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Hand in Hand

Pünktlich zum Nikolausfest 2015 und dem bevorstehenden Weihnachtsmarkt konnte die rund neun Monate dauernde Außenrenovierung der Salvatorkirche in Unsernherrn bei Ingolstadt abgeschlossen werden. Der gotische Chor und der Turmunterbau des Gotteshauses gehen auf eine Wallfahrtskapelle zurück, die bereits 1376 urkundlich erwähnt wurde. Im Jahr 1595 wurde der Kirchturm erstmals von 12 auf 22 m erhöht und mit einer Glocke ausgestattet. Nach Beschädigungen während des Dreißigjährigen Krieges wurde das Langhaus im frühen 18. Jahrhundert neu errichtet. Der ebenfalls gotische Turmhelm wurde 1868 auf ca. 40 m Höhe ausgebaut und mit Naturschiefer gedeckt. Viele Jahrzehnte später wurde diese Deckung durch Eternitschindeln ersetzt. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Turm stark in Mitleidenschaft gezogen. Zahlreiche Schäden und Rissbildungen waren die Folge. Aber auch die zweimalige Erhöhung des Turmes und das laufend ausgebaute Geläut auf bis zu vier Glocken, trug seinen Teil zu den aufgetretenen Schäden bei.

Aufwendig saniert

Unter statischen Gesichtspunkten wurde im Zuge der 2015 durchgeführten Turm-Sanierung eine Verspannung der Gesamtkonstruktion eingebaut. Durch diese Maßnahme wurden der Turm sowie der alte Dachstuhl samt Holzbau und Unterkonstruktion stabilisiert. Zahlreiche Bereiche mussten außerdem für die neue Turmeindeckung erneuert werden. Dabei wurde zur Optimierung der Standsicherheit des Dachstuhls unter anderem der umlaufende Traufbalken ausgewechselt und durch eine Stahlkonstruktion unterstützt. Ziel der Renovierungsarbeiten war aber nicht nur die Sicherstellung der technischen Funktion. Das sakrale Gebäude an der Münchener Straße sollte nach der Renovierung für die nächsten Jahrzehnte den Witterungsverhältnissen standhalten. Die Wahl der eingesetzten Materialien erfolgte daher unter Berücksichtigung des optischen Gesamteindrucks und in Anpassung an die wiederhergestellte, ursprüngliche Farbgebung der weißen und gelblichen Putzfassade. Aber wie konnte der neue, dunkle Kirchenhelm und somit die Bedachung ausgeführt werden? In Naturschiefer, Faserzementschindeln oder einem anderen Material?

Hand in Hand

Die neue Dachdeckung sollte zahlreiche Anforderungen erfüllen. Aus optischen Gründen wurde eine sehr dunkle Oberfläche gesucht, die zudem eine schindelähnliche Struktur aufweist. Außerdem sollte das Bedachungsmaterial witterungsbeständig und sturmsicher sein. Um ein geeignetes Konzept entwickeln und realisieren zu können, arbeitete ein Sanierungsteam Hand in Hand. Dieses Expertenteam setzte sich aus Architekt Karl Erwin Lutz, Dr. Christine Schneider vom Bayrischen Landesamt für Denkmalpflege, Bernhard Fürnrieder vom Diözesanbauamt Eichstätt und Gerhard Brummet von der örtlichen Kirchenstiftung zusammen. Nach Vergabe der Spenglerarbeiten kamen die Spenglermeister Werner Fünfer aus Ingolstadt und Norbert Heinzlmeier aus Schrobenhausen sowie Anwendungstechniker Nico Wewer (NedZink) dazu. Gemeinsam diskutierten sie über technische Möglichkeiten und entwickelten schließlich ein passendes Konzept.

Vorfertigung und Montage

Als Vormaterial wurde anthrazit-schwarzes, werkseitig vorbewittertes Titanzink der Marke NedZink Noir gewählt. Es wurde als Bandmaterial mit dem Zuschnitt 0,80 x 600 mm geliefert. Zunächst zeichnete Norbert Heinzlmeier das waagerecht zu verlegende und an einem Stück durchgehende Schindelsystem auf. Dann wurden die Elemente in seinem Fachbetrieb mittels Sonderwerkzeug an der Schwenkbiegemaschine vorgefertigt. Aus dem Bandmaterial entstanden durch wiederkehrende Rück- und Vorkantungen großformatige Bauteile. Ihre Schindelstruktur besteht aus einem durchgehenden Titanzink-Streifen, wobei jeder Teilbereich einer 400 mm breiten und 470 mm hohen Einzelschindel entspricht. Der Vorteil des Systems ist seine Regendichtheit – auch bei starkem Wind. Des Weiteren ist das System aufgrund seiner Kantungsfolgen sowie der Befestigung mit durchgehenden Haftstreifen sehr verwindungssteif und sturmstabil. Die vorgefertigten Elemente sollten später in einem Stück parallel zum Traufbalken und von Grat zu Grat verlaufen. Zuerst präsentierten die beiden Spenglermeister jedoch eine kleine Musterfläche.

Nach erfolgter Freigabe begannen Serienfertigung und Montagearbeiten. Auf der neuen, 30 mm starken Holzschalung wurde zum Schutz des Dachstuhls eine dreilagige Unterspannbahn aufgebracht. Um eine gleichmäßige Flächenaufteilung zu erzielen, wurde die Einteilung exakt auf die Unterspannbahn gezeichnet. Dann erfolgte die Montage der ersten Reihen. Die Arbeiten gingen systematisch und schnell von der Hand. Parallel zur Montage wurden die Schindelstreifen für den Folgetag aufgemessen und im Fachbetrieb Heinzlmeier vorgefertigt. Deutlich mehr Zeit nahmen die Anschlüsse und Kehlbereiche der vier Turmecken in Anspruch.

Spaß am Turm

Die vier Außenecken der Turmeindeckung wurden als kleine gratförmige Teilflächen angefertigt und über Kehlprofile an die steile Turm-Dachfläche angeschlossen. Um möglicherweise anfallendes Kondenswasser in den flachen Bereichen abzuführen, wurden zusätzlich eine Bitumen-Schweißbahn und eine strukturierte Trennlage eingebaut. Hier kam es besonders darauf an, die Kehlen großzügig genug und mit entsprechenden Anschlusshöhen auszubilden. Nur so kann das Wasser vom Turm auf direktem Wege in die umlaufende Kastenrinne abgeleitet werden. Diese anspruchsvolle Arbeit hat den Facharbeitern Michael Güntzel, Ulrich Seitz, Michael Kobold, Christopher Eichler und Markus Mayr (Fa. Heinzlmeier) sichtlich Spaß gemacht.

Außer den Arbeiten an der Turmeindeckung wurden zahlreiche, kleine Gesimsabdeckungen und Fenstersimse (alle mit Wulst) ausgeführt. Diese Profile schützen das alte Gemäuer entlang der Putzfassade. „Zwar waren diese Arbeiten nicht außergewöhnlich schwierig, aber Detailarbeit nimmt bekanntlich sehr viel Zeit in Anspruch“, so Werner Fünfer. Erschwerend kamen sinkende Temperaturen hinzu. Das dunkle Metall erwärmt sich zwar bei Sonneneinstrahlung sehr schnell, aber bedingt durch die Jahreszeit wurde für die letzten Falzarbeiten sowie zur Montage der Gratleisten das Anwärmen des Metalls erforderlich. Norbert Heinzlmeier hatte schließlich einen genialen Einfall: Da in 30 bis 40 m Höhe bekanntlich mehr Wind weht, setzte er auf eine mobile Einhausung des jeweils zu bearbeitenden Bereiches. Somit wurde die Wärme des Heizstrahlers unter dem Arbeitszelt gespeichert und die Arbeit entsprechend erleichtert.

Traditionelles Finale

Woche für Woche änderte der Turm seine Gestalt. Die Spenglerarbeiten waren nahezu abgeschlossen und die vier Turmuhren mit den blau lackierten Ziffernblättern sowie vergoldeten Zeigern strahlten inzwischen in alle Himmelsrichtungen. Allerdings war der Baufortschritt durch das eingehüllte Baugerüst für die Gemeinde kaum wahrnehmbar und der Abbau des Gerüstes wurde herbeigesehnt. Pünktlich zur Vorweihnachtszeit fand am 3. Dezember 2015 die feierliche Zeremonie der Turmkreuzsetzung und -segnung statt. Der Tradition entsprechend platzierten die Spengler kurz zuvor eine Kapsel mit neuen Euromünzen und Zeitdokumenten sowie vor der Sanierung geborgenen Dokumenten aus dem Jahre 1868 in der 50-cm-Turmkugel. Dann wurde die originale und mit 23 ¾ Turmgold neu vergoldete Kugel sowie das schwarze Kreuz, mit einer Länge von 2,45 m und einer Breite von 1,25 m aufgesetzt.

Die Fertigstellung der Renovierungsarbeiten erfüllt die Spengler der Fachbetriebe Fünfer und Heinzlmeier mit Stolz. Ein Kirchturm ist in der Regel weit über die Stadtgrenzen sichtbar und prägt somit jedes Stadtbild. Genau das macht den besonderen Reiz derartiger Arbeiten aus. Was an der Salvatorkirche in Unsernherrn von der Vorplanung über die Detailplanung bis hin zur Materialauswahl Hand in Hand umgesetzt wurde, steht jedoch auch für jedes andere Projekt: Eine gute Zusammenarbeit von Bauherr, Architekt, Handwerk, Denkmalschutz und Industrie ist immer Garant für eine gelungene Leistung.

Bautafel

Objekt:Sanierung Kirche St. Salvator bei Ingolstadt

Bauherr:Katholische Pfarrei Unsernherrn, Ingolstadt –Bistum Eichstätt

Architekt:Karl-Erwin Lutz, Ingolstadt

Fachbetriebe:Werner Fünfer, IngolstadtNorbert Heinzlmeier, Schrobenhausen

Umarbeitung:Spenglerei Norbert Heinzlmeier, Schrobenhausen

Material:NedZink Noir – Titanzink vorbewittert in Anthrazit-Schwarz

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