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Verdrehte Körper

Die meisten BAUMETALL-Leser werden sich noch an die Beiträge zum Thema Abwicklungen gedrehter Flächen „Vorstoß in die dritte Dimension“ in den Ausgaben 7/2013, 8/2013 und 1/2014 erinnern. Aktuell ist die Thematik immer noch, was zahlreiche Zuschriften zu den Beiträgen deutlich zeigen. Dadurch angeregt ist die Idee für folgenden Körper entstanden. Abmessungen und Grundfläche des Modells sind willkürlich gewählt, die Außenmaße sollten eine handliche Größe nicht überschreiten. Wie bei allen Abwicklungen gibt es auch hier mehrere Lösungswege.

Die allermeisten Modelle haben gleichseitige symmetrische Grundflächen, z. B. Sechs-, Acht- oder Zwölfecke mit einer Mittelachse, die lotrecht auf der Grundfläche steht. Alle Mantelflächen dieser Modelle sind identisch und es muss jeweils nur eine Fläche abgewickelt werden. Die Kombination aus geneigter Hochachse und verdrehten Mantelflächen dagegen ergibt ein ungewöhnliches Design und stellt eine besondere Herausforderung dar.

Als Grundfläche dieses Körpers dient ein regelmäßiges Neuneck (Nonagon) mit einem Innenradius von 40 mm, dessen Mittelachse um 7° geneigt ist. Somit ergeben sich neun verschiedene Mantelflächen mit voneinander abweichenden Formen und Abmessungen. Es sind neun Flächen abzuwickeln – selbst mit einem CAD-Programm ist dies eine umfangreiche Aufgabe, die Zeit erfordert. Ein Parameter, den es unbedingt zu berücksichtigen gilt, ist die Lage des Schwerpunktes. Das Modell muss trotz Neigung der Hochachse stabil auf seiner Grundfläche stehen. (Auf die Anwendung technischer Raffinessen, wie zur Stabilisierung des Schiefen Turms von Pisa, wollen wir möglichst verzichten.)

Vom Ur-Profil zur ansprechenden Form

Der erste praktische Schritt besteht wie immer darin, das Ur-Profil des Modells in der Ebene der Mittelachse zu erstellen. Das Profil mit der Gesamtlänge von etwas weniger als 461 mm besteht aus drei Einzelbögen mit den Radien 210 mm, 70 mm und 130 mm, die nach dem Prinzip des Korbbogens aneinandergefügt wurden. Es hätten durchaus fünf oder mehr Einzelbögen sein können, aus denen das Profil besteht. Nur zwei Bögen sind allerdings zu wenig, um eine ansprechende Form zu generieren. Aus der neuneckigen Grundfläche lässt sich ein optimaler Drehwinkel von 40° (9 x 40° = 360°) ableiten. Alternativ kann als Grundfläche natürlich auch ein Achteck mit 45° (8 x 45° = 360°) als Verdrehung gewählt werden. Die Verdrehung des Körpers erfolgt um genau eine Mantelfläche – eine Größe, die für die handwerkliche Umsetzung wichtig und unbedingt zu berücksichtigen ist. Theoretisch und zeichnerisch könnte der Winkel für die Verdrehung größer gewählt werden. Es ist jedoch fraglich, ob sich die einzelnen Flächen in Abhängigkeit vom gewählten Material handwerklich dann noch zu einem Gesamtkörper zusammensetzen lassen. Im Allgemeinen, wie auch am vorliegenden Modell, verlassen wir uns mit der Größe der Verdrehung auf unsere Erfahrung.

Aus dem Drehwinkel von 40° lässt sich recht einfach eine weitere Größe ableiten: die Anzahl der Ebenen, in die wir die Hochachse unterteilen. Jede Ebene soll um 2° weitergedreht werden, somit ergeben sich 20 übereinander liegende Ebenen. Weniger als 20 Ebenen sollten es nach Möglichkeit wegen der Genauigkeit der Abwicklung nicht sein.

Das gesamte Profil wurde um etwas weniger als 1° gekippt, um bei der Modellhöhe von ca. 362 mm eine Öffnung mit einem Innenradius von 30 mm zu erreichen. Dieser Schritt ist für das Modell und die Abwicklung eher unerheblich, kann uns aber bei der Kontrolle auf Maßgenauigkeit helfen.

Für die Position der Ebenen legen wir Parallelen horizontal durch die Schnittpunkte des in 20 gleiche Abstände unterteilten Ur-Profils. Die Längen (Geraden) zwischen den Schnittpunkten mit dem Ur-Profil und der lotrechten Mittelachse sind als wahre Längen aus der Ansicht entnehmbar. Sie bilden den Radius, mit dem später die jeweilige Ebene gedreht wird. Weitere wahre Größen, die aus der Abbildung oben rechts ablesbar sind, sind die verschiedenen Abstände zwischen den Ebenen (Höhen).

Neigung der Hochachse

Bis hierhin kamen uns die einzelnen Schritte sicher bekannt vor. Je nach Umfang und Schwierigkeit verdrehter Modelle weichen sie kaum voneinander ab. Als nächstes neigen wir die Hochachse um 7° um ihren Fußpunkt. Mit der Hochachse werden die Radien auf den Ebenen horizontal verschoben. Verbinden wir die so entstandenen Endpunkte, dann erhalten wir das Profil des schräg gestellten Modells, nicht zu verwechseln mit dem Profil des Vertikalschnitts.

Zwei wahre Längen, die Höhen bzw. Abstände zwischen den Ebenen und die Radien können wir den Abbildungen entnehmen. Diese reichen jedoch bei Weitem nicht aus, um das Dreiecksverfahren anwenden zu können. Es werden weitere Größen, Winkel und wahre Längen benötigt, um die Abwicklung letztlich auf das ebene Zeichnungspapier bringen zu können. Die wahren Längen müssen in jeder Ebene für jede Fläche einzeln ermittelt werden. Dies kann zeichnerisch oder rechnerisch oder in Kombination von beidem erfolgen, je nachdem, welchen Anspruch wir an die Genauigkeit stellen.

Wir haben neun Flächen über jeweils 20 Ebenen abzuwickeln, da kommt einiges an Arbeit auf uns zu. Die benötigten wahren Längen (drei pro Ebene und Fläche) ermitteln wir mittels Dreiecksbeziehungen zum Teil über mehrere Hilfskonstruktionen.

Los geht‘s!

Die Verwendung eines Tabellenkalkulationsprogrammes, z. B. Excel, kann uns die Arbeit bei der rechnerischen und der zeichnerischen Ermittlung wesentlich erleichtern, denn die Arbeitsschritte wiederholen sich Ebene für Ebene. Ein CAD-Programm hilft uns, zusätzliche Zeit zu sparen und noch genauer zu arbeiten. Aber auch ohne besondere Hilfsmittel lässt sich diese Aufgabe, zuerst vielleicht auf festerem Papier, perfekt lösen. So oder so wünsche ich Ihnen viel Spaß dabei! Für Fragen und Tipps können Sie mich gern kontaktieren.

Joerg Hoyer

ist Klempnermeister und war viele Jahre Dozent/Trainer am KME-Schulungszentrum. Auf seiner Internetseite www.cad-zeichnen-hoyer.de gibt er wertvolle Hinweise zum Thema Abwickeln. Außerdem ist dort die 2013 erschienene und mit vielen Abbildungen versehene Broschüre „Gedrehte Mantelflächen“ erhältlich.

Joerg Hoyer

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