Nach nur acht Jahren mussten am Zinkdach der Volkshochschule Schwanfeld die ersten Sanierungsarbeiten vorgenommen werden, da ein heftiger Sturm einen Teil des Daches abdeckte. Zwar wurde der Sturmschaden weitgehenst behoben, doch aufgrund schwerwiegender Ausführungsfehler am restlichen Teil des Daches, war eine komplette Erneuerung unumgänglich.
Bei einer Vorortbesichtigung zeigte sich dann das ganze Schadensausmaß. Bei diesem Termin trafen sich unser Chef Georg Lummel, der Objektleiter Harald Kallenbach, die Lehrlinge William Korostil, Philipp Heid, Thomas Ühlein und der Ausbildungsmeister Heiko Baume am Bauobjekt. Gemeinsam entdeckten wir eine Vielzahl von Ausführungsfehlern. Obwohl die technischen Details in den Spenglerfachregeln hinreichend beschrieben sind, waren vor allem folgende Punkte mangelhaft:
- unberücksichtigte Materialdehnung
- zu niedrige Aufkantungen an den Lichtkuppeln
- zu scharfe Abkantung der umgelegten Falze
- mangelhaft eingelötete Anschlüsse
Das Gebäude wurde vermessen und Notizen wurden erstellt. Anhand dieserGrundlagen konnten anschließend technische Zeichnungen angefertigt werden. Auch die Detailpunkte wurden im Querschnitt und mit den dazu nötigen Baustoffbezeichnungen aufgezeichnet. Auf Grundlage der technischen Zeichnungen wurden dann die Fertigungsskizzen erstellt, die zur Materialvorbereitung der Scharen und der Detailpunkte in der Werkstatt nötig waren. Die fertigen Bauteile wurden in mehrere Transportcontainer verpackt und per LKW zur Baustelle transportiert.
Neue Edelstahlscharen für Schwanfeld
Nachdem wir unseren Bauwagen und die Ausrüstung auf der Baustelle eingerichtet hatten, begannen wir mit dem Abriss der Zinkscharen. Das alte Dach konnte leicht entfernt werden, da teilweise wenige Haften vorhanden waren und diese zudem keinen richtigen Halt hatten. An vielen Stellen des Daches hatte sich bereits Weissrost gebildet, der teilweise sogar zur Lochbildung führte. Deutlich zeigten uns die vorhandenen Wasserspuren auf der Holzschalung, an welchen Stellen die Details versagten. Ursächlich waren größtenteils Undichtigkeiten aufgrund der bereits geschilderten Ausführungsfehler für diese Schäden verantwortlich.
Nachdem alle restlichen Nägel aus der Holzschalung entfernt waren, haben wir teilweise gelöste Schalungsbretter nachgenagelt. Anschließend wurden die Lichtkuppeln aufgestockt, um den Richtwerten einer wasserführenden Schicht von mindestens 150 mm zu entsprechen. Auf der gesamten Dachfläche brachten wir eine Trennschicht auf. Im Traufbereich frästen wir die Schalung ein, um eine Erhöhung durch die Rinnenhaltereisen und eine dadurch entstehende Wasserschanze zu vermeiden. Zur Montage der Dachrinnen wurde eine Schnur vom höchsten zum niedrigsten Rinneneisen gespannt und die Rinneneisen entsprechend abgekantet sowie fluchtgerecht befestigt. Nachdem die Rinnen montiert und alle Dilatationsausgleicher eingelötet waren, begannen die eigentlichen Dachdeckungsarbeiten. Aufgrund der geringen Dachneigung wurden vor dem Verfalzen der neuen Uginox-FTE-Scharen Dichtbänder in deren Doppelstehfalze eingelegt. Während die großen Flächen routiniert und zügig eingedecktwurden, forderten zahlreiche Durchdringungen und Anschlüsse ein Höchstmaß an Fachwissen. Unser Ausbilder, Klempnermeister Heiko Baume, erklärte uns, wie rundgefalzte Anschlüsse an Lichtkuppelverwahrungen entstehen und worauf bei der Herstellung einer Kehle mit Sattel geachtet werden muss. Eigens dazu hatten wir in der Werkstatt an speziell angefertigten Modellen diverse Anschlüsse geübt. Die unzähligen Anschlüsse vor Ort erlaubten jedoch ein Training unter „echten“ Bedingungen. Auch lernten wir so manche Tücken bei der Edelstahlverarbeitung kennen. Heute können wir dieses Wissen, unabhängig vom Werkstoff, auf rundgeschweifte Anschlüsse aller Art übertragen.
Jede Menge Details
Vor allem die Quetschfalze mussten sauber ausgeschnitten werden. Dabei achteten wir darauf, das Material besonders in den unteren Ecken nicht übermäßig zu stauchen. Nur so konnte eine erneute Rissbildung in diesen kritischen Bereichen vermieden werden. Dies war beispielsweise an den Lichtkuppel-Anschlüssen von großer Bedeutung. Die Anschlüsse im Firstbereich sowie an der vorderen Seite der Lichtkuppeln wurden durch Quetschfalten ausgebildet. Im Kehlsattel- und seitlichen Anschlussbereich bearbeiteten wir die umgelegten Stehfalze mit einem Schweifhammer und dem Schaleisen. So entstand ein leicht gerundeter Bereich, der scharfen Aufkantungen und dadurch entstehender Rissbildungsgefahr entgegenwirkt. Zwischen den Falzen beließen wir stets etwas Luft, um die Querdehnung zu ermöglichen. Sämtliche Querfalze wurden ausgeschnitten, um eine Materialdopplung zu verhindern. Auch die Dunstrohrverwahrungen wurden in Falztechnik ausgeführt. Dazu falzten wir die Durchdringungen von der Metallrückseite ein und löteten sie vorderseitig.
Mehr als Spenglertechnik — Organisation des Baustellenlebens als Lehrauftrag
Ausbildung ist weit mehr als das bloße Vermitteln technischer Kenntnisse. Dieser Meinung ist zumindest Georg Lummel, der Geschäftsführer des gleichnamigen Spenglerfachbetriebes in Karlstadt. Die Eigenverantwortlichkeit seiner Lehrlinge ist ihm dabei besonders wichtig und er fügt an: „Am besten kann diese Verantwortung bei der Organisation der Arbeitsabläufe sowie der Baustellen- und Feierabendgestaltung vermittelt werden.“ Kurzerhand wurde ein für Ausbildungszwecke geeignetes Bauobjekt bestimmt – die Sanierung des Metalldaches der Volksschule in Schwanfeld. Es folgte die Reaktivierung eines noch aus den Gründerzeiten der Lummel GmbH & Co. KG stammenden alten Bauwagens. Dabei wurden nur die notwendigsten Dinge wie Kochplatte, Kühlschrank, Doppelstockbetten und Sitzecke erneuert – jedoch bewusst auf Internet- oder Fernsehanschluss verzichtet. Die Auszubildenden wurden vom ersten Augenblick an in alle nötigen Arbeitsgänge einbezogen. Aufmaß, Vorfertigung, Montage und Organisation des Baustellenlebens gehörten ebenso zu deren Aufgaben wie das Zusammenleben auf engstem Raum. Und speziell in letztgenannter Disziplin, so ist sich Georg Lummel sicher, wird ein sehr wichtiger Teil der Ausbildung vermittelt: das gesellschaftliche Zusammenleben. Weder PC-Spielekonsolen noch stundenlanges Fernsehen bestimmte die Abende auf der Baustelle. An erster Stelle standen technische Details, die theoretische Auseinandersetzung mit schwerwiegenden Ausführungsfehlern oder die wichtige Frage, was zum Abendessen vorbereitet würde und wer die Einkäufe oder den Abwasch zu erledigen hätte. Der so entstandene Teamgeist „schweißt“ Arbeitskollegen zusammen und…
Bautafel
Der vorhandene Dachaufbau ist eine klassisch hinterlüftete Konstruktion. Das etwa 7° geneigte Satteldach misst 725m². Zahlreiche Lichtkuppeln und Dunstrohre durchdringen die Dachfläche. Die Arbeiten dauerten etwa sechs-einhalb Wochen.
Material:
Nichtrostender Edelstahl nach DIN 17.441/EN 10088-2, Werkstoff-Nr. 1.4510. Uginox FTE ist ein (magnetischer) ferritischer und 17%iger Chromstahl mit 0,59 Titananteilen und einer zusätzlichen Zinnbeschichtung. Mit großem Erfolg wird Uginox FTE seit mehr als 25 Jahren für Dacheindeckungen und Dachentwässerungen eingesetzt. Weitere Vorteile sind:
- Beständigkeit gegenüber vielen oxidierenden Säuren und Laugen
- Beständigkeit gegenüber Bitumen und dessen Abbauprodukte
- Beständigkeit gegenüber Zement und Kalkmörtel
- Beständigkeit gegenüber Abgasen von Ölheizungsanlagen
- Kontaktkorrosionsunanfällig und Korrosionsbeständigkeit gegenüber atmosphärischen Einwirkungen
- umweltfreundlich und bruchsicher
Befestigungsmaterial: Edelstahlhafte, -nägel, und -nieten
Architektur: Ing.-Büro für Bauwesen, Dipl.-Ing. Michael Seuling, Schwanfeld
Bauherr: Schulverband Schwanfeld
Ausführung: Azubis der Lummel GmbH & Co. KG, Karlstadt
Ausbilder: Klempnermeister Heiko Baume