Wenn Henrik Bade, Klempnermeister und vierte Generation des Familienunternehmens Bade Dächer, mit Falz- und Rundzange, Blechschere und Hammer ausgerüstet Bleche an Fassade oder Dach montiert, dann macht er das heute noch mit denselben Handgriffen, wie Klempner sie auch schon vor 100 Jahren ausführten: Mit Präzision und Geschick kantet er das Blech, faltet es wie Geschenkpapier oder treibt es mit dem Hammer in die richtige Form. „Diese Detailarbeit, die können Maschinen nicht ersetzen. Jedes Dach, jede Fassade ist unterschiedlich“, meint der 26-Jährige.
Das Klempnerhandwerk, also die Arbeit mit Metallen wie Kupfer, Zink oder Edelstahl auf Dächern und an Fassaden, gehörte nicht von Beginn an zur Leistungspalette des Unternehmens. Firmengründer Hermann Bade, Großvater des heutigen Geschäftsführers, eröffnete die Firma vor 100 Jahren als reinen Dachdeckerbetrieb. Die Gründungserzählung der Firma klingt abenteuerlich: Mit dem Fahrrad, Werkzeug im Rucksack und 1200 Reichsmark im Portemonnaie radelte Hermann Bade 1922 von Visselhövede nach Bevensen, immerhin fast 90 km. Er hatte erfahren, dass dem Ort kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs ein verlässlicher Dachdecker fehlte. Wenige Tage später, am 19. April 1922, eröffnete der 24-jährige Dachdeckermeister sein Bedachungsgeschäft: „Lieferung sämtlicher Bedachungs-Materialien zu Tagespreisen u. garantiert sauberste aller ins Fach schlagender Arbeiten“, war in der Tageszeitung zu lesen.
Der Anspruch an eine saubere handwerkliche Arbeit bestehe natürlich auch heute noch, schmunzelt Geschäftsführer Hermann Bade (56), der das Unternehmen heute in dritter Generation leitet. „Allerdings verkaufen wir heute fertige Leistungen, nach den Wünschen unserer Kunden. Kommunikation und Service stehen im Vordergrund, wir suchen nach individuellen Lösungen“.
So bündelt das Unternehmen einen ganzen Strauß an Kompetenzen: Neben der klassischen Eindeckung mit Ziegeln, Schiefer, Kupfer, Zink und Aluminium zählen auch Holzbau und Abdichtungen, z. B. mit Bitumen oder Flüssigkunststoff, zum „All-inclusive-Paket“ – immer mit dem Wunsch, es dem Kunden möglichst einfach zu machen . Auch auf denkmalgeschützte Gebäude sind die Handwerker spezialisiert.
„Die Frage ist, bist du Sprinter oder Zehnkämpfer? Wir sind Zehnkämpfer!“
Welche Erfolgsrezepte lässt das Handwerksunternehmen auch 100 Jahre nach der Gründung als mittelständisches Familienunternehmen zuversichtlich in die Zukunft blicken? „Wenn ihr diesen Kurs haltet, wird euer Unternehmen jede Krise überleben, weil ihr das kundenfreundlichste Handwerksunternehmen seid, das ich kenne“, befand ein Kunde 2019. Inflation, Zweiter Weltkrieg, Wirtschaftskrisen – Bade schrieb nicht immer schwarze Zahlen, doch der Ruf der Firma war jederzeit ausgezeichnet.
Besonders in den 1970er- bis 1990er-Jahren unter Leitung der zweiten Generation (ebenfalls Hermann Bade) zählten Kirchen zu den Haupt-Auftraggebern. Kaum eine namhafte Kirchenbaustelle in Norddeutschland, die in dieser Zeit ohne Beteiligung der Bevenser Handwerker durchgeführt wurde. Für ganze Kirchtürme wurden in der Kurstadt Fertigteile produziert und anschließend mit Schwertransporten zur Montage an die Baustellen geliefert. Das größte Projekt war der 18 m messende Vierungsturm für die Marienkirche in Rostock.
Neue Technik an alten Projekten
Technische Neuerungen und verbesserte Werkstoffe machen die Arbeit heute in vielerlei Hinsicht einfacher: Dank computergesteuerter Maschinen ist die Präzision der Klempnerabteilung heute so hoch wie nie zuvor. Und Henrik Bade weiß auch: „Kaputt machen muss sich auf dem Bau heute niemand mehr.“ Durch Arbeitsschutz, Kräne und neue Maschinen sei vieles leichter geworden. Was er an seiner Arbeit besonders liebt? „Man kommt rum, man lernt die Stadt, das Land kennen. Und: Man verewigt sich so ein kleines bisschen in den Gebäuden. Oftmals stehen die ja sehr, sehr lange.“
Geschäftsführer Hermann Bade treibt ein ähnliches Gefühl an: „Die alten Gebäude einer Stadt erzählen auch ihre Geschichte. Handwerker haben sie oft schon vor Hunderten Jahren geschaffen, Menschen haben darin gelebt. Unsere Mitarbeiter sorgen mit ihrem handwerklichen Können dafür, dass diese Gebäude erhalten bleiben und die Geschichten immer wieder erzählt werden können. Besucher kommen deshalb gern in die Stadt.“ Dieser Anspruch gelte für alle Gebäude, gleich ob privates Wohnhaus, moderner Neubau oder jahrhundertealter Kirchturm. „Wir möchten, dass die Menschen sich wohlfühlen. Das ist auch ein wichtiger gesellschaftlicher Beitrag.“
Bade Dächer für Hamburg
Ein Gefühl dafür bekommt man in einer Stadt ganz besonders: Hamburg. Beim Spaziergang zwischen Hafen und Alster wandert der Blick des Unternehmers immer wieder nach oben, seine Hände weisen Richtung Dach. Stolz und Ehrfurcht schwingen dann in seiner Stimme: „Denkmalpflege wird hier manchmal auch etwas anders interpretiert. Denkmalgeschützte Gebäude werden umgenutzt und bleiben so lebendig.“ Zu sehen sei das am Großprojekt Stadthöfe, ehemaliger Verwaltungskomplex an der Stadthausbrücke. Heute beherbergen die Gründerzeitbauten Premium-Wohnungen in bester Lage, Hotel, Restaurants und Geschäfte. Der schöne Turm des sogenannten Palaishauses wurde in den Bevenser Werkstätten gefertigt.
An allen fünf Hamburger Hauptkirchen, von Michel bis Katharinenkirche, war und ist das Unternehmen immer wieder tätig, genauso sind der Wasserturm an der Sternschanze, das Hotel Atlantic und mehrere Kontorhäuser an Hafen und Alster herausragende Referenzen der Spezialisten aus der Lüneburger Heide. „Der Erhalt der Altstadt und des Stadtbilds, die grünen Kupferdächer an der Alster, da wirkt mein Vater schon enorm mit, dass das Bild so schön bleibt“, schwärmt Henrik Bade.
Das grün patinierte, alte Kupferblech oder auch alte Ziegel wiederzuverwenden, bietet nicht nur ästhetische, sondern auch ökologische Vorteile. „Wenn ein altes Gebäude abgerissen wird, dann geht auch die Energie verloren, die mal reingesteckt wurde“, erläutert Unternehmer Hermann Bade. „Man muss die Kette zu Ende denken, auch das Recycling verbraucht Energie, der Zyklus muss passen.“ Der energetisch bessere Neubau sei da nicht immer die nachhaltigere Lösung. Beim Thema Umwelt müsse sich die Baubranche gewaltigen Herausforderungen stellen, meint auch Henrik Bade: „Kunden wollen berechtigterweise wissen, woher die Materialien kommen, mit denen wir arbeiten, und wie wir recyceln. Nachwachsende Rohstoffe sind ein wichtiges Thema, z. B. in der Dämmung. Da muss man den Anschluss behalten.“
Wer weiterkommen will, bekommt die Chance dazu
Zukunftsfähigkeit – das spürt man – ist das bestimmende Thema im Hause Bade. Auch zu sehen an den vielen Handwerks-Talenten, die hier schon aus- und weitergebildet wurden. Weiterentwicklung gehört zur Unternehmenskultur wie selbstverständlich dazu. Die Ausbildung genießt bei Bade einen hohen Stellenwert und wurde bereits ausgezeichnet (Anmerk. d. Red.: BAUMETALL-Innovationspreis „Vorbildlicher Ausbildungsbetrieb 2013“). „Wir haben ein enorm starkes und breit aufgestelltes Team. Das bündelt Kompetenzen“, meint der Geschäftsführer. „Unsere Mitarbeiter sind mit Engagement für unsere Kunden da. Und wir geben alles für unsere Mitarbeiter.“ Dazu gehören umfangreiche Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und eine eigene betriebliche Altersvorsorge. Regelmäßige Teamevents fördern das kollegiale Miteinander und sind inzwischen fester Bestandteil der Unternehmenskultur: das gemeinsame Grillen am Freitagabend beispielsweise oder die „Kamingespräche“ in kleinerer Runde mit dem Geschäftsführer. Bade Dächer versteht sich zudem als familienfreundliches Unternehmen.
Die Familie spielt auch für den Unternehmer persönlich eine herausragende Rolle: „Klar bedeutet so eine Firma auch mal Entbehrungen für die Familie. Das alles ließ sich nur bewältigen, weil die Familie – meine Frau und meine Kinder – das Unternehmen mitträgt. Dafür bin ich sehr dankbar“, so Hermann Bade. Dass Sohn Henrik mit eingestiegen ist, erfülle ihn mit Freude und Stolz. Als Selbstverständlichkeit habe er das nie erachtet. Vater und Sohn haben viele Ideen, wie das Unternehmen 100 Jahre nach der Gründung in die Zukunft geführt werden kann: „Wir haben jetzt eine längere Regenerationsphase hinter uns und haben uns intern neu aufgestellt.“ Auch die bundesweite Kooperation 100 Top Dachdecker habe maßgeblich dazu beigetragen, dass die Firma heute positiv in die Zukunft blickt. „100 Top Dachdecker ist Netzwerk, Wissensaustausch, Qualitätsmanagement. Durch die Kooperation erhält das Unternehmen wichtige Impulse, die wesentlich zur Weiterentwicklung beitragen und für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess sorgen“.
Was folge, seien eine stärkere Fokussierung auf die Vorplanung der Projekte und eine Überarbeitung der Positionierung. Dafür stünden auch optische Veränderungen an: „Wir wissen noch nicht, wie der neue Auftritt aussehen wird.“ Fest stehe jedoch: Auch Autos und Briefpapier erwarte in naher Zukunft ein neues Styling. 100 Jahre, so Hermann Bade, das sei doch ein guter Zeitpunkt für neue Impulse.
Auf Zeitreise
Am 19. April 1922 eröffnete der aus Visselhövede stammende Dachdeckermeister Hermann Bade ein Bedachungsgeschäft in Bevensen. Nach und nach vergrößerte sich die Firma: Zusätzliche Handwerker wurden eingestellt, größere Räumlichkeiten erworben und eine Zweigstelle in Dömitz (MV) eröffnet. Erster handwerklicher Meilenstein war die Arbeit an der Dreikönigskirche in Bevensen 1927. Ab 1969 übernahm der Sohn, Klempner- und Dachdeckermeister Hermann Bade als Miteigentümer einen Teil der Geschäfte. Mit seinem enormen Hintergrundwissen und seiner Liebe für die unterschiedlichen Baustile verstärkte er die Ausrichtung hin zu Denkmalpflege und Kirchensanierung.
Ab 1964 zog das Unternehmen in neue Gebäude in der Nachbarschaft (An der Aue) um. Unter der Leitung des zweiten Geschäftsführers wurden die neuen Werkstätten allerdings schon innerhalb weniger Jahre wieder zu klein. Im Jahr 1979 zog der Fachbetrieb deshalb erneut um und zwar an den heutigen Standort in der Ebstorfer Straße, der bis 1995 mehrfach erweitert wurde.
Im Laufe der Zeit bewies die Firma immer wieder hohe Anpassungsfähigkeit an die jeweilige Auftragslage: Klempnerei, Gerüstbau und Holzbau ergänzten das ursprüngliche Kerngeschäft, sodass heute auch komplexe Projekte aus einer Hand abgewickelt werden können.
Für Hermann Bade (dritte Generation) stand schon früh fest, dass er beruflich in die Fußstapfen seines Vaters treten wollte. Bevor er 1990 als Dachdecker- und Klempnermeister ins Familienunternehmen eintrat, absolvierte er seine Ausbildung mit Auszeichnung bei einem der renommiertesten Betriebe in Brühl bei Köln. Anschließend sammelte er bundesweit Erfahrungen in unterschiedlichen Dachdecker- und Klempnerbetrieben. 2009 übernahm er die Leitung der Bade Dächer GmbH & Co. KG und führt sie bis heute. Sein Ziel: die Neuausrichtung der Firma hin zu einem kundenorientierten und nachhaltigen Komplettanbieter – vorwärtsgerichtet und traditionsbewusst zugleich.
Als vierte Generation ist Klempnermeister Henrik Bade Ende 2021 ins Familienunternehmen eingetreten. Nach seiner Ausbildung in Ingolstadt arbeitete er mehrere Jahre als Geselle in Zürich, wo er eigene Projekte leitete, z. B. das Kornhaus in Romanshorn, dessen Fassade mit Messing verkleidet wurde. 2021 absolvierte er seine Meisterprüfung in Würzburg. Derzeit ist er sowohl praktisch als auch in der Bauleitung tätig.
Bedeutendste Leuchtturmprojekte der jüngeren Vergangenheit sind diverse Kirchen wie die Marktkirche Clausthal, Dom und Michaeliskirche in Hildesheim, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehören, die Stabkirche in Hahnenklee sowie die großen Kirchen der Backsteingotik in Wismar und Rostock. Darüber hinaus das Lager- und Logistikzentrum der Firma Depesche in Geesthacht und der Uhlenköperpark in Uelzen. In Hamburg zählen das Palaishaus der Stadthöfe, die Hauptkirchen (St. Michaelis, St. Jakobi, St. Katharinen und das Mahnmal St. Nikolai), die Zinnschmelze am Museum der Arbeit, die Hotels Atlantic und Wasserturm Sternschanze, das Kirdorfhaus am Ballindamm und das Bismarck-Denkmal zu den herausragenden Referenzen.
Herzlichen Glückwunsch
Das BAUMETALL-Team wünscht dem Bade-Team alles Gute für weitere 100 Jahre und freut sich schon heute auf den nächsten Fachbeitrag. Bis dahin empfiehlt sich der Blick in das BAUMETALL-Online-Archiv. Es reicht bis ins Jahr 2005 zurück und erlaubt das Nachlesen zahlreicher spannender Fachberichte wie zum Beispiel den über die Sanierung des Kupferdaches der Kirche St. Michaelis im Hamburger Stadtteil Neustadt. Das Gotteshaus zählt zu den Wahrzeichen der Hansestadt. Der entsprechende Fachbeitrag über den „Hamburger Michel“ schildert detailliert, wie die neue Dacheindeckung aus Kupfer unter Berücksichtigung eines geschlossenen Recyclingkreislaufes entstand.