Freitagmorgens um zehn scheint die Welt noch in Ordnung, und das bleibt sie auch. Mit einem „Herzlich willkommen im Europäischen Klempner- und Kupferschmiedemuseum“ begrüßt Christian Scheuring die Teilnehmer des ersten BAUMETALL-Workshops im Museum. Seine Begrüßung klingt dabei fast so, als referiere der Blattgoldprofi regelmäßig in Karlstadt, doch das Gegenteil ist der Fall. Umso mehr ist der Geschäftsführer der Blattgoldschlägerei Eytzinger von den Räumlichkeiten beeindruckt. Auf drei Etagen befinden sich uralte Klempner-Werkzeuge und Maschinen – warten historische Meisterstücke, Wetterfahnen und Ornamente darauf, entdeckt zu werden. „Inmitten solch schöner Exponate einen Workshop zu veranstalten ist definitiv etwas Besonderes“, sagt der Edelmetall-Experte, der eigens aus der Goldschlägerstadt Schwabach angereist ist. Hinter ihm warten goldglänzende Rosetten, Friese oder Glasplatten sowie allerhand merkwürdig aussehende Werkzeuge und Pinsel auf ihren Einsatz. Vor ihm öffnet sich der Blick in die historische Klempnerwerkstatt des Museums. Dazwischen sitzen 15 neugierige Workshop-Teilnehmer an einer u-förmig aufgebauten Tischgruppe. Was der heutige Tag wohl bringen wird? Für viele ist es der erste Besuch in den ehrwürdigen Hallen der Klempnerbranche und zugleich der erste Versuch, metallische Oberflächen mit einer hauchdünnen Schicht aus Blattgold zu belegen. Neugierig haben sie sich zum neuen BAUMETALL-Weiterbildungsangebot angemeldet, weil die Workshop-Reihe im Museum seltenes Fachwissen vermittelt, so einer der Teilnehmer. Sein Nebensitzer nickt zustimmend und nimmt ein vor ihm auf dem Tisch liegendes blaues Brieflein mit der Aufschrift „25 Blatt Rosennobel Doppelgold 23 4/3 Karat“ unter die Lupe. Einen Platz weiter rutscht ein in Klempnerkluft gekleideter Geselle unruhig auf dem Stuhl hin und her und sagt: „Wo sonst lernt man, wie eine Kupferkugel vergoldet wird …“
Knallgelbe Kupferkugel
Die Spannung steigt, was auch daran liegt, dass viele Teilnehmer zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschätzen können, ob sie der heutigen Aufgabe überhaupt gewachsen sind. Auch die Preisträger des BAUMETALL-Wettbewerbes „Meisterstück des Jahres“ machen dabei keine Ausnahme. Sie haben die Kurs-Teilnahme im Wert von 250 Euro gewonnen und warten nun gemeinsam mit Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet, der Schweiz und aus Österreich auf den Startschuss der eintägigen Weiterbildung. Dieser erfolgt prompt und zwar in Form eines bildgewaltigen Videos. Der Kurzfilm erzählt von der Schweizer Ornamenten-Manufaktur Kisso und davon, was die Schweizer Ornamentenspengler leisten. Formschöner Dachschmuck und beeindruckende Ochsenaugen werden dabei ebenso präsentiert wie verschiedenartige Vasen, Behälter und andere rotationssymmetrische Hohlkörper aus Metall. Diese entstehen bei Kisso auf einer sogenannten Drückbank. Und weil echte Anschauungsobjekte einen besonders guten Eindruck vermitteln, hat die Kisso AG die zu vergoldenden Kupferkugeln kurzerhand zur Verfügung gestellt. In Reih und Glied stehen die mit einer leuchtend gelben Lackschicht überzogenen Kugeln vor den Teilnehmern und warten darauf, mit hauchdünnem Blattgold belegt zu werden.
Hauchdünnes Edelmetall
Ein echter Klempner geht mit jedem von ihm zu verarbeitenden Metall zunächst auf Tuchfühlung. Metall will schließlich angefasst, gebogen oder auf seine Klangeigenschaft hin untersucht werden. Klempner wissen das und Christian Scheuring auch. Prompt legt er den Teilnehmern einen 80 x 80 mm messenden goldenen Hauch von nichts auf die Handinnenfläche und sagt: „Wussten Sie, dass 8000 Goldblättchen übereinander gelegt eine Dicke von 1,00 mm aufweisen?“ Die Workshoper sind verblüfft und ihr Versuch, das hauchdünne Blech unverformt auf dem Arbeitsplatz abzulegen, ist zum Scheitern verurteilt. Bei einem Teilnehmer zerfällt das Blattgold in zahllose Stücke, einem anderen schwebt es während des Ausatmens einfach davon …
„Lassen Sie sich nicht entmutigen“, sagt Christian Scheuring, „denn bekanntlich ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.“ Das sei auch bei den Vergoldern so, die zum richtigen Umgang mit Blattgold professionelles Vergolderwerkzeug verwenden. Den korrekten Umgang mit Vergoldermesser und Anschießer erläutert Christian Scheuring daher ebenso wie die Tauglichkeit und den entsprechenden Auftrag unterschiedlicher Klebstoffe. Und weil jede Arbeit gut vorbereitet sein muss, ist die Schichtdicke des Klebstoffes maßgeblich dafür verantwortlich, welchen Glanzgrad das fertige Ergebnis später aufweisen wird. Für die Anfänger ist das zu diesem Zeitpunkt jedoch noch sehr schwer vorstellbar …
Aller Anfang ist schwer
Nachdem zwei quadratische Plexiglasplatten, eine Kunststoffrosette und die Kupferkugel mit einer hauchdünnen Klebstoffschicht versehen sind, geht es endlich los. Vorsichtig versuchen die „Grobmetaller“ die hauchdünnen Goldblättchen aus den Blattgoldbriefen zu lösen, doch das ist leichter gesagt als getan. Schon bloßes Ausatmen bringt das Edelmetall durcheinander – weht es schlimmstenfalls einfach davon oder verwandelt es in goldene Schmetterlinge, die gleich scharenweise über den Arbeitstischen schweben. Schnell entwickeln die Teilnehmer ein Gefühl für das dünne Metall. Hochkonzentriert heben sie ein Goldblättchen nach dem anderen aus dem Seidenpapier und platzieren es achtsam auf dem sogenannten Vergolderkissen. Doch wie geht es nun weiter? „Vergessen Sie bitte nicht zu atmen“, erinnert Christian Scheuring seine Schüler. Ob er weiß, was er da verlangt? Schließlich bleiben von Klempnern für gewöhnlich zu verarbeitende Bleche im Normalfall durch die Schwerkraft auf dem Werktisch liegen. Bei Blattgold ist das anders: „Blasen Sie das Blattgold vorsichtig und direkt von oben an, damit es sich glatt auf das Vergolderkissen schmiegt und besser geschnitten werden kann.“ Tatsächlich! Mit etwas Übung und dem entsprechend platzierten Luftstrom bleibt das Blattgold glatt auf der lederbezogenen Unterlage liegen. Was jetzt folgt, grenzt für so manchen Teilnehmer an Magie: Das zugeschnittene Blattgold wird mit dem sogenannten Anschießer aufgenommen und tatsächlich irgendwie in Richtung Arbeitsstück bugsiert, doch wie funktioniert das? „Das Gold ist dünner als ein Haar, nur 1/8000 mm dick“, erklärt Christian Scheuring, während er mit dem breiten Vergolderpinsel über seinen Hals streicht. „Durch die Haut wird der Anschießer statisch geladen. Außerdem nimmt der Pinsel etwas Hautfett auf“, erzählt Scheuring weiter. Das Blattgold bleibt somit haften, bis es punktgenau an der mit Klebstoff benetzten Stelle auf dem zu vergoldenden Werkstück angeschossen wird – so der Fachbegriff. Nachdem die Flächen der Übungsstücke und der Kugel mit Gold bedeckt sind, erfolgt der Poliervorgang. Dazu verwenden die Teilnehmer spezielle Watte und Vergolderpinsel. Mit leichten kreisenden Bewegungen verleihen sie dem Gold gewaltigen Glanz.
Glänzender Auftakt zur BAUMETALL-Workshopreihe im Museum
Den Workshop auf maximal 15 Teilnehmer je Kurs zu begrenzen sei eine gute Sache, sagt Christian Scheuring. Die Kursgröße sei optimal und garantiert bestmögliche Lernergebnisse. Wer den zufriedenen Teilnehmern in die glänzenden Augen blickt, weiß, wovon Christian Scheuring spricht. Seine fundierte theoretische Einführung liefert unerlässliche Basisinformationen und Berührungsängste merzt der Blattgoldprofi mit seinen praktischen Übungen von Anfang an aus. Den Teilnehmern des BAUMETALL-Workshops vermittelt er innerhalb eines Tages, worauf beim Vergolden zu achten ist, und die erzielten Ergebnisse können sich durchweg sehen lassen. Dass der Workshop „Vergolden von Metallbauteilen“ 2016 aufgrund der großen Nachfrage wiederholt werden soll, wird von zahlreichen Interessenten begrüßt. Außerdem wird es eventuell ein Zusatzangebot für Fortgeschrittene geben. Übrigens: Sollten Sie nach dem Lesen dieses Beitrages ebenfalls Lust auf Blattgold bekommen haben, können Sie sich schon jetzt auf der BAUMETALL-Warteliste eintragen lassen. Eine kurze E-Mail an redaktion@baumetall.de, Stichwort „Vergolden“, genügt. Und wenn Sie auf der Suche nach Blattgold in verschiedenen Farben und Ausführungen sind, finden Sie dieses ebenso wie entsprechendes Zubehör direkt bei der Blattgoldschlägerei Eytzinger in Schwabach oder im Internet auf www.eytzinger.de.
Info
BAUMETALL-Workshopreihe im Museum So geht Weiterbildung 2015
Neben dem Workshop zum Thema „Vergolden von Metallbauteilen“ bietet BAUMETALL auch Workshops zu folgenden Themen an:
- <b> Workshop 5:</b> Sie haben gut gearbeitet, doch keiner merkt's? Das ist schade, meint zumindest BAUMETALL-Chefredakteur Andreas Buck. Um entsprechende Abhilfe zu schaffen, zeigt er am 26. September 2015,wie Fachbetriebe die Pressearbeit im Unternehmen optimieren können und worauf bei Pressetexten geachtet werden sollte.
Die BAUMETALL-Workshops finden jeweils ab 10:00 Uhr im Europäischen Klempner- und Kupferschmiedemuseum in Karlstadt statt. Die Kursgebühr beträgt 250 Euro je Seminar. Weitere Informationen finden Sie im Internet.
Mit fachlicher Unterstützung von:
www.klempnerundkupferschmiedemuseum.eu
- <b>Workshop 2: </b>Am 20. März 2015 referierte Gert Brenner zum Thema „Abwickelverfahren für Praktiker“. Dabei vermittelte er praxisbezogene, fast vergessene Abwickelmethoden. Die Teilnehmer erhielten theoretische Hintergrundinformationen und wendeten das Erlernte anhand praktischer Übungen an.
- <b>Workshop 3: </b>Röhr und Stolberg-Anwendungstechniker Jürgen Seifert vermittelt die fach-gerechte Verarbeitung von Bleiwolle. Am 10. April 2015 lernen die Teilnehmer, wie Bleifugen hergestellt werden und worauf sie bei der Abdichtung von Mauerfugen zu achten haben.
- <b>Workshop 4:</b> Am 25. September 2015 zeigt Facebuck-Pilot Frank Preuss, wie es geht: In der BAUMETALL-Flugschule verrät er, wie mithilfe einer ferngesteuerten Drohne beeindruckende Videos und Fotos entstehen. Nach einer theoretischen Einführung nehmen die Teilnehmer den Steuerknüppel selbst in die Hand.