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Moderne Werkstattausstattung für den Klempner

Scharfe Schnitte am laufenden Band

War früher wirklich vieles leichter? Die magische Formel für den Klempner lautete 2,00 m x 1,00 m. Das klassische „Tafelblech“ dieser Größe war der Ursprung aller Rinnendimensionen und Regenrohrdurchmesser. Auch die Zuschnitte der Kehl- und Anschlussprofile wurden den Abmessungen der sogenannten Kleinformat-Tafel angepasst. Jedem Lehrling wurde die festgelegte Maßreihe gebetsmühlenartig eingetrichtert. Ziel dabei war es, möglichst wenig Materialverschnitt zu erhalten. Ob 250, 285 oder 333 mm – der Klempner konnte es drehen und wenden wie er wollte. Stets fertigte er Simse, Rinnen und Anschlussprofile mit diesen Zuschnittmaßen, woraus sich automatisch eine Baulänge von 1 oder 2 m für die verschiedenen Profile ergab.

Heute scheint alles anders. Das Material wird vom tonnenschweren Coil abgespult, längs- und quergeteilt sowie in größten Baulängen abgekantet oder profiliert. Somit ist auch die 2 m kurze Handabkantbank oder die 1 m Schlagschere nicht mehr zeitgemäß, wenn es um rationelle und zuschnittsoptimierte Fertigung geht. Einzig die sogenannte Tafelverarbeitung ist im Zusammenhang mit den weit verbreiteten Kleinmaschinen zu erwähnen. Größter Nachteil: Eine 2 m Tafel wird immer komplett durchgeschnitten, auch wenn nur ein kürzeres Teil daraus benötigt wird.

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Kombination von Abkantmaschine, Kleincoil und Durchlauf-Schlagschere (beispielsweise Fabrikat Güthle). Auf diesen Maschinen können Zuschnitte vom Coil quergeteilt, aber auch längere Zuschnitte im Durchlaufverfahren längsgeteilt werden.

Wie entstehen Zuschnitte?

Viele Klempnerfachbetriebe, die Kleincoils bis zu 200 kg verarbeiten, verfügen heute über Langabkantmaschinen bis zu 6 m Länge. Die Zuschnitte entstehen durch eine an der Biegewange oder der Oberwange geführten Rollenschere (1), direkt an der Abkantmaschine. Das Einlegen der zuvor mit einer Rollenschere, einer Schlagschere oder von Hand quer geteilten Bänder erfolgt händisch und in den meisten Fällen von zwei Personen. Dabei besteht besonders bei großen Zuschnittbreiten Beschädigungsgefahr. Zudem entstehen durch zum Teil sehr hohes Bauteilgewicht immer wieder Kratzspuren auf der Metalloberfläche. Auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen ist die Rollenschere an der Biegewange nicht unbedingt die erste Wahl. Schließlich sind immer zwei Mitarbeiter damit beschäftigt, die Rollenschere beim Hin- und Herfahren zu beobachten. Die Zuschnitte liegen anschließend vor der Maschine auf dem Boden und müssen mühevoll aufgenommen und angezeichnet werden. Betriebe, die mit Kleincoils arbeiten, sollten daher konsequent auf bereits zugeschnittene Coils zurückgreifen. Nur so kann der zeitaufwendige Schneidvorgang auf konische Profile beschränkt werden, was dann wiederum durchaus sinnvoll ist.

Was geschieht vor dem Quer- und Längsteilen?

Kleincoils (2) können durch verschiedene Hilfsmittel abgecoilt werden. Ob vom Sackkarren, aus dem Coillager mit geteilten Rollen oder über das Abrollen vor der Maschine auf dem Boden. Generell gilt beim Kleincoil: Unterschiedliche Zuschnittsbreiten erleichtern das Handling, erfordern jedoch extrem große Lagerflächen. Unabhängigkeit von der Kleincoilbevorratung schafft die Verarbeitung von 1-t-Coils. Diese müssen jedoch aufgrund des Gewichtes auf Abwickelhaspeln mit Innendornen (3 + 4) gespannt werden. Zuvor beschriebene Abwickelsysteme sind hier nicht mehr geeignet. Jedoch werden Abwickler mit und ohne Antrieb angeboten. Die hier geschilderten Arbeitsabläufe gehören in vielen dünnblechverarbeitenden Betrieben zum Alltag. Speziell in der Klempnerbranche, wo es immer stärker auf hochwertige Metalloberflächen, Maßgenauigkeit und möglichst kurze Werkstattzeiten ankommt, beginnt ein Umdenken. Es wird erkannt, dass der zeitaufwändige Prozess des sogenannten Ankörnens erheblich minimiert werden kann. Dazu bieten CNC-gesteuerte Abkantmaschinen mit motorisch betriebenem Hinteranschlag Alternativen. Zudem verkürzen moderne Maschinensteuerungen den Zeitaufwand zur Programmierung und Bedienung.

Auch der Materialfluss im Betrieb kann optimiert werden. Es ist sinnvoll, die Stationen von der Anlieferung über die Lagerhaltung, den Zuschnitt, die Profilierung, bis hin zum Versand oder Transport aufeinander abzustimmen. Speziell das Handling von Kleincoils ist entsprechend zeitaufwendig. Beim Materialwechsel oder der Verarbeitung unterschiedlicher Zuschnittbreiten müssen die Coils oft gewechselt werden, wodurch wertvolle Arbeitszeit verloren geht. Verschiedenste Vorrichtungen, ­Coillager oder Abcoilvorrichtungen ­optimieren zwar die Handhabung, werden aber nur in Zusammenhang mit ­entsprechenden Quer- und Längsteilanlagen effektiv. Über die Vorteile solcher Anlagen sprach BAUMETALL mit dem Geschäftsführer der Forstner Maschinenbau GmbH, Renato Romagna:»

BAUMETALL: Aus zwei verschiedenen Anlässen stand Ihr Unternehmen zuletzt im Leserinteresse. Da gab es einerseits die Vorstellung einer Forstner-Mehrfach-Abcoilanlage auf der Dach+Holz und andererseits die baulichen Veränderungen bei Forstner in Feldkirch. Lassen Sie uns zuerst über die vor wenigen Wochen eingeweihte Fertigungshalle sprechen. Der stattliche 10 m hohe Neubau setzt schon von weitem ein Zeichen und steht symbolisch für modernste Maschinentechnik. Welche Änderungen bringt das Gebäude mit sich?

Renato Romagna: 2500 m² Produktionsfläche bieten uns den nötigen Platz, um alle Produktionsabläufe unter einem Dach zu vereinen. Heute trennen wir die „schmutzintensiven“ Werksbereiche des Rohbaus, der Schlosserei oder der Lackiererei von den Bereichen der Elektro- oder Endmontage. Auch sind wir in der Lage, größere Anlagen komplett aufzubauen und vor der Auslieferung einem intensivem Testbetrieb zu unterziehen. Unser Ziel dabei ist die Qualitätssteigerung und die selbst bei Großanlagen mögliche Werksabnahme im Haus. Anlagen, die sich im Testbetrieb befinden, stehen zudem für Kundenvorführungen bereit.

Darüber hinaus planen wir für die zweite Jahreshälfte eine ständige Maschinen-Ausstellung. Dort werden dann alle wichtigen Maschinen für den Klempnerbereich vorführbereit sein. Diese Neuerung dürfte für Kunden, Händler und deren Servicetechniker interessant sein.

BAUMETALL: Lassen Sie uns über die Dach+Holz reden. Was genau ist eine Mehrfach-Abcoilanlage, wie sie in Stuttgart zu sehen war und wann macht eine solche Anlage Sinn?

Renato Romagna: Durch die Veränderung der Materialien für den Klempnerbereich ändert sich zunehmend auch der Werkstattalltag in einem Klempnerfachbetrieb. Aufgrund der enormen Bandbreite unterschiedlichster Metalle und Materialoberflächen gehören häufige Materialwechsel heute zur Tagesordnung. Wir unterscheiden dabei drei Konzepte: Erstens, die Materialbestückung mit fahrbaren Aufnahmegeräten für die Coils, den sogenannten Haspeln. Zweitens, die Mehrfach-Abcoil-Halbautomaten mit beispielsweise sechsfacher Materiallagerung. Bei diesem Konzept werden die Coils, im Gegensatz zur Haspel einseitig gelagert. Die Abwickelgeräte sind nicht motorisch betrieben. Das Einziehen unterschiedlicher Coils ist noch immer ein mechanischer, aber sehr erleichternder Prozess. Die dritte Variante ist der Schritt zum Vollautomaten mit motorischem Materialeinzug. An der Steuerung wird das entsprechende Coil, die Länge des Zuschnittes und die Stückzahl gewählt. Der automatisierte Materialvorschub erlaubt dem Maschinenbediener während des Zuschnitts anderen Tätigkeiten nachzugehen, etwa dem Abkanten von Profilen. In Kombination mit einer manuell oder automatisiert einstellbaren Spaltanlage entfaltet solch eine Abcoilanlage ihr volles Potenzial. Übrigens erfolgt ein Coilwechsel beim Vollautomaten in weniger als einer Minute.

BAUMETALL: Für welche Betriebe lohnt sich die Investition in diese Technik?

Renato Romagna: Die meisten unserer Kunden entwickeln sich von der unzeitgemäßen Variante, Coils am Boden abzurollen über den Halb- zum Vollautomaten. Speziell Betriebe, die Lohnabkantungen anbieten oder sich auf Hallenbau spezialisiert haben, entscheiden sich für diese Technik. Dabei ist eine Tendenz zu höheren Metallstärken zu beobachten. Auch der klassische Klempnerbereich interresiert sich zunehmend für Maschinen mit höherer Schneidleistung.

BAUMETALL: Sie schildern sehr viele und interessante Möglichkeiten. Gibt es dazu auch einfache Alternativen? Eventuell mit der Option einer Anlagenerweiterung zu späterem Zeitpunkt?

Renato Romagna: Grundsätzlich verfolgen wir bei Forstner das Konzept der späteren Erweiterungsmöglichkeit und Kompatibilität. Beispielsweise kann eine Streifenschere mit händischer Zustellung nachträglich motorisiert werden. Auch eine Richtmaschine ist jederzeit nachrüstbar. Bei komplexen Forderungen an die Maschinensteuerung ist eine Nachrüstung nicht immer wirtschaftlich oder möglich. Erfahrungsgemäß sind unsere Anlagen jedoch auf dem Gebrauchtmaschinenmarkt sehr begehrt.

BAUMETALL: Wie antwortet Forstner auf in der Klempnertechnik immer öfter eingesetzte Edelstähle?

Renato Romagna: Wir bieten hierzu spezielle Edelstahl-Messesätze an. Tendenziell gehen wir sogar dazu über, Neuentwicklungen nur noch mit hochwertigen Edelstahlmessern auszustatten. In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass selbst unsere Standardmaschinen mit einer Schnittleistung bis zu 1 mm bei Stahl, Edelstahl im Bereich von 0,6 mm und darunter problemlos verarbeiten.

BAUMETALL: Forstner produziert bereits seit 1962 Maschinen für die Metallverarbeitung. Neben den bekannten Quer- und Längsteilanlagen kommen weitere Maschinen und Anlagen aus Feldkirch. Welche davon sind für moderne Klempnerbetriebe interessant?

Renato Romagna: Die Forstner-Kurven- und Konischschneidanlage ist solch eine Maschine. Hier können Metalle bis zur Breite von 1500 mm verarbeitet werden. Vier parallele oder konische Schnitte und sogar konkave beziehungsweise konvexe Kurvenschnitte sind möglich. Somit gehören Pappschablonen der Vergangenheit an. Die Zuschnitt-eingabe erfolgt an der Maschinensteuerung und die Kurven zwischen den einzelnen Maßpunkten werden exakt errechnet. Typische Anwendungen sind ringförmige Gebäudegrundrisse, etwa an Stadien. Die Maschine ist entweder als Einzelmaschine für bis zu 20 m Tafelmaterial oder zur Integration in eine Coilanlage konzipiert. Darüber hinaus bieten wir Lüftungskanalstraßen zur automatischen Fertigung von Lüftungskanälen oder Anlagen für den Schornsteinbau an.

BAUMETALL: Gibt es ein Erfolgsgeheimnis bei Forstner?

Renato Romagna: Hinter der Forstner-Philosophie stehen vor allem Qualität und Service. So ermöglicht die bereits erwähnte Kompatibilität einzelner Maschinenmodule die individuelle Wahl und Anordnung der Ausrüstung. Neben der Beratung bieten wir hausinterne Schulungen und ein weltweit verbreitetes Händlernetz. Für unsere deutschen Kunden bietet der Werkzeug- und Maschinenspezialist René Engelhardt aus Münchingen einen besonderen Service an. Die Multicut im Bus! Hier kann der Kunde eine Längs- und Querteilanlage vom Typ MST mit SPS-Touchscreen-Steuerung direkt in seiner Werkstatt testen.

BAUMETALL: Wie beschreiben Sie den Klempnerbetrieb des Jahres 2018?

Renato Romagna: Wenn ich an die Entwicklung im Lüftungsbau denke, erkenne ich gewisse Parallelen. Dort gab es vor etwa 15 Jahren einen Trend hin zur Automatisierung. Viele kleine Spenglerbetriebe, die damals Lüftungsanlagen selbst hergestellt haben, sind heute Montagebetriebe. Die Fertigung der Lüftungsanlagen wird von spezialisierten Firmen übernommen. Wir beobachten in Klempnerregionen, wie den Beneluxländern, bereits heute die Entstehung von Servicecentern zur Fertigung von Profilen für den Klempnerbereich.

Eine andere Entwicklung beruht auf folgender wichtigen Erkenntnis: Gut eingerichtete Betriebe haben heute großes Interesse an effektiver Maschinenauslastung. Das geht oft nur über den Schritt der Lohnkantung, was letztendlich die Wertschöpfung einer Investition erhöht.

In diesem Zusammenhang möchte ich Folgendes erwähnen: Aus der Tradition heraus ist Forstner sehr mit der Klempnertechnik verbunden. Hier sehen wir den Hauptmarkt für die Zukunft und werden neben der Entwicklung von größeren Anlagen für industrielle Anwendungen vor allem die Maschinen für den Klempnerbereich ständig den aktuellen Anforderungen anpassen und weiterentwickeln.

* René Engelhardt ist Geschäftsführer bei Engelhardt Werkzeuge und Maschinen, Münchingen ** Interview: BAUMETALL-Chefredakteur A. Buck

René Engelhardt* und Andreas Buck**

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