Stolz und in feinem Zwirn gekleidet präsentierten die Ulmer Klempnermeister am 27. April 2013 ihre Meisterprüfungsprojekte – zeigen kunstvoll gefertigte Blumenvasen, Vogelfutterhäuser mit raffiniertem Dreh oder klassische Rinnekessel von höchster Qualität. Dass sie alle Meister ihres Faches sind, erkennen die staunenden Besucher auf Anhieb. Die filigran gefalzten Wulstabschlüsse oder die nach innen abgesetzten und verdrehten Falzverbindungen der fast immer segmentierten Arbeiten beeindrucken. Außerdem überrascht so manches Meisterstück mit raffinierter Konstruktion. Eines davon ist das aus Titanzink angefertigte Vogelfutterhaus von Markus Fesseler. Das geschwungene Dach kann zur Reinigung oder aber zur Befüllung wie eine überdimensionale Schraube einfach abgedreht werden. Die Konstruktive Lösung sorgt für passgenauen Sitz und außerordentlich guten Halt des Daches. Auch der Ulmer Stadtrat Siegfried Keppler ist beeindruckt. Als Zuständiger für den Baubereich der Stadt denkt er sofort an „seine“ Parks und öffentliche Plätze.
Welch guten Ruf die Ulmer Präsentation der Meisterstücke inzwischen geniest, zeigt auch der hohe Besuch der Verbandsfunktionäre. Bundesfachgruppenleiter Ulrich Leib sowie Stellvertreter Robert Smejkal reisten eigens nach Ulm, um den Meisterschülern zu gratulieren. Auch sie zeigen sich beeindruckt von der Qualität der Arbeiten und davon, welchen Stellenwert die Meisterprüfung inzwischen geniest. Bestätigt werden Sie darin von Gastgeber Rolf Schäfer, dem Geschäftsführer der Handwerkskammer Ulm: „Handwerksmeister begegnen Studienabgängern durchaus auf Augenhöhe. Sie tragen den Meistertitel mit Stolz und mit breiten Schultern.“
Nach der feierlichen Zeugnisübergabe präsentiert Meistermacher Bernd Kramer gemeinsam mit den frisch gebackenen Klempnermeistern die Prüfungsprojekte. Dabei erfahren die Anwesenden, dass der Ulmer Teilzeitunterricht kein Spaziergang ist. Während eines Jahres heißt es an fast jedem Samstag Schulbank drücken. Ergänzt wird der Unterricht durch Blockeinheiten, die immer dann stattfinden, wenn andere Ferien machen. Bernd Kramers Definition des Begriffes Prüfung bringt schließlich auf den Punkt, welche Eigenschaften Klempnermeister drauf haben, beziehungsweise wie sie ticken sollten:
P = Power
R = Rationalität
Ü = Übung
F = Feeling
U = Unkompliziertheit
N = Neugierde
G = Gesunder Menschenverstand
Der verdrehte Ton
Einer, auf den diese Eigenschaften zweifelsfrei zutreffen, ist Florian Bader. Der Jungmeister ist nicht nur Meister seines Faches, sonder auch talentierter Musiker. Beides belegt er mit seinem funktionierenden Klempner-Alphorn, das er aus 0,5-mm-Neusilber, Messing und Goldtombak, einer speziell im Instrumentenbau verwendeten Legierung anfertigte. „Verdrehter Ton“ nennt Florian Bader sein 3,65m langes Instrument mit F Stimmung. Es besteht aus einem hartgelöteten und anschließend eben gefeilten Kegelstumpf sowie einem Übergangsstück, das mittels Weichlot verbunden wurde. Das konische und achtteilige Resonanzrohr besteht aus 600 mm langen Einzelteilen, die einfach gedreht angeordnet sind. Der Resonanzrohrverbinder in Form eines Kegelstumpfes weist vier Ziersicken auf. Schließlich bildet ein konischer Gliederbogen aus 6 Segmenten und mit 5-mm-Rohrfalz sowie 3-mm-Drahteinlage den entsprechenden Abschluss. Zur stilechten Präsentation des Meisterstückes fertigte Florian Bader zusätzlich einen Standfuß an.
Das Meisterstück ist jedoch nicht nur wunderbar anzusehen – es klingt auch so. Den Beweis lieferte Florian Bader gemeinsam mit Ausbilder Bernd Kramer. Gemeinsam gaben die beiden Klempnermeister ein Alphornständchen zum Besten – zu hören ist es übrigens seit geraumer Zeit auf der BAUMETALL-Facebookseite.
Materialinfo
Goldtombak
auch bekannt unter der Bezeichnung Goldmessing, ist eine Cu Zn 15 Kupferlegierung mit 85 % Kupfer- und 15 % Zink-Anteil. Die Dichte beträgt 8,9 g/cm³ – das verwendete Material ist 0,5 mm stark.
Neusilber
ist eine Kupferlegierung mit 62 % Kupfer-, 18 % Nickel- und 20 % Zink-Anteil (CuNi18Zn20). Die Werkstoffnummer nach DIN EN lautet CW409 J, die Dichte beträgt 8,7 g/cm³. Das verwendete Material ist 0,5 und 1 mm stark.
Messing
Außerdem besteht das Alphorn aus Messingteilen (Cu Zn 39 Pb 3 Kupferlegierung mit 58 % Kupfer, 39% Zink und 3 % Blei) der DIN-EN-Werkstoffnummer CW614 N. Die gängige Bezeichnung lautet MS 58.