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Rheinzinkpaneele über Locarno

Die beiden kompakten Strukturen hoch über Locarno, entworfen und realisiert von Mario Botta, bieten eine herrliche Aussicht, sind aber schwer zugänglich. Das Material musste größtenteils per Helikopter angeflogen werden. Ein Holzbausystem und Rheinzink-Fassadenpaneele ermöglichten eine rationelle und ästhetische Umsetzung des architektonischen Konzeptes. Dass die beiden identischen, scharfkantigen Baukörper am Rande der Ansiedlung Colmanicchio Holzbauten sind, wird man auf den ersten Blick kaum wahrnehmen; die Rheinzink-Bekleidung, die vortretenden Cheminee-Erker und die beiden hangseitig angedockten Terrassen in Sichtbetonbauweise sprechen eine andere Sprache. Außerdem: Mario Botta und Holz? Baut der Tessiner nicht lieber mit Backstein? „Hier verwendeten wir für ein Mal Holzbacksteine“, kontert Giuditta Botta die etwas provokative Frage. Sie war an der Realisierung dieses Projektes im Büro ihres Vaters beteiligt. „Der Bauplatz am steilen Abhang war schwer zugänglich, das Gewicht der Baumaterialien
daher ein wichtiger Faktor. Das Holzbausystem Steko kam unseren gestalterischen Ideen optimal entgegen.“ Die Explosionsisometrie zeigt, dass das Bauwerk tatsächlich wie ein gemauerter Massivbau konzipiert ist.

 

 

 

 

 

 

          

 

 



Belüftete Horizontalpaneele
Für die Außenhaut wurden Horizontalpaneele gewählt. Das System, eine Weiterentwicklung der Steckfalzpaneele, gibt dem Architekten größtmögliche Gestaltungsfreiheit. Die besondere Ästhetik des Horizontalpaneels liegt in der Wahl der Paneelbreite in der Kombination mit der Fugenbreite zwischen den Paneelen und bei allen An- und Abschlussstellen. Durchlaufende Schattenfugen verstärken den Charakter dieses Fassadensystems. Die maßgenaue Vorfertigung in der Werkstatt waren Voraussetzung für eine schnelle und wirtschaftliche Montage. Die Profile sind „unsichtbar“ in die Unterkonstruktion geklemmt. Die beidseitig mit einem Randprofil versehenen Elemente mit der fest definierten Nut bzw. Schattenfuge von 20 mm sind „indirekt“ und gleitend mit einem speziellen Rheinzink-Alu-Halteprofil montiert. Temperaturbedingte Längenänderungen werden durch die Begrenzung der Fassadenfeldgrößen und dem Gleiteffekt der Halterungen problemlos aufgenommen. Hier ergaben sich statisch zusammenhängende Felder von bis zu 4,00 m. Die Verlegung der Horizontalpaneele erfolgt im Gegensatz zu Steckfalzpaneelen von
unten nach oben. Die Metallstärke der Profile variiert von 0,8 bis 1,2 mm je nach
Sichtbreite bzw. Abwicklung der Paneele. Bei diesem Botta-EFH wurden 1,0 mm
starke Profile eingesetzt.

Die Vorteile bei belüfteten Horizontalpaneelen mit Halteprofil sind:
• Ungehinderte Dehnung der Paneele
• Bauphysikalisch „ganzflächig“ entspannte Fassadenbekleidung
• Montage von unten nach oben
• Belüftungs- und Entlüftungsöffnungen werden hinfällig

 

 

 

 

 


Architektur: dienend, bedient
Bei diesen mit ihren Wohnflächen von je 120 m² eher kleinen Bauten erweist sich Mario Botta erneut als ein Baukünstler, der nicht nur mit dem amerikanischen Architekten Louis Kahn zusammengearbeitet hat, sondern auch dessen theoretisches Vermächtnis in Ehren hält, es in seinem Werk berücksichtigt und auf seine Weise weiterführt. Die beiden eingeschossigen, streng axialsymmetrisch aufgebauten Volumen wurden in die Lichtung gestellt, die man in ihrem bisherigen Zustand beließ. Man kann die Häuser salopp als Aussichtsräume mit Rucksack bezeichnen; letzterer trägt gewissermaßen den Proviant des ersteren - ganz im Sinne von Louis Kahns Konzept der dienenden und bedienten Räume. Der Zugang zu den Häusern liegt auf der Hangseite und in der Symmetrieachse. Entlang dieser Achse geht es zwischen Küche und Bad hindurch auf das Cheminée im Hauptraum zu. In diesem hangseitigen, hinteren Teil, dessen Eckbereiche zwei Schlafzimmer aufnehmen, beträgt die Raumhöhe 2,4 m, vorne steigt sie auf 5 m an. Der Hauptraum nimmt die ganze Breite der im Grundriss elf auf 13 m messenden Volumen ein. Zwei große, bis zum Boden reichende Aussichtsfenster sind in den Ecken angeordnet, man hat somit in einem Raum die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Panoramen. Auf der Bergseite des Hauptraumes befindet sich über dem Zugang auf der Symmetrieachse eine zusätzliche Tageslichtquelle. Die beiden Ferienhäuser sind zwar klein und bescheiden, doch die Raumanordnung erinnert an Paläste oder Sakralbauten. Der Architekt war sich bewusst, dass sie nicht den bekannten Typologien für Bauten in den Bergen entspricht. Ihr Konzept beruht auf dem Bedürfnis, so vermerkt er in seinem Bericht, einen qualitativ hochstehenden architektonischen Raum zu schaffen, der eine wahre Alternative zum Alltagsdomizil bietet.

 

 

 

 

 

 

 

 



Baubeteiligte
Architektur: Mario und Giuditta Botta
6900 Lugano TI

Spenglerarbeiten: Torsetta SA
Massimo Frizzi
6600 Muralto TI

Holzbauarbeiten: Giacomazzi e Ruffini SA
Dario Ruffini
6670 Avegno TI

Bauleitung: Maggetti Ennio
Architetto REG/OTIA
6648 Minusio TI

Fassadenelemente: Rheinzink (Schweiz) AG
5405 Dättwil bei Baden