Der Begriff Marke wird heutzutage in vielerlei Hinsicht verwendet. Im Allgemeinen wird er großen Industrieunternehmen zugeordnet, denen vermeintlich riesige Budgets zur Verfügung stehen. Ein Handwerksbetrieb wird im Gegensatz dazu eher nicht mit dem Begriff Marke in Verbindung gebracht und genau darin liegt die große Chance für gute Handwerksbetriebe. Mit einem durchdachten Konzept, pfiffigen Ideen und einem gesunden Selbstbewusstsein ist es durchaus möglich, sich langfristig als regionale Handwerkermarke im Bewusstsein der Zielgruppe zu verankern. Auf dem BAUMETALL-Treff referierte Marketingdesigner Frank Reichert über das umfangreiche Thema. Im Folgenden werden zentrale Punkte des XXL-Vortrages zusammengefasst. Seine Präsentation auf dem Bodensee vermittelte den Zuhörern das theoretische Grundgerüst in Sachen Markenaufbau und veranschaulichte die konkrete Umsetzung eines Markenkonzeptes am Beispiel des Klempner- und Sanitär-Fachbetriebes Reichert in Wildberg.
Was ist eine Marke? Wie stellt sich die Marke aus Absender- und Empfängersicht dar? Wie lautet das theoretische Grundgerüst? Wie geht man Schritt für Schritt in der Umsetzung vor?
Die Kriterien, nach denen sich Verbraucher bei ihrer Wahl von Produkten im täglichen Leben entscheiden, sind vielfältig: Dazu zählen Werbung, die persönliche Erfahrung mit dem Produkt, der Preis oder die schöne Verpackung. Die Ansprüche sind hoch und folglich ebenso die Anforderungen an Handwerksbetriebe. Mit weniger Zeit-, Material-, Personal- und Werbeaufwand sollen immer mehr Kunden generiert, mehr Umsatz gemacht, mehr Produkte entwickelt und mehr Service geleistet werden. All das ist nichts Neues. Aber wie kann man damit umgehen?
Konzentration auf das Wesentliche
Moderne Unternehmer qualifizieren das Personal, organisieren Betriebsstrukturen, optimieren Prozesse und lassen sich stets neue Aufgaben für ihre Marke einfallen. Mit der Konzentration auf zentrale Erfolgsfaktoren sowie deren konsequente Umsetzung verbessern sie ihre Ergebnisse. Dabei stellen sie sich immer wieder die Frage: „Was muss die erfolgreiche Marke bieten, um sich in den Köpfen meiner Konsumenten von den Wettbewerbern abzuheben?“ Aus Absendersicht setzt sich eine Marke aus dem Preis, der Distribution, dem Produkt/Service und der Kommunikation zusammen. Aus Kunden- bzw. Empfängersicht stellt sich das Bild einer Marke anders dar, nämlich aus dem Produkt/Service und aus der individuellen Wahrnehmung. Diese kann sehr unterschiedlich sein.
Produkte sind nach wie vor das Herzstück der Marke. Bei einem Handwerksbetrieb ist das Produkt an sich jedoch austauschbar – einzig die nicht austauschbare Qualität der Dienstleistung macht den Betrieb unverwechselbar. Darin besteht die große Chance, sich von Wettbewerbern abzuheben und den eigenen Fachbetrieb nachhaltig im Bewusstsein der Verbraucher zu verankern. Eine sehr hilfreiche Methode, um die wichtigsten individuellen Erfolgsfaktoren zu erarbeiten, bietet eine sogenannte Marken-Matrix – ein integriertes unternehmerisches Managementmodell, das seinen Fokus auf die zentrale Betrachtung der Marke setzt. Die Basisannahmen und der Nutzen der Marken-Matrix lauten:
- Nachhaltiger Unternehmenserfolg basiert auf wenigen zentralen und messbaren Faktoren
- Die Marke ist ein zentraler, nachhaltiger unternehmerischer Erfolgsfaktor
Quantitative (harte) Erfolgsfaktoren sind jedoch ebenso wichtig wie qualitative (weiche) Erfolgsfaktoren (keine Einseitigkeit). Für die Marke bedeutet das zum Beispiel Klarheit und Lebendigkeit des Markenbilds, das Markenimage, die Attraktivität der Marke oder die Differenzierung der Marke. Für das Unternehmen sind es Unternehmenskultur, Mitarbeiterqualifikation, Kommunikationsfähigkeit, Motivation, Engagement oder Weiterbildung. Kunden honorieren diese Strategie mit hoher Zufriedenheit, Akzeptanz, Vertrauen und Loyalität.
Strukturaufbau einer individuellen Marken-Matrix
Hierzu werden alle zu untersuchenden Bereiche festgelegt, welche die Marke betreffen, z.B. das Unternehmen, die Wettbewerbssituation, die Lieferanten, das Umfeld und insbesondere die Kunden. Für alle definierten Bereiche werden die jeweils wichtigsten Erfolgsfaktoren und deren Kennzahlen festgelegt. Berücksichtigt werden dabei „hardfacts“ (Umsatz, ROI, Deckungsbeiträge, Investitionen usw.) sowie „soft facts“ (Markenbild, Kundenzufriedenheit, Betriebsklima usw.). In folgenden Schritten werden Ergebnisse analysiert:
1. Statuserhebung (Analyse) und Bewertung der definierten Erfolgsfaktoren und Kennzahlen mittels einer SWOT-Analyse (Stärken-, Schwächen-, Chancen- und Risiken-Analyse)
2. Visionen und Ziele formulieren sowie eine geeignete Strategie festlegen
3. Maßnahmen erarbeiten und mit der Umsetzung beginnen
4. Kontrolle und Feedback der getätigten Aktionen
Wichtig dabei ist, alle Bereiche auf diese Art und Weise durchzuarbeiten, wobei der Bereich Marke eine zentrale Rolle einnimmt und sich in die dreiteilige Markenperspektive gliedert:
1. Marken-Identität (Konzeptionsebene)
2. Marken-Image (Wahrnehmungsebene)
3. Marken-Interaktion (Kommunikationsebene)
Die Marken-Identität baut auf den Kernwerten der jeweiligen Marke auf und bildet die Basis für die Formulierung der Philosophie, der strategischen Ausrichtung und der Positionierung im Markt. Typische Statusfragen zur Marken-Identität sind: Wer bin ich? Was sind meine Werte? Was biete ich? Wie bin ich? Wofür stehe ich? Wohin will ich? Was ist mein Konzept? Was unterscheidet mich vom Wettbewerb? Wie trete ich auf? Welche Herkunft habe ich? Was ist für mich insgesamt typisch?
Außenwahrnehmung
Entscheidend für den Markenerfolg ist jedoch nicht die eigene Wahrnehmung, sondern die Wahrnehmung der Zielgruppen (Außenwahrnehmung). Diese sollten zwingend deckungsgleich sein. Oberstes Ziel ist, ein bildhaftes, klares und attraktives Markenbild in den Köpfen der Zielgruppe zu schaffen, welches die Leistung der Marke transportiert und somit eine Differenzierung von den Wettbewerbern schafft. Nur dann entstehen Bekanntheit, Loyalität, Akzeptanz und Vertrauen beim Kunden.
Was kann die Marke für den Kunden leisten?
Um diese Schlüsselfrage eindeutig zu beantworten, müssen viele Kernfragen beantwortet werden: Wer sind die aktuellen und potenziellen Kunden? Wie können diese Zielgruppen am besten erreicht und angesprochen werden? Welche Werte und Erwartungen an die Marke hat der Kunde? Wie tritt das Angebot (Marke) aus Sicht des Kunden auf, etwa in Bezug auf Kundendienst, Pünktlichkeit, Bekanntheit, Beschwerdequote usw. Wer alle Perspektiven definiert (Struktur) und bearbeitet (Prozess) erhält eine lückenlose Übersicht der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Diese gilt es nun konsequent zu forcieren und geeignete Maßnahmen einzuleiten.
Autor
Frank Reichert
ist diplomierter Marketingdesigner. Zu seinen Kunden zählen neben großen und international tätigen Industriebetrieben auch Handwerksbetriebe oder Dienstleistungsunternehmen. Die Klempnerbranche kennt Frank Reichert aus dem elterlichen Fachbetrieb, der seit dem durchgängigen, integrierten Kommunikationskonzept deutliche Umsatzsteigerungen erfährt.
Online -Extra
Beispielhafte Umsetzung der Marken-Matrix
Der Sanitär/Flaschner-Mischbetrieb Reichert (Wildberg, Württ.) beschäftigt insgesamt neun Mitarbeiter. Obwohl das Ansehen des Betriebes im Laufe der Jahre ständig verbessert wurde, erkannten die Firmeninhaber, dass einige Bereiche des Betriebes dringend optimiert werden mussten. Sowohl die Kernkompetenzen und Geschäftsbereiche als auch die Kundenstrukturen und die Außenwahrnehmung wurden dabei überprüft. Dass der Fachbetrieb heute zu einem der erfolgreichsten des Landkreises Calw gehört, verdankt er der konsequenten Umsetzung der hier geschilderten Maßnahmen.
Wie der Familienbetrieb dabei vorging, erfahren Sie im umfassenden Online-Extra zu diesem Beitrag auf: https://www.baumetall.de/