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Zu Besuch bei Kaufmann

Wetterfahnen und Turmspitzen

Einblicke in die faszinierende Welt der Metallverarbeitung erhielten kürzlich Schüler der Spenglermeisterschule Würzburg bei einem Besuch im Handelshaus Kaufmann Ulm. In der Ornamentenabteilung des renommierten Unternehmens gewährte Werkstattleiter Thomas Mitter den angehenden Spenglermeistern tiefe Einblicke in die traditionsreiche Kunst der Ornamentenherstellung. In der Kaufmann-Werkstatt werden Kupfer oder Zink zu beeindruckenden Wetterfahnen, Dachschmuck oder Ornamenten verarbeitet. Am Beispiel eines Wetterhahns erläuterte Mitter einzelne Herstellungsschritte.

Faszinierender Prozess in der Gießerei

Der Guss einer Herstellungsform erfordert viel Geschick und Erfahrung. Zunächst wird eine Form aus Formsand hergestellt, die genau dem gewünschten Design des anzufertigenden Ornaments entspricht. Sobald die Form fertiggestellt ist, wird die Zink-Alu-Legierung Zamak in flüssigem Zustand eingegossen. Um Lufteinschlüsse zu vermeiden, erfolgt das Gießen zügig und dennoch gleichmäßig. Nachdem die Legierung abgekühlt ist, wird die Form vorsichtig entfernt. Das Ergebnis ist ein roher Guss, der noch einige Nachbearbeitungen benötigt. So werden zum Beispiel eventuelle Grate und Unebenheiten entfernt oder die Oberfläche bedarfsweise poliert. Die so entstandenen Formen dienen als Grundlage, um aus Baumetallen in der Presse oder am Fallwerk dreidimensionale Objekte herzustellen.

Halber Hahn aus der Presse

Im nächsten Arbeitsschritt führt Thomas Mitter vor, wie ein Wetterhahn aus Kupfer hergestellt wird. Dazu legt er eine glatte Kupfertafel zwischen Formstempel und Matrize der leistungsstarken Motorpresse. Als sich die gewaltige Presse in Bewegung setzt, betont Mitter die Bedeutung von Fingerfertigkeit, Erfahrung und traditionsreichem Fachwissen in seinem Handwerk. Dann stoppt der Fachmann die Presse. Als er den Rohling eines halben Wetterhahns herauszieht, sind dessen Konturen nur ansatzweise zu erahnen. Um zu verhindern, dass sich unerwünschte Risse bilden, wird das Kupfer mit einem Gasbrenner erhitzt, zur Rotglut gebracht und im Wasserbad abgeschreckt. Dann folgt der nächste Bearbeitungsschritt in der Presse. Dieser Vorgang wird mehrmals wiederholt, bis schließlich ein halber, aber dafür umso stolzerer Wetterhahn auf dem Schoß des Profis Platz nimmt. Bis zur Fertigstellung fehlen freilich weitere Arbeitsschritte. So muss beispielsweise analog zum eben beschriebenen Vorgang die zweite und spiegelverkehrte Hälfte des gefiederten Wetterboten hergestellt werden. Erst dann werden die beiden Körperhälften per Löttechnik miteinander verbunden und mit einem Kugellager sowie einem Drehstab ausgestattet.

Ein Fall für das Fallwerk

Ein weiteres und überaus wichtiges Werkzeug der Ulmer Ornamentenprofis ist das Fallwerk. Fallwerke stammen aus einer Zeit, in der es noch keine motor- oder hydraulisch betriebenen Pressen gab. Ein Fallwerk ist eine Erfindung aus der frühen Zeit der Industrialisierung des Maschinenbaus. Seinerzeit wurden alle Maschinen, von der Ständerbohrmaschine bis zur Balkensäge, über Riemengetriebe angetrieben. Die konstruktiven Wurzeln solcher als Transmissionen bezeichneten Antriebe reichen bis in die Antike zurück und manche bis heute erhaltene Transmissionsanlage gilt als wichtiges Dokument der Industriegeschichte.

Obwohl bei Kaufmann in Neu-Ulm moderne Technik eingesetzt wird, schätzen die Dachschmuckspezialisten das gute alte Fallwerk. Am Herstellungsbeispiel einer gebogenen Dachrinne zeigen Thomas Mitter und Kaufmann-Mitarbeiter Sam Suchant, der aktuell ebenfalls die Würzburger Meisterschule besucht, wie das Fallwerk funktioniert. Mit viel Feingefühl bewegen die beiden, dem Rhythmus des aufschlagenden Stempels entsprechend, einen Titanzink-Rohling über das Gusswerkzeug. Sie wiederholen den Schritt, bis die Rinne den gewünschten Radius hat. Für Suchant und Mitter ist klar, dass die Ornamentherstellung ohne Fallwerk nahezu ebenso unmöglich ist wie Klempnertechnik ohne ­Blechschere.

Beeindruckte
Meisterschüler

Die Ornamentenabteilung des Handelshauses Kaufmann zählt zu den bekanntesten und ältesten der Branche. Seit über 175 Jahren fertigt das Unternehmen hochwertige Ornamente, Wetterfahnen und Dachschmuck aus Kupfer, Zink und Edelstahl. Die Produkte zieren Gebäude auf der ganzen Welt und sind ein Zeugnis für die herausragende Qualität und das handwerkliche Können der Kaufmann-Spezialisten. Der Besuch der Spenglermeisterschüler war eine eindrucksvolle Begegnung zwischen Tradition und Zukunft. Die Begeisterung der jungen Menschen für das alte Handwerk zeigt, dass die Kunst der Metallverarbeitung auch in Zeiten moderner Technologien einen hohen Stellenwert innehat.

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