 und im Frühjahr 2024
Der Besuch der Veranstaltung hat sich gelohnt – die Fortsetzung ist bereits in Planung. Ganz konkret verabredeten sich die Kollegen zum nächsten BM-digital-Anwendertreffen in Luxemburg. Am 29. September 2023 lädt dann Netzwerker und BAUMETALL-Treff-Mitglied Michael Kirchen zum Austausch mit anschließender Betriebsführung ein. Und für das Frühjahr 2024 haben sich die Teilnehmer bereits zu einem Treffen beim Fachbetrieb Theißl – TR Flachdachbau GmbH in Graz verabredet.
3 + 1 = 4.0
Diverse Taschenrechner-Apps oder talentierte Kopfrechner addieren Rechnungen wie diese mit einer Trefferquote von nahezu 100 %. Wesentlich komplexer ist die Definition der Begriffe Digitalisierung 3.0 und Digitalisierung 4.0. In zahlreichen Unternehmen befassen sich die Verantwortlichen seit geraumer Zeit mit dem digitalen Wandel. So weit, so unvollständig, denn leider ist speziell in Spenglerfachbetrieben das Vorurteil verbreitet, in digitale Technologien zu investieren sei ein teurer Luxus. Die Wahrheit sieht jedoch anders aus. Und anstatt sich den Luxus des Wegduckens zu leisten, möchte das BM-digital-Anwendernetzwerk effektiv dazu beitragen, den Weg in die Zukunft einfacher zu gestalten. Gemeinsam, digital und mit vereinten Kräften für einen der schönsten Berufe der Welt! Der Blick in den Infokasten ist daher besonders lohnend, denn er enthält wichtige Informationen zu nachfolgenden Veranstaltungen bzw. zur Kontaktaufnahme oder Anmeldung.
Erfahrungsaustausch
Sie möchten sich mit Kollegen über geeignete Maßnahmen rund um die Digitalisierung Ihres Fachbetriebs austauschen? BM digital – das Anwendernetzwerk macht es möglich. Interessenten treffen sich dazu mit Valentin Schnyder und anderen innovativen Spenglern und Klempnern.
Bewerbungsunterlagen zur kostenfreien Teilnahme sowie Infos zu den Terminen erhalten interessierte Handwerker nach einer E-Mail an:
redaktion@baumetall.de, Stichwort: BM digital