Sie können stolz auf sich sein. Wir haben eine Meisterprüfung erlebt, die fantastische Arbeiten und eine nie dagewesene Breite in der Spitze hervorgebracht hat“, so Lothar Henzler, Vorsitzender der Meisterprüfungskommission für das Klempnerhandwerk der Handwerkskammer Koblenz. Der Fachmann ist seit mehr als 25 Jahren Mitglied im Meisterprüfungsausschuss. Als er im Mayener Bundesbildungszentrum des Deutschen Dachdeckerhandwerks (BBZ) die Prüfungen abgenommen hatte, war er voll des Lobes. Aber der Reihe nach: Als BBZ-Geschäftsführer Rolf Fuhrmann Mitte August des letzten Jahres den Startschuss für den Vorbereitungskurs zur Klempnermeisterprüfung gab, stellten sich für die Schüler und auch das Dozenten-Team viele Fragen. „Was können wir leisten unter den erschwerten Bedingungen mit dauerhafter Maskenpflicht in Klassenraum und Werkhalle? Ist die extreme Konzentration, die beim Spenglern benötigt wird, überhaupt leistbar?“ Diese Gedanken beschäftigten auch die 16 Kursteilnehmer – 15 Männer und eine
Frau.
Ein Ausnahmekurs im Ausnahmezustand
Die Dozenten wiederum dachten darüber nach, wie das strenge Hygienekonzept des BBZ umzusetzen sei, ohne dass für die Schüler ein Nachteil entstünde. Es stand die Frage im Raum, ob es überhaupt möglich sei, den benötigten Stoff zu vermitteln, um im Anschluss eine Prüfung durchzuführen. All diese Sorgen sollten sich im Nachgang als vollkommen unbegründet erweisen. Sowohl Schüler als auch Lehrer stellten sich den Herausforderungen, die ein Kurs im Ausnahmezustand unter Coronabedingungen mit sich brachte. Trotz aller Hindernisse entwickelte sich eine wunderbare harmonische Zusammenarbeit, bei der nicht nur auf die Prüfung vorbereitet wurde, sondern auch auf das tägliche Arbeitsleben. Schnell zeigte sich, dass in den Kurs durch eine spannende Zusammenstellung (unter den Teilnehmern befanden sich Spenglergesellen, eine Dachdeckermeisterin, Dachdeckermeister und ein Dachdeckermeister mit Architekturstudium) ein breites und fundiertes Wissen aus der Baustellenpraxis eingebracht werden konnte.
Im Theorieteil beschäftigte man sich sehr konzentriert mit der Objektkalkulation, ein unerlässliches Wissen für das erfolgreiche Arbeiten in einem Unternehmen. „Ziel ist es, all unseren Teilnehmern das Rüstzeug mitzugeben, um sich eine Stammkalkulation aufzubauen, die sie nach und nach ohne großen Aufwand erweitern können,“ so BBZ-Dozent Timo Eberhard. Bauphysikalische Prozesse, die im Bereich der Metalldacheindeckung eine sehr große Bedeutung haben, wurden ebenso ausführlich anhand von gängigen Normen und Fachregeln beleuchtet wie die Fachkunde selbst. Dazu gehört natürlich auch ein gekonnter Umgang mit der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), z. B. im Bereich des Aufmaßes. Abgerundet wurde der theoretische Teil mit der Wissensvermittlung in den Bereichen Kostenrechnung, Arbeitssicherheit und Unternehmensführung.
Beeindruckende Leistungen
Was sich dann in der Praxis zeigte, beeindruckte die unterrichtenden Dozenten und später auch die Prüfungskommission. „Ein extrem wissbegieriger, ehrgeiziger, sehr guter Jahrgang“, urteilte BBZ-Urgestein Georg Diensberg. Die Schüler verwandelten Dächer, Gauben und Fassaden in wundervolle, kreative Arbeiten. Ein Highlight vor der Prüfung war sicherlich der Teil der kunsthandwerklichen Ausbildung. Ein im theoretischen Unterricht von jedem Schüler individuell designter und abgewickelter Gegenstand wurde von der Gruppe anschließend in der Praxis gebaut. Es entstanden Blumentöpfe, Schlüsselschalen, Vasen und Pokale. „Ein Stück schöner als das andere“, schwärmt Spengler- und Dachdeckermeister Timo Eberhard und ergänzt: „Die Schüler selbst waren so angetan, dass sie sich kurzerhand entschieden, daraus einen Kalender zu machen.“
Klempnerherz: Was willst du mehr?
Kurz vor Weihnachten rückte dann der Prüfungstermin näher. Bei der praktischen Umsetzung des Meisterprüfungsprojekts stand auch die Gestaltung eines Dachmodells zur Auswahl. Der Ehrgeiz der angehenden Klempnermeister war es hierbei, keine schlichten Dachmodelle, sondern regelrechte Kunstwerke zu gestalten: Die Ergebnisse ließen das Klempnerherz höher schlagen angesichts der Qualität, die bei Segmentgauben, 3D-Rauten, modernen Schindeln, Rinnenerweiterungen und Rundkehlen gezeigt wurde. Und dann verwunderte es auch nicht, dass alle Teilnehmer die Prüfung bestanden haben. „Ihr habt aber nicht nur eine Prüfung bestanden, ihr habt in schwierigen Zeiten Herausragendes geleistet und gezeigt, was mit Willen und Ehrgeiz zu erreichen ist“, bedankte sich Timo Eberhard für eine ungewöhnliche, aber sehr schöne viermonatige Zusammenarbeit.
Starke Leistung
Die beste Prüfung absolvierte Matthias Kremer mit 94,86 Punkten vor Julia Peetz aus Tübingen, die 92,30 Punkte erreichte. Leonhard Schäfer aus Rüsselsheim brachte es auf 90,91 Punkte. Der nächste Vorbereitungskurs auf die Klempnermeisterprüfung startet im August 2021 am BBZ in Mayen. Informationen erhalten Interessenten ebenso wie die Anmeldeunterlagen telefonisch unter (0 26 51) 9 87 30 , per E-Mail unter info@bbz-dachdecker.de oder online auf www.bbz-dachdecker.de.