An einem freundlichen Frühlingstag im März, an dem der Sonnenschein nur kurz von einer partiellen Sonnenfinsternis unterbrochen wurde, bot sich den Einwohnern der Stadt Vögisheim in Baden ein beeindruckendes Spektakel. In dem 800-Seelen-Ort im Markgräflerland, dem lieblichen Landstrich zwischen Oberrhein und Schwarzwald, kam der Glockenturm des Gemeindesaals im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haube. Dem Turm wurde mithilfe eines Krans ein neuer Helm aufgesetzt. Dabei musste der Kran einiges leisten: Fast 22 m über dem Gelände misst die Höhe der Turmspitze.
Schäden bis ins Gebälk
Die Neudeckung des Turms war notwendig gewesen, da die alte Haube Schäden in der Eindeckung aufwies, die unter anderem von Einschusslöchern herrührten. Außerdem war infolge von Undichtigkeiten an den Regenwasserabläufen Feuchtigkeit eingedrungen, die Dachstuhl und Gebälk bereits schwer angegriffen hatte. Dennoch konnte ein großer Teil der vorhandenen Unterkonstruktion erhalten und neu bekleidet werden. Der ca. 3,40 m hohe Turmhelm mit einer Grundfläche von ca. 7 m2 wurde mit einzelnen Segmenten aus Kupfer bekleidet.
Ausgeführt wurden die Spenglerarbeiten von der Firma Rathberger aus Efringen-Kirchen. Das Unternehmen, das heute 45 Mitarbeiter beschäftigt, hat sich regional einen Namen für handwerklich gefertigte Metalldächer gemacht, insbe-sondere aus Kupfer, Titanzink, Aluminium und Edelstahl. Dafür verwendet die Rathberger GmbH industriell vorgefertigte Dachsysteme und Dachentwässerungen, kombiniert mit Kantteilen und Unterkonstruktionen aus eigener Fertigung. Dank industrieller CNC-Blechbearbeitung kann die Firma ihre Kunden mit geschnittenen, gestanzten, gelaserten und umgeformten Profilen oder auch mit kompletten Baugruppen beliefern. Heute macht diese Sparte ca. 50 % des Umsatzes aus.
Der BAUMETALL-Workshop zeigt, wie‘s geht
So eine Turmsanierung ist keine alltägliche Sache. Jeder Klempner träumt davon, einmal in seinem Leben einen Turmhelm neu zu decken. Denn insbesondere Kirchtürme sind Wahrzeichen von Ortschaften, deren Stadtbild sie prägen, und Landmarken, die man von weither sehen kann. Mit ihren Kreuzen und Wetterhähnen vermitteln sie eine heimelige Atmosphäre von Beständigkeit, sind sie doch charakteristisch für einen traditionellen Baustil, der in vielen Gegenden zum Lokalkolorit und zu den touristischen Attraktionen zählt. Auch auf Schlössern und öffentlichen Gebäuden – wie in Vögisheim das ehemalige Schulgebäude, das heute als Gemeindesaal dient – sind die in den Himmel ragenden, mit altehrwürdiger Patina überzogenen Turmdächer ein romantischer Hingucker. Und noch Jahrzehnte später kann man den Enkeln stolz zeigen: „Schaut mal, das hat der Opa gemacht.“
Bei der Eindeckung besteht die Herausforderung insbesondere in den erhöhten Ansprüchen an Wetterfestigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Windlasten, da die Witterungsverhältnisse in der luftigen Höhe extremer sind. Material und Konstruktion werden somit entsprechend stark beansprucht. Für Aufträge dieser Art ist das Merkblatt „Turmdeckung“ vom ZVSHK maßgeblich, das zu den verbindlichen Klempnerfachregeln zählt. Am 21. Oktober vermittelte der BAUMETALL-Workshop „Turmeindeckungen“ spezielles Fachwissen und befasste sich natürlich auch mit den Inhalten des Merkblatts. Der Workshop fand im Klempner- und Kupferschmiedemuseum in Karlstadt statt und soll 2017 wiederholt werden.
BAUMETALL-Workshop-Reihe im Museum
Der BAUMETALL-Workshop „Kirchturm-Eindeckungen mit Metall“ war der achte von insgesamt neun Kursen, die in diesem Jahr im Europäischen Klempner- und Kupferschmiedemuseum stattgefunden haben. Lesen Sie dazu auch die Workshop-Berichte in dieser Ausgabe ab Seite 52.
Die Workshops dauern jeweils einen Tag und vermitteln praktische Fertigkeiten und Tipps zu Themen von Abwickeln bis Ziselieren, darunter auch Aspekte der Betriebsführung wie Kalkulation oder Pressearbeit. Auch 2017 sind wieder Workshops im Museum geplant, unter anderem wird der Workshop über Turmeindeckungen aufgrund der positiven Teilnehmerresonanz wiederholt. Genauere Infos und Termine werden in der kommenden BAUMETALL-Ausgabe 8/2016 bekannt gegeben.