Nächster Halt: Österreich! Schon von Weitem ist der beeindruckende Neubau der TR Flachdachbau GmbH zu sehen. Das imposante Refugium wurde auf der grünen Wiese vor den Toren der 3700-Einwohner-Gemeinde Tillmitsch errichtet, die im österreichischen Bundesland Steiermark liegt. Es besteht aus zwei Hallenkomplexen, Büroräumen und einem überdachten Ladebereich. Begrüßt werden wir von Philipp, Mario und Markus Theißl. Wir, das sind rund 25 Kolleginnen und Kollegen des BM-digital-Anwendernetzwerkes und die Vertretung der BAUMETALL-Redaktion. Aus Luxemburg, Tirol, Deutschland und der Schweiz angereist, möchten die Teilnehmer vorrangig bei der Digitalisierung ihrer Fachbetriebe gesammelte Erfahrungen austauschen. Und noch etwas ist ihnen wichtig: der Blick über die Schulter bei den österreichischen Kollegen.
Welche Programme helfen wirklich?
AutoCAD & Creo Zu den Top-Themen der Veranstaltung gehört folglich der Erfahrungsaustausch rund um entsprechende digitale Tools. Beim Fachbetrieb Theißl stehen Programme und andere Hilfsmittel zum Anfertigen von Arbeitspapieren, dem Biegen von Kantteilen oder der Erstellung von CAD-Konstruktionen im Fokus. Unter anderem bauen die Spengler aus Tillmitsch auf die computergestützte Designsoftware AutoCAD. Eingesetzt wird sie zum Zeichnen digitaler 2D- und 3D-Entwürfe. Außerdem hat sich im Theißl-Team das 3D-CAD-Programm Creo bestens bewährt. Creo ist eine schnell anwendbare Alternative zur Erstellung verschiedener Produktinnovationen. So lassen sich mit Creo beispielsweise Baugruppen oder Konstruktionen schnell und unkompliziert realisieren. Das benutzerfreundliche Programm führt dabei mit seinem modellbasierten Ansatz nahtlos von den ersten Konstruktionsphasen bis zur Fertigung des Produkts. Besonders interessant sind Programmfunktionen für die Konstruktion und Fertigung von Verbundwerkstoffen. Generell folgt die Software dem Ansatz des dynamischen Modellierens (Dynamic Modeling). Schwerpunkte sind zum Beispiel die 3D-Teile- und -Baugruppenkonstruktion, automatisches Erstellen von 2D-Zeichnungen, parametrische und Freistil-Flächenkonstruktion, Baugruppenverwaltung sowie die Blechteilkonstruktion und deren fotorealistische Abbildung.
Lantek Expert Punch Im umfassenden Segment des Stanzens und Ausklinkens setzen die Tillmitscher das Programm Lantec ein. In Kombination mit einer Stanz-Nibbel-Maschine des Herstellers Euromac erzielen sie dabei verblüffend exakte Ergebnisse. Lantek Expert Punch verwaltet dabei Werkzeuge für den Autoindex sowie die Multitool-Stationen. Neben zahlreichen Standardwerkzeugen können aber auch solche zum Formen, Tiefziehen, Bohren, Gewindeschneiden oder Markieren unterstützt werden. Außerdem berücksichtigt das Lantek-System die Eigenschaften aller Stationen eines Werkzeugrevolvers oder linearer Magazine. Lantek Expert Punch überzeugt Anwender mit seiner flexiblen und leistungsstarken manuellen und automatischen Verschachtelung. Besonders leistungsstark ist dabei die Kombination aus automatischen und manuellen Verschachtelungsfunktionen wie dem Kopieren auf dem Gitternetz oder dem einfachen Verschieben und Drehen entsprechender Teile. Die automatische Stanz-Software kann vom Anwender beliebig konfiguriert werden und berücksichtigt dabei auch durch die Maschine vorgegebene Einschränkungen. Das System verwaltet die Blech-Repositionierungen vollautomatisch, stellt aber auch Änderungsmöglichkeiten zur Verfügung, wodurch der Anwender Bearbeitungsaufträge und -reihenfolgen flexibel abarbeiten kann.
Bendex BAUMETALL hat in vorangegangenen Berichten schon mehrfach über die Softwarepakete von Bendex informiert. An dieser Stelle sollen nochmals die wichtigsten Eigenschaften der Software Erwähnung finden: Laut Anbieter (und entsprechender Bestätigung durch Teilnehmer des BM-digital-Anwendernetzwerks) lasen sich mit Bendex unterschiedlichste Biegeteile in wenigen Sekunden erfassen und zeichnen. Das geschieht wahlweise per touchbasierter Freihandeingabe oder per Maus am Bildschirm! Bei der Eingabe werden die Anwender vom Programm geführt. Zu jeder Zeit besteht die Möglichkeit, Eingaben rückgängig zu machen oder zu wiederholen. Entsprechende Ergebnisse werden sofort in Form einer interaktiven 2D-/3D-Ansicht am Bildschirm dargestellt. Und noch etwas besticht: Bendex versorgt den Anwender zu jedem Zeitpunkt mit hochwertigen, klar verständlichen Zeichnungen. Diese sind bereits während der Angebotsphase sehr nützlich und erleichtern folglich auch die Prozesse rund um Auftragsbestätigung, Arbeitsvorbereitung, Produktion oder Abrechnung. Erwähnenswert ist darüber hinaus, dass entsprechende Zeichnungen und Abbildungen einschließlich materialabhängiger Korrekturen vollautomatisch generiert werden.
Weitere Stärken des Programms sind die integrierte Verschnittoptimierung, die vollautomatische Erzeugung sämtlicher Produktionsdaten oder die direkte Maschinenanbindung zur automatischen Datenübergabe. Dem Stichwort „Durchgängigkeit“ entsprechend werden Stanz- und Lasermaschinen direkt mit Produktionsdaten in Form von CAD-Daten versorgt. Darüber hinaus können für Biegemaschinen fast aller am Markt relevanten Hersteller Profilgeometrien exportiert werden. Und auch für automatisierte Längs- und Querteilanlagen können die jeweiligen Verschnittmuster übertragen werden.
Fotoblech Wer Stanzbilder erstellen möchte, kommt mit Fotoblech einfach ans Ziel. Die Software ist in der Lage, beliebige Fotos in Lochbleche mit unterschiedlich großen Löchern umzuwandeln. Blumendekore können somit ebenso realisiert werden wie Blattstrukturen, Gesichter oder Personensilhouetten. Ein ausgeklügelter Algorithmus sorgt laut Anbieter für eine entsprechend gute Darstellungsqualität, die auch in Tillmitsch sehr geschätzt wird.
XCAM Zum Zuschneiden und Fräsen von Fassadenplatten setzen die Kollegen der TR Flachdachbau GmbH auf das Programm XCAM. Die spezialisierte CAD/CAM-Software wurde zur Bearbeitung von Kunststoff, Aluminium, Leichtmetallen und Verbundwerkstoffen entwickelt. Eingesetzt wird die Software an numerisch gesteuerten Bearbeitungszentren. Vorteile des Systems sind u. a. formgetreue Verschachtelungen in Kombination mit Daten zahlreicher Formate wie IGES-, STL-, STEP-, SAT-, SKP- und RHINO-Import (3DM), DXF-, CAL-, HPGL-, PNT- oder ISO-Import. Die Erstellung von Zeichnungen aus parametrischen Modellen ist ebenso möglich wie die 3D-Modellierung oder das Vektorisieren von Bildern. Das Verwalten automatischer Pläne gehört ebenso zu den Leistungsmerkmalen wie die 3D-Simulation, das virtuelle Fräsen oder die Kollisionserkennung. Und weil das Team um Philipp Theißl gerne zeigt, wie Dinge in der Praxis funktionieren, wurde kurzerhand das Logo des BM-digital-Anwendernetzwerks in eine Aluminium-Verbundplatte gefräst.
Im Tun liegt der Beweis
Mit PowerPoint-Präsentationen ist das so eine Sache: Sie sind zwar schön anzusehen, stellen aber für Praktiker noch lange keinen Fuktionsbeweis dar. Mario Theißl zeigt daher kurzerhand, wie es funktioniert. Dazu steuert er zunächst das Coilcenter Krasser-Centurio mit einem per Bendex erstellten Template an. Vollautomatisch wird das entsprechende Coil herausgesucht und zur Längs- und Querteileinrichtung der Anlage befördert. Dann erfolgt das vollautomatische Einfädeln des Materials sowie der sich anschließende Nullschnitt. Als Nächstes werden die Zuschnitte erstellt und etikettiert. Mario Theißl entnimmt die exakt zugeschnittenen Platinen und befördert sie zur Stanze. Dort angekommen startet er einen weiteren Automatismus. Die Anlage setzt sich in Bewegung und nur wenige Minuten später befinden sich an den Schnittkanten sowie in der Mitte der Aluminiumtafeln in schrägen und parallelen Linien verlaufende Ausklinkungen bzw. Löcher. Was auffällt: Der Stanzvorgang erfolgt unerwartet geräuscharm, was vielleicht auch daran liegt, dass Mario Theißl 1,5-mm-Aluminium verwendet.
Jetzt erfolgt das Biegen der Zuschnitte auf einer Doppelbieger-Langabkantmaschine DBJ von Jorns. Mit einem Handscanner werden zunächst die auf der Etikette hinterlegten Programminformationen in die Maschinensteuerung eingelesen. Ein kurzes Antippen des Fußschalters und der Biegeprozess beginnt – vollautomatisch und ohne menschliches Eingreifen. Das Biegen erfolgt dabei in zwei Richtungen, nach unten sowie nach oben. Das Beste daran ist: Die Greifer der Maschine positionieren die Platine punktgenau und sorgen dafür, dass sich jede Biegelinie exakt an der definierten Stelle befindet. Bei einem Trapezprofil ist das umso wichtiger, denn Ungenauigkeiten oder Kettenmaße führen zu unbrauchbaren Ergebnissen. Wie exakt das Biegeergebnis ist, veranschaulicht Mario Theißl mit einem einfachen Kniff: Mit dem Ziel, eine Außenecke herzustellen, biegt er das Trapezprofil per einfachem Händedruck um 90 Grad herum. Fertig! Dort, wo zuvor in der Fläche liegende Löcher waren, schmiegen sich nun die Flanken des Profils passgenau aneinander. Die Trapez-Unter- und -Überzüge verlaufen dabei mit enormer Passgenauigkeit als Gehrung um die Ecke – ein Beweis dafür, dass nicht nur die Biegefolgen, sondern auch die Ausklinkungen extrem genau ausgeführt wurden. Übrigens: Der so aus einem einzigen Stück hergestellte Trapezprofil-Kubus wird von Rohbauunternehmern als verlorene Schalung zur Herstellung von Köcherfundamenten eingesetzt!
Verbundplatten vom Feinsten
Ein weiterer Höhepunkt erwartet die „Baumetaller“ in der nebenan liegenden Halle. „Hier“, sagt Philipp Theißl, „befindet sich unsere Verbundplattenwerkstatt.“ Dann stellt er sich an einen Zuschnittbereich, der ein wenig an ein Holzzuschnittcenter in einem Heimwerkermarkt erinnert. Ausgestattet mit Werkzeugen zum Sägen und Fräsen werden dort vorwiegend Aluminiumverbundplatten bearbeitet. Die dazu eingesetzte Software XCAM ermöglicht es, Zuschnitte so vorzunehmen, dass entsprechende Elemente bei Bedarf auch rückseitig gefräst werden können. Ein weiterer Höhepunkt für die Baumetaller ist die Präsentation einer Kantenverschlussmaschine. Sie entfernt in einem Fräsvorgang Ränder entsprechender Verbundplatten. Deren Unterschale und Kern werden dabei in Abstimmung auf die Plattendicke so bearbeitet, dass die Oberschale direkt im Anschluss und somit in einem einzigen Arbeitsgang die Schnittkanten über einen Rollformprozess abdeckt. „Die Bedingung dafür ist“, sagt Philipp Theißl, „dass wir bei der Bauteilberechnung auch diesen Prozess exakt berücksichtigen und zuvor definierte Plattenmaße exakt erreichen.“
Wir sind Zukunftsklempner
Auch bei der dritten Ausgabe des Anwendernetzwerks stand der fachliche Austausch im Vordergrund. Die Teilnehmer begrüßten abermals, dass auf Augenhöhe diskutiert wurde und der Fokus der Gespräche stets lösungsorientiert war. „Der offene Austausch gibt uns eine enorme Orientierungshilfe“, sagte einer der Teilnehmer und fügte an: „Das Format unterstützt Zukunftsklempner dabei, den Weg durch den Dschungel der Digitalisierung zu beschreiten und individuellen Anforderungen entsprechend zu agieren.“ Die Fortsetzung der Veranstaltungsreihe erfolgt voraussichtlich am 11. Oktober 2024 – dann im schwäbischen Tannhausen bei Kollege Johannes Brenner! Interessierte BAUMETALL-Leser aus den Reihen des Fachhandwerks können sich unverbindlich und per E-Mail anmelden. Stichwort: BM digital.