Pünktlich um 8:30 Uhr steht Spengler-Azubi Jakob Schöttl mit seinem Ausbilder Michael Leib am Startplatz des Air Service Centers in Sterzing. Noch vor zwei Wochen hatte keiner der beiden damit gerechnet, am 15. Juli 2013 ein echtes Spenglerabenteuer zu erleben. Überhaupt überschlagen sich beim Fachbetrieb Leib GmbH in Moorenweis derzeit die Ereignisse. Hochsaison auf den Dächern der Kunden, der Bau einer neuen Spengler-Werkhalle und der unerwartete Erfolg beim BAUMETALL-Innovationspreis 2013 sorgen mitten in der Saison für Totalauslastung. Dabei stand die Wettbewerbsteilnahme zunächst auf wackeligen Beinen, erinnert sich Firmeninhaber Ulrich Leib: „Nur durch eine nächtliche Büroaktion konnten wir den Einsendeschluss einhalten“. Erwartungsgemäß erledigen die Spengler der Leib GmbH ihre Aufgaben mit höchster Präzision. Und weil sich Fleiß bekanntlich bezahlt macht, ergatterten sie die Auszeichnung „Vorbildlicher Ausbildungsbetrieb 2013“ sowie den damit verbundenen Hubschrauberflug einschließlich Spenglereinsatz in großer Höhe.
Abgehoben
Heute ist es also so weit: Michael Leib und Jakob Schöttl fiebern ihrem ersten Helikopterflug entgegen. Pilot Cristiano startet das Triebwerk. Letzte Anweisungen werden erteilt, dann geht alles sehr schnell. Gemeinsam mit zwei erfahrenen Hüttenspenglern der Trenkwalder und Partner GmbH und Geschäftsführer Peter Trenkwalder besteigen sie die Maschine bei laufendem Rotor. Schnell anschnallen, denn Zeit ist kostbar und Flugminuten sind teuer. Es geht los. Der Hubschrauber gewinnt rasch an Höhe und erreicht nur wenige Minuten später die Baumgrenze auf rund 2300 m. Das dichte Grün der Wälder wechselt mit tiefem Blau des wolkenlosen Alpenhimmels. Das Panorama ist fantastisch. Die Flugroute verläuft zwischen Berggipfeln hindurch direkt zu einem schmalen und zum Greifen nahen Grat. Kaum ist dieser passiert, drückt Cristiano den Hubschrauber in einer steilen Kurve hart nach unten. Ebenso schnell taucht das Ziel – die Flagger Schartenhütte – vor den Passagieren auf. Idyllisch an einem kleinen Gebirgssee gelegen, fallen zunächst nur die blau-weiß lackierten Fensterläden der Hütte auf. Doch wo befindet sich der Landeplatz in dieser wilden Bergwelt? Zum Nachdenken kommen die beiden Münchner nicht mehr, denn Cristiano setzt bereits zur Landung auf dem winzigen Platz vor der Hütte an. „Schnell aussteigen und Köpfe unten halten“, heißt das Kommando und schon befindet sich der Helikopter wieder in der Luft, um gleich darauf hinter dem Berg zu verschwinden.
Fliegende Dächer
Kühle und frische Bergluft empfängt die Fremden an einem der schönsten Plätze der Erde. Die ersten Schritte auf dem leicht ansteigenden Weg zur Hütte fallen den faszinierten Spenglern merklich schwer, die dünne Bergluft raubt ihnen den Atem. „Das legt sich in wenigen Minuten“, beruhigt Peter Trenkwalder und stellt den beiden Preisträgern Hüttenwirt Manfred Niederkofler vor. Der urige Südtiroler lebt das ganze Jahr über hier oben auf 2481m Höhe. Als Pächter kümmert er sich liebevoll um seine Gäste und um „seine“ Hütte. Menschen wie ihm ist es zu verdanken, dass sich die Flagger Schartenhütte seit 99 Jahren wie ein Bollwerk der Natur entgegenstellt. Bereits mehrmals wurde das Dach vom Sturm beschädigt, zuletzt im Herbst 2012. Damals landete der gesamte Dachaufbau mitten im See. „Ich hatte großen Zweifel, ob es gelingt, das Gebäude vor dem schnell einsetzenden Winter wetterfest zu machen“, erzählt Manfred. Doch dank der fliegenden Einsatztruppe der Trenkwalder-Spengler gelang es im letzten Augenblick, eine provisorische Abdichtung zu montieren. Inzwischen wurde der Bauauftrag erteilt. Er beinhaltet die statische Berechnung, den Transport der Materialien, die Ausführung der Unterkonstruktion sowie die Eindeckung des Daches mit Aluminium-Dachplatten der Marke Prefa. Natürlich gehört auch die Montage der Blitzschutzanlage zum Auftragsumfang. Gearbeitet wird ausschließlich mit Sicherheitsseilen und Fallstopp-Vorrichtungen. Jakob Schöttl ist beeindruckt. Niemals zuvor schenkte der Spengler-Azubi einem Gebäude derart viel Beachtung.
Plötzlich durchbricht der Lärm des Hubschraubers die Stille – Sekunden später zeichnet sich dessen Kontur am tiefblauen Himmel ab. An einem Seil hängt ein voll beladenes Netz, das beim Passieren des Bergkamms fast anzustoßen scheint. Mit großer Geschwindigkeit fliegt der Pilot auf die Hütte zu, stoppt Punktgenau und setzt die wertvolle Fracht sanft auf dem Boden ab. Als Jakob und die anderen das Netz öffnen, kommen zahlreiche Kartons zum Vorschein. Der Helikopter dreht ab. Jetzt kann es losgehen, die Dachplatten sind da …
Willkommen in meiner Welt
„Das ist meine Spenglerwelt. Hier arbeite ich am liebsten!“ Wenn Peter Trenkwalder von seinem Arbeitsumfeld berichtet, gerät er ins Schwärmen und wer ihn kennt bemerkt, dass sich der iib-Präsident hier oben von einer anderen Seite zeigt. Fasziniert erzählt der naturverbundene Spenglermeister, was die gespenstische Ruhe in ihm bewirkt: „Hier ist der Mensch klein und unbedeutend, denn die Natur gibt den Rhythmus vor. Überhaupt ist es unschätzbar wertvoll, dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen.“
Inzwischen montieren Jakob Schöttl und die Anderen erste Traufprofile. Kopfüber und am Sicherungsseil hängend haken Sie die farbbeschichteten Aluminiumelemente in die Holzunterkonstruktion ein. Direkt darüber befestigen sie Vorsprungprofile und Saumstreifen – die Grundlage zur späteren Aufnahme der Aluminium-Dachplatten. Wieder taucht der Drehflügler am Himmel auf, doch dieses Mal ohne zu landen und ohne Ladung am Haken. Mit geöffneter Schiebetüre umkreist das Fluggerät das 90-m2-Dach und fliegt kurz darauf wieder davon. Jakob Schöttl staunt, aber zum Fragen kommt er nicht. „Das war unser Filmteam“, sagt Peter Trenkwalder und er verrät, dass Prefa gemeinsam mit seinem Fachbetrieb und dem iib ein Video über die Sanierung der Flagger Schartenhüte drehen lässt. Zu sehen ist es später im Internet und natürlich auch auf https://www.baumetall.de/baumetall-live/extras. Hüttenwirt Manfred freut sich ebenfalls über das große Medieninteresse und das obwohl für ihn die Gefahr, noch mehr Verpflegung zu Fuß auf den Berg tragen zu müssen, drastisch steigt. Ohnehin transportiert er pro Saison rund 2000 kg im Rucksack zur Hütte, was in 35-kg-Ladungen aufgeteilt etwa 60 anspruchsvollen Fußmärschen entspricht. „Wenn Du hier oben lebst, freust Du Dich über jeden Gast“, sagt er und fügt an: „Am liebsten sind mir jedoch die Spengler, denn ohne sie hätten wir kalt und in den Zimmern nass.“
Riesengaudi
Bereits nach wenigen Stunden auf dem Berg ist für Jakob Schöttl klar: „Meine Entscheidung, Spengler zu werden, war goldrichtig.“ Dessen war er sich eigentlich unmittelbar nach seiner Schnupperlehre und dem anschließenden Ferienjob bei der Leib GmbH sicher. Dass der 17-jährige Spenglerlehrling im zweiten Lehrjahr ein solches Highlight erleben darf, ist für ihn eine unerwartete Riesengaudi, die seine Entscheidung mehr als bestätigt. Und wie geht es weiter? Nach vier erlebnisreichen Arbeitstagen wird Jakob wieder Zuhause sein. Die Hütte hat dann ein neues Prefa-Dach erhalten, welches viele Jahre lang für Sicherheit sorgen wird. Auch Jakob ist daran maßgeblich beteiligt. Dass über sein großes Spenglerabenteuer sogar ein Film gedreht wird, hätte er sich niemals träumen lassen. „Meine Freunde werden mit Sicherheit ebenso viel Spaß beim Ansehen des Spenglerfilmes haben wie ich“, sagt er. Was Jakob allerdings noch nicht ahnen kann ist, dass die Musik zu seinem Spenglerfilm von seiner Lieblingsband stammt. Besser kann es nicht mehr kommen, oder? Fortsetzung folgt ...
* Das iib-Netzwerk funktioniert auch branchenübergreifend: Michael Leibs Bruder Andreas arbeitet inzwischen als Koch auf der Hütte
BAUTAFEL
Bauherr: Autonome Provinz Südtirol
Fachbetriebe: Trenkwalder und Partner GmbH, Sterzing, Südtirol unterstützt durch die Leib GmbH, Moorenweis
Material: Prefa Aluminiumdachplatte, Oberfläche P.10 Steingrau
Dachkonstruktion: Hinterlüftete Holzschalung auf aufgedoppelten und statisch verstärkten Dachsparren
Transportunternehmen: Air Service Center, Sterzing https://www.airservicecenter.it/de/
Unterstützt von Prefa, der Trenkwalder & Partner GmbH und dem iib (Internationaler Interessenbund Baumetalle)