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Zwischen Traum und Wirklichkeit

Stolz ist man bei Kisso und das zu Recht. Schließlich wird in der Ornamenten-Manufaktur weitergeführt, was bereits 1884 mit der Firma J. Decker in Neuchâtel begann. „Es geht um nichts Geringeres als den Ursprung der maschinellen Ornamentenfertigung in der Schweiz und darum, diese Tradition fortzuführen“, sagt Walter Bühlmann, als er das Tor zu seiner Traumfabrik öffnet. Vor rund 15 Jahren hat der Geschäftsführer der Kisso AG den Traditionsbetrieb übernommen und nach Knutwil im Kanton Luzern umgesiedelt. „An das Jahr 2000 denke ich mit gemischten Gefühlen zurück. Ein Großteil der historischen Werkzeuge sowie viele Matrizen, Stempel und Muster befanden sich damals im Besitz von Jean François Fazan“, so Bühlmann. Die Produktion von Ochsenaugen, Wetterfahnen und unterschiedlichstem Dachschmuck erfolgte von 1986 bis zur Jahrtausendwende in Apples nahe Lausanne. Laut Bühlmann waren die Produktionsmethoden jedoch in die Jahre gekommen. Außerdem galt es die Passgenauigkeit und Qualität der Produkte zu verbessern. Die einst ruhmreiche Marke verblasste zusehends und das, obwohl alte Vorlagen sowie historische Maschinen vorhanden waren.

Walter Bühlmann erinnert sich: „Als mir die Firma zum Kauf angeboten wurde, wusste ich sofort, welche Verantwortung mit dem Erwerb verbunden war. Schließlich geht es um den Erhalt einer langen Spenglertradition.“ Der technikbegeisterte Tüftler war vom ersten Augenblick an von den aberhunderten Zinkguss-Stempeln und Matrizen, den historischen Vorlagen und dem rein mechanischen Charme einer längst vergessen geglaubten Epoche fasziniert. Die Frage war nur: Wie kann es gelingen das angestaubte Image der Ornamentenfertigung abzulegen und die hohen Erwartungen heutiger Kunden zu erfüllen? Die Lösung: ein neuer Firmenname, Know-how-Transfer und jede Menge Fleiß!

Prachtvillen und Jugendstil

Das Gebiet um den Genfer See ist für seine Luxusvillen bekannt. Dort, wo sich ein Architekturjuwel an das andere reiht, wechseln sich Privatparks, beeindruckende Bootshäuser und ornamentenverzierte Prachtbauten ab. „An zahlreichen dieser Villen wurde unser Dachschmuck montiert“, erklärt Bühlmann und blättert dabei in einem Katalog aus dem Jahre 1908. Die damals von J. Decker produzierten Ornamente werden heute nahezu identisch von der Kisso AG hergestellt, jedoch mit einem wesentlichen Unterschied: Der Herstellungsprozess wurde von Grund auf neu organisiert und die Produktion der Bauteile aktuellen Standards angepasst. „Heute fertigen wir zwar dieselben Ornamente wie vor 100 Jahren – greifen jedoch auf moderne Materialien, Maschinen und Werkzeuge zurück“, so Bühlmann. Dennoch wird der Besucher beim Gang durch Bühlmanns Traumfabrik in eine andere Epoche versetzt. Das liegt in erster Linie daran, dass der traditionell mit Spengler-Ornamenten verbundene Hauch der Geschichte zwangsläufig in jeder Ecke des Unternehmens spürbar ist. Mittelpunkt bildet das riesige Fallwerk, an dem Willi Bicking fast jede nur denkbare Form ins Blech presst. Gleich daneben lötet sein Kollege Alex Köder die einzelnen Bauteile routiniert zusammen. Das Ergebnis – ein reich verziertes Ochsenauge mit annähernd 2 m Durchmesser – kann sich sehen lassen. Das Prachtstück gehört zum Großauftrag eines Kunden, der nicht genannt werden möchte. Und auch das Ziel der wertvollen Fracht ist streng geheim.

„Unsere Kunden schätzen Diskretion und das hat einen Grund. Fast immer werden unsere Ornamente an Spenglerfachbetriebe ausgeliefert, die den Einbau übernehmen und über die Herstellung der Schmuckstücke Stillschweigen bewahren.“ Walter Bühlmann zuckt mit den Achseln: „Das ist eben unser Los, doch der Kunde ist König.“ Und so liefern die Ornamenten-Spengler der Kisso AG weiterhin prachtvollen Dachschmuck in alle Teile der Schweiz sowie ins Ausland, doch damit nicht genug …

Besondere Leckerbissen

Wie fast alles bei Kisso sind auch die bissig aussehenden Drachenköpfe auf der Kisso-Internetseite nicht von der Stange zu haben. Die aus 1,00-mm-Messing angefertigten Formstücke sollen jedoch weder als Ausspeier noch als Ornament eingesetzt werden. Stattdessen verschönern die gefährlich dreinschauenden Messingdrachen schon bald imposante Blasebalghupen historischer Automobile. Angefertigt wurden sie nach historischer Vorlage eines Oldtimerfans, der froh darüber war, bei Kisso endlich die passenden Ersatzteile gefunden zu haben. Walter Bühlmanns Sohn Fabian erklärt: „Nicht immer haben wir das geeignete Gussmuster im Lager, doch das ist nicht weiter tragisch. Dank moderner CAD-Technik sind wir imstande, jede nur denkbare Form als Matrize und Stempel herzustellen. Das ist wesentlich einfacher und zudem wirtschaftlicher als früher.“

Blick in die Schatzkammer

Fabian Bühlmann öffnet eine schwere Eisentüre, verschwindet in einem fensterlosen Raum und kommt wenige Augenblicke später wieder zurück. Zeitgleich flackern einige Neonröhren hinter ihm auf und tauchen die Szene in kühles Licht. „Das ist die Schatzkammer der Kisso AG“, sagt Fabian Bühlmann und präsentiert gemeinsam mit Ornamenten-Spengler Willi Bicking einen besonders schönen Zinkguss-Stempel. Akribisch sortiert lagern hier mit Nummern versehene Stempel und Matrizen in zahllosen Schwerlastregalen. Willi Bicking greift nach einem weiteren Stempel-Prachtstück – hat aber große Mühe, das schwere Gussteil überhaupt anheben zu können. „Das ist meine Leidenschaft“, sagt er und fügt an: „Eigentlich komme ich aus dem Rheinland, doch zuhause bin ich da, wo hochwertige Ornamente hergestellt werden.“ Vor fast drei Jahren kam er gemeinsam mit seinem Kollegen Alex Köder nach Knutwil. Bereut hat er den Umzug nicht – im Gegenteil: „Die Bühlmanns sind fantastische Chefs. Die Ornamentenfertigung betreiben sie absolut professionell und die unterschiedlichen Aufträge fordern uns täglich aufs Neue.“

Ein neuer Auftrag

Wie unterschiedlich die Aufträge sein können, wird deutlich, als Walter Bühlmann mit Walter Müntener (Spengler Direct) über die Rekonstruktion historischer Rinnenkessel spricht. Anhand der Originalvorlage sollen bei Kisso neue Wasserfangkästen aus Kupfer entstehen. An sich ist das für die Ornamenten-Spengler eine leichte Aufgabe, wenn da nicht der Hang zum Perfektionismus wäre: „Die neuen Kessel werden wir im Innenbereich mit einer Verstrebung ausstatten“, so Bühlmann. „Diese verhindert, dass die Lötnähte aufplatzen, sodass die neuen Kessel nicht nur 100, sondern 200 Jahre halten werden …“ Wie gesagt: Es geht um den Erhalt einer langen Tradition. Das Kisso-Team um Walter und Fabian Bühlmann weiß das und fertigt mit entsprechendem Enthusiasmus traumhaft schönen Dachschmuck an.

www.kisso.ch

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