Wenn Traditionsunternehmen neue Wege beschreiten, ernten sie entweder Respekt oder Unverständnis. Was dieser Tage einem der renommiertesten Kupferhersteller widerfährt, ist beides. Einerseits sorgen spektakuläre Bauten mit atemberaubend schönen Metallfassaden weltweit für Aufsehen – andererseits gerät das international agierende Unternehmen KME, dessen Material genau solche Fassaden schmückt, zunehmend in die Diskussion mit zahlreichen Fachbetriebsinhabern. Der Grund: Die Kupferspezialisten aus Osnabrück bieten als Generalunternehmer Gesamtleistungspakete inklusive Beratung, Projektierung und Montage an. Dabei sprechen die führenden Köpfe der KME Architectural Solutions nicht nur von Kupfer. Neben dem rot glänzenden Baumetall realisiert die erst vor zwei Jahren gegründete Geschäftseinheit der KME Germany AG & Co. KG auch Architekturträume mit Aluminium, Zink und anderen Metallen. Spätestens jetzt wird die Bedeutung der aktuellen Entwicklung sichtbar, denn es geht um weit mehr als um neue Kupfer-Geschäftsmodelle. Um die zahlreichen Fragen der BAUMETALL-Leser zu beantworten, sprach BAUMETALL-Chefredakteur Andreas Buck mit KME- Commercial Director Jens-Peter Zuther und mit KME-Fachmann Hermann Kersting, der für die Bereiche Kommunikation, Training und Promotion der Sparte Walzprodukte zuständig ist.
Der Begriff KME Architectural Solutions scheint die Branche zu verunsichern. Wie erklären Sie sich, dass zahlreiche Fachbetriebsinhaber mit Unverständnis auf aktuelle Entwicklungen bei KME reagieren?
Jens-Peter Zuther (JPZ): Gegenfrage: Was sagt ein geschäftstüchtiger Fleischermeister zu seinem Kunden am Verkaufstresen?
Geschnitten oder am Stück und darf es noch ein bisschen mehr sein?
JPZ: Genau! Die neue Geschäftseinheit Architectural Solutions der KME bietet zukünftig ein erweitertes und sehr beeindruckendes Leistungspaket an – inbegriffen sind Leistungen, von welchen die gesamte Branche profitieren kann.
Inwiefern?
Hermann Kersting (HK): In erster Linie durch die partnerschaftliche Zusammenarbeit der KME mit den Fachbetrieben. Dank der strategischen Neuausrichtung sind wir in der Lage, zukünftig als Generalunternehmer aufzutreten und wo eben möglich gemeinsam mit unseren Tecu-Partnern in bislang nicht gekannte Dimensionen vorzustoßen. Dabei kann KME den Fachbetrieben helfen, vor allem bei sehr großen Projekten wirtschaftliche Risiken abzufedern.
Sind Sie sicher, dass Ihre Partnerbetriebe das wissen und es auch genau so verstehen? Ich gewinne eher den Eindruck, als hätten zahlreiche Fachbetriebe Angst vor einem neuen und großen Wettbewerber am Markt, der selbst vor kleineren Projekten nicht zurückschreckt und darüber hinaus von Vorteilen, etwa bei der Materialbeschaffung, profitiert. Aussagen wie „Wenn KME abgibt, muss ich mich nicht mehr um den Auftrag bemühen“ spiegeln diese Befürchtung doch sehr genau wieder.
JPZ: Ganz wichtig ist, dass wir uns ausschließlich auf große und komplexe Projekte konzentrieren. Um kleinere Projekte und vor allem klassische Standardbedachungen werden wir uns nicht bemühen, es sei denn, sie sind technisch so komplex, dass kein Mitbewerber sie anbietet. Natürlich werden wir auch dann tätig, wenn von der KME mit hohem Aufwand akquirierte und technisch beratene Projekte für Kupfer verloren zu gehen drohen oder möglicherweise gezielt Material von Wettbewerbern eingesetzt werden soll.
Ansonsten drehen Sie Ihre Aussage doch um! Unsere Partner profitieren von unserer Stärke. KME kennt den Markt genau, verfügt über ein ausgezeichnetes Architekten-Netzwerk und generiert Projekte, die ohne KME vielleicht nie zur Ausführung gekommen wären. Zudem treiben wir mit hohem technischem und Beratungs-Aufwand Projekte voran, die in der Ausschreibungs- und Vergabe-Phase an andere Materialien verloren gehen könnten. Dabei garantiert unsere langjährige Erfahrung sowie unser kaufmännisches Potenzial höchste Wertschöpfung und zwar sowohl für unsere Partnerbetriebe als auch für unser Unternehmen. Übrigens bezieht die KME Architectural Solutions die benötigten Baumetalle innerhalb der KME zu marktüblichen Konditionen – Wettbewerbsvorteile entstehen somit nicht.
Dass KME einen hohen Aufwand in die Vorbereitung und technische Detaillierung von Fassaden- und Dach-Projekten investiert, ist in der Branche bekannt. Doch auch für andere Hersteller und vor allem für unsere Fachbetriebe gehören unvergütete Beratungsleistungen leider und seit vielen Jahren zum Tagesgeschäft. Können Sie diesbezüglich ein sich veränderndes Verhalten der Architekten und Planer gegenüber den Fachbetrieben feststellen?
JPZ: In der Tat. Vor allem bei komplexen Bauvorhaben steigt die Anforderung an die Verarbeiter zunehmend. Konkret bedeutet dies: Aufwendige Unterkonstruktionen, statische Berechnungen und komplexe bauphysikalische Nachweise werden immer häufiger Bestandteil von Bauleistungen. Ich bin überzeugt, dass sich der Beruf des Klempners bzw. Spenglers zukünftig sehr verändert und die Anforderungen an die Fähigkeiten der Fachbetriebe deutlich steigen werden. Dank gut geschulter Spezialistenteams sind wir in der Lage, die Entwicklung unserer Partner-Unternehmen zu fördern, um weltweit Projekte und Visionen zu realisieren, die wir uns heute faktisch noch nicht vorstellen können.
HK: Darf ich ergänzen, dass wir seit geraumer Zeit ein umfangreiches Programm an vorgefertigten Produkten im in- und ausländischen Markt anbieten, die dem zunehmenden Anspruch an eine wirtschaftliche Vorfertigung auch im Premium-Bereich Rechung tragen. Schindeln, Paneele oder Kassetten sind in diversen Materialoberflächen, -strukturen und -formen erhältlich. Partner, die keinen entsprechenden Maschinenpark besitzen, profitieren folglich von wirtschaftlichen Zukaufmöglichkeiten, während leistungsfähige Partnerbetriebe komplexe Vorfertigungsprozesse übernehmen können. Übrigens gehören neben unseren Schulungen in der KME Academy der Aufbau solider Netzwerke sowie die Vermittlung oder Beauftragung unserer Tecu-Partnerbetriebe zu unseren Hauptaufgaben. KME Architectural Solutions ist somit die logische Ergänzung unseres ohnehin umfangreichen Engagements im Premium-Segment.
Ich möchte Ihnen folgende Fragen gezielt im Auftrag unserer Leser stellen: Inwieweit können Architekten Vertrauen in eine Marke haben, wenn sie nicht wissen, welche Personen den Auftrag ausführen werden?
JPZ: Diese Befürchtung ist unbegründet. KME Architectural Solutions benennt den beauftragten Partner bereits bei der Angebotsabgabe. Schließlich sind die Verarbeiter Teil des Netzwerkes unserer Kooperationspartner und somit eine wichtige Referenz.
HK: Wenn es um die Markenpositionierung von Tecu bei Architekten geht, sollten wir auch festhalten, dass die KME über beinahe zwei Jahrzehnte einen außerordentlich hohen Aufwand in die Bewerbung und Durchsetzung eines konsequent allen Möglichkeiten der modernen Architektur verpflichteten Einsatzes von Tecu- Kupfer investiert hat. Dieser Einsatz hat sich für die verarbeitenden Partner ohne Einschränkung bis heute ausgezahlt und für Kupfer neue Dimensionen geöffnet.
Entwickeln sich die Fachbetriebe durch die KME-Aktivitäten über kurz oder lang zu reinen Montagebetrieben oder besteht die Gefahr, dass sie in ein Abhängigkeitsverhältnis geraten?
JPZ: Keineswegs: Unsere GU-Aktivitäten, beschränken sich auf sehr komplexe Fassadenprojekte mit entsprechend hohem finanziellem Risiko. Planung, Kalkulation, Vorfertigung und Installation erfolgen dabei gemeinsam mit qualifizierten Partnern. KME wird keine eigenen Handwerker in der Verarbeitung an Dach und Fassade beschäftigen.
HK: Daneben werden wir nach wie vor umfassende Projektinformationen an unsere Tecu-Partner weitergeben und werden darüber hinaus die gemeinsame Realisation von Projekten noch stärker intensivieren. Dies bezieht sich ausdrücklich auch auf Projekte im Ausland, wo einige unserer Tecu-Partner schon sehr erfolgreich tätig sind.
Warum favorisiert KME die Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Fassadenspezialisten Zahner?
JPZ: Durch das rechtlich und wirtschaftlich eigenständige Zahner–KME Joint Venture sind wir in der Lage, metallische Gebäudehüllen in bislang ungeahnten Dimensionen und Formen zu verwirklichen. Hier bietet sich aufgrund des Renommees von Zahner bei den weltweit führenden Architekturbüros und der internationalen Vernetzung der KME die einmalige Chance, unter dem neuen Firmendach sehr außergewöhnliche Projekte realisieren zu können. Diese sind häufig an der spannenden Schnittstelle von Kunst zu Architektur zu finden. Wir können uns gut vorstellen, bei der Realisierung qualifizierte Fachbetriebe einzubeziehen, denn solche außergewöhnlichen Projekte erfordern sicherlich auch eine große Portion Fachwissen in der Verarbeitung.
Wird es eine Kampagne zur Information der Fachbetriebe geben und wo können sich interessierte Firmeninhaber informieren?
HK: Natürlich ist unser technischer Vertrieb über alles auf dem Laufenden und erster Ansprechpartner bei aufkommenden Fragen. Die Kollegen stehen ja in ständigem persönlichem Austausch mit den Partnern und wir hören, dass nach anfänglichen Zweifeln sehr häufig auch die Chancen für das Fachhandwerk erkannt werden.
Anmerkung der Redaktion: Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie direkt bei KME unter Tel.: (0541) 3 21 20 00
Titel-Info
De Young Museum, USA – Kupferkunst am Golden Gate
Mit einer beispiellosen Fassadengestaltung von Herzog & de Meuron entstand an der amerikanischen Westküste ein neuer Superlativ im Fassadenbau: Nie zuvor kam so viel Kupfer für eine Gebäudehaut zum Einsatz. Tausende von Kupfertafeln der Marke Tecu Classic in unterschiedlicher Größe und Form, individuell geprägt und perforiert, bekleiden die Fassade des De Young Memorial Museums in San Francisco. Um eine möglichst weitgehende Anpassung der modernen Architektur an die natürlichen Vorgaben der umgebenden Parklandschaft zu erreichen, kamen tausende von Kupfertafeln mit individuellen Mustern – geprägt und perforiert – zum Einsatz. Über 420 t Kupfer bilden die rotbraune Außenhaut des neuen De Young Museums. Die Kupfertafeln wurden von KME in Deutschland hergestellt und von der Firma A. Zahner Architectural Metals in Kansas City, einem bekannten Spezialisten für anspruchsvollen Metallbau in der Architektur, verarbeitet. In enger Zusammenarbeit mit den Projektarchitekten Fong & Chan Architects und mit umfangreicher Projektberatung durch KME entwickelte A. Zahner ein individuelles System von Kupferpaneelen, das der eigenwilligen Architektur von Herzog & de Meuron entspricht.
Weitere Infos: https://www.baumetall.de/