Mit der Herstellung von Ornamenten aus Kupfer oder Zink verbinden Außenstehende fast immer Handarbeit nach alter Väter Sitte. Tatsächlich erfolgt das Anfertigen von Zierschnecken, Ochsenaugen oder Dachvasen auch heutzutage mit Bedacht, und zwar so, dass die meist nach historischen Vorlagen rekonstruierten Zierelemente ebenso wie ihre Originale mehrere Jahrzehnte überdauern. Dass Präzision und Qualität dabei immer an erster Stelle stehen ist selbstverständlich – zumindest für die Spenglermeister der Ornamentenmanufaktur Lorenz Sporer GmbH aus München. Doch zeitgemäßes Objektmanagement, Terminabsprachen, ausschweifende Planungsgespräche und logistische Vorgaben machen auch vor den Hütern vergangener Spengler-Epochen nicht halt. Für Caroline Sporer und ihr Team liegt die Herausforderung folglich darin, über Generationen weitergegebenes Fachwissen auf moderne Bauabläufe zu adaptieren. Wie dies gelingt, schildern Caroline Sporer und Detlef Rheinwein am Beispiel der Herstellung und Montage einer zwölfeckigen, mit Titanzink bekleideten Laterne.
Von der Idee zur konkreten Umsetzung
„Oft entwickeln sich aus einfachen Anfragen komplexe Aufträge“, erzählt Caroline Sporer und zeigt einige Fotos einer formschönen kuppelartigen Holzkonstruktion. „Ursprünglich sollten wir anstatt dieser Kuppel eine relativ gewöhnliche, etwa 3 m hohe Dachspitze anfertigen. Diese wollte unser Auftraggeber auf ein großes, mit Naturschiefer gedecktes Kuppeldach setzen“, erinnert sich die Geschäftsführerin des vor über 130 Jahren gegründeten Familienbetriebes. Dann berichtet sie, wie aus der Dachspitze nach und nach eine komplexe Laterne mit Kuppel und spitzem Abschluss wurde: „Bereits nach den ersten Telefonaten kristallisierte sich heraus, dass eine herkömmliche Dachspitze den Vorstellungen der Bauherrschaft nicht entsprach. Es folgten zahlreiche Beratungen und ein überaus aktiver Informationsaustausch per E-Mail. Schließlich wurden wir damit beauftragt, eine zwölfeckige Laterne mit Dachspitze zu entwerfen. Die Konzeption der mehrteiligen Laterne basiert maßgeblich auf einer Idee unseres Ornamentenprofis und Spenglermeisters Detlef Rheinwein. Um ein möglichst harmonisches und proportional zueinander passendes Verhältnis der einzelnen Bauteile zu erreichen, schlug dieser eine Laternen-Gesamthöhe von 5,90 m und einen Durchmesser von 2,30 m vor. Damit die Laternenkonstruktion alle statischen Anforderungen erfüllt, haben wir zunächst über eine verwindungssteife Stahlunterkonstruktion nachgedacht ...“
Doch wie so oft kam alles anders. Nicht zuletzt aufgrund des knappen Zeitfensters entschieden sich die Verantwortlichen für eine wirtschaftliche Holzunterkonstruktion. Auch diese entwarf Sporer-Werkmeister Detlef Rheinwein, und zwar in enger Zusammenarbeit mit Zimmerermeister Franz Sailer. Am Ende einer langen Planungs- und Entwicklungsphase wurden schließlich Freigabe und Auftrag erteilt. Die Produktion begann direkt im Anschluss und größtenteils in der Münchner Spezialwerkstatt der Lorenz Sporer GmbH.
Nachtschicht in der Ornamentenmanufaktur
Nachdem der aus Kertoplatten und Lärchenkernholz bestehende Laternen-Unterbau angefertigt war, machte sich das Sporer-Team an die aufwendige Bekleidung des historisch anmutenden Dachaufbaus. Dazu verwendeten die Spengler Titanzink sowie speziellen Ornamentenzink der Marke Rheinzink. Zum Glück konnte die Zinkbekleidung weitestgehend in der Werkstatt angebracht werden. Somit war es möglich, die durch zahlreiche Änderungen entstandene Zeitverzögerung wenigstens teilweise aufzuholen. „Wie überall in Deutschland kommt Weihnachten auch in der Hauptstadt jedes Jahr sehr überraschend“, scherzt Detlef Rheinwein. Dann erzählt er von seinen erfolglosen Versuchen, den Einbautermin der Laterne in das neue Jahr zu verschieben, und davon, wie der kurz vor den Festtagen festgelegte Abbautermin des Baugerüstes bedrohlich näherkam: „Bei Sporer halten wir Wort“, so Rheinwein, der sich seiner Verantwortung als Projektleiter bewusst ist. „Weil bei uns seit jeher das Meisterprinzip gilt und Ornamentenspengler weder auf Bäumen wachsen noch auf dem freien Arbeitsmarkt zu finden sind, mussten wir die Verzögerung auf anderem Wege wettmachen.“ Jetzt schildert der leidenschaftliche Spengler, wie er gemeinsam mit seinem Kollegen, dem Spenglermeister David Lengsfeld, sowie Daniel, dem Sohn der Chefin, an der Laterne arbeitete. Die Zink-bekleidung der zwölf Pfosten wurde am Übergang zur Zinkkuppel mit kleinen Bögen versehen. Mittig angeordnete, trapezförmige „Schlusssteine“ gliedern den zwölfteiligen gebogenen Laternenaufbau zusätzlich. Das Kuppeldach wurde mit zwölf gebogenen Segmenten gedeckt, welche im Leistensystem miteinander verbunden sind. Den unteren Übergang zur Hauptdachfläche bildet ein konvex und konkav geschwungenes Ziergesims. Auch dieses wurde in München perfekt zur Montage vor Ort vorbereitet. Caroline Sporer nickt zustimmend und verrät dann, wie Detlef Rheinwein die Nächte vor dem Montagetermin zum Tage machte und die Werkstattbeleuchtung teilweise bereits um drei Uhr in der Frühe anschaltete.
Finale zu Weihnachten
Der Aufwand hat sich gelohnt. Die Zinkbekleidung wurde termingerecht fertiggestellt und die in Teilstücke gefertigte Laterne mit dem Sporer-Anhänger nach Berlin transportiert. Um die zentral gelegene Baustelle gut zu erreichen und den Stadtverkehr beim Abladen nicht zu behindern, erfolgte das Abladen um sechs Uhr morgens. Bei eisiger Kälte wurden die Einzelteile der Laterne mit einem Baukran auf das Schieferdach gesetzt. Es folgten letzte Anschlussarbeiten und das Aufsetzen der Dachspitze. Caroline Sporer ist ihrem kleinen Team sehr dankbar für die erbrachte Leistung und auch der Bauherr ist sehr zufrieden. Als weit sichtbares Bauteil zeigt die Laterne, wozu Spengler in der Lage sind. „Ganz ehrlich“, sagt Rheinwein abschließend, „die Vorstellung, die imposante Schieferkuppel lediglich mit einer gewöhnlichen Dachspitze zu bekrönen, hätte nicht zum Gesamtbild gepasst. Schon allein deswegen hat sich der enorme Aufwand mehr als gelohnt …“